Kapitel 1

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Ich sitze einfach da und starre aus dem Fenster. Genau auf den gepflasterten Platz vor unserem Haus, im Dorf der Sieger. Ich sehe wie Ruby, Gloss' Freundin, aus dem Haus neben uns tritt. Das Haus gehört meinem Bruder und er und Ruby wohnen dort, meine Eltern wohnen im Haus meines Vaters, der ebenfalls frühere Hungerspiele gewonnen hat, währendmeine Schwester und ich im Haus von Cashmere wohnen. Morgen ist der Tag der Ernte, dann werden Gloss und Cashmere wieder mit zwei Tributen ins Kapitol müssen. Ich seufze, vor vier Jahren hat Cashmere gewonnen und wurde auch Mentorin, seitdem hat niemand aus Distrikt 1 die Hungerspiele gewonnen. Ich höre, wie jemand die Treppe zu meinem Zimmer hoch kommt und am Gang der Person erkenne ich, dass es Cashmere ist. Ich habe schon immer gute Ohren gehabt und könnt es mir nicht vorstellen, ohne Gehör zu leben, so wie das Mädchen, dass letztes Jahr für die Hungerspiele ausgelost wurde. Die anderen Karrieros wollten nicht, dass sie sich ihnen anschließt und so hat sie sich mit dem Jungen aus Distrikt 3 verbündet, sie kam sogar recht weit, wurde am Ende, von Mutationen getötet. Ein Klopfen an der  Tür reißt mich aus meinen Gedanken und meine Schwester kommt herein. „Wolltest du heute nicht noch trainieren gehen?", fragt sie. „Ja, stimmt, hab ich glatt vergessen, kommst du mit?", sage ich. Cashmere nickt und wir machen uns auf den Weg zur Turnhalle, wo wir von klein auf für die Hungerspiele trainiert werden. Cashmere muss nicht mehr trainieren, da sie ja schon gewonnen hat, aber sie kommt trotzdem öfter mit mir mit, um mir Tipps zu geben, wie ich meine Kampftechniken noch weiter verbessern kann. 

Als wir ankommen ist erstaunlich wenig los, nur eine kleiner Gruppe kräftiger Jungen und drei Mädchen sind da. Und noch jemand, Apard. Mein ehemaliger bester Freund. Doch das ist vier Jahre her. Ich weiß nicht warum, aber wir haben uns total auseinander gelebt und hatten auf einmal ganz andere Interessen. Wir haben uns immer öfter gestritten und irgendwann haben wir uns einfach nur noch ignoriert. Seitdem haben wir uns bei stark verändert, er ist jetzt viel größer und stärker und hat einen großen Freundeskreis. Während ich jetzt quasi das hübscheste Mädchen in der Schule bin. Ich habe lange hellblonde Haare und saphirblaue Augen, die perfekt zu meinem Namen passen, Saphira. Vielleicht liegt es an meiner Schönheit, dass ich keine Freundinnen habe oder daran, dass ich nicht besonders gut mit Menschen umgehen kann und sehr schnell ungehalten und provokant werde. Und Jungs wollen sowieso nicht einfach „ein Freund" sonder immer „ der Freund" von mir sein. Das ist verdammt nervig und ich bin froh, dass wir im Dorf der Sieger wohnen und nicht mitten in der Stadt. Eigentlich finde ich es auch garnicht schlimm, keine Freunde zu haben, ich verbringe sowieso viel lieber Zeit alleine. „Was soll ich trainieren?", frage ich Cashmere. Sie überlegt kurz. „Erst mit den Wurfmessern, das kannst du am Besten und dann nochmal mit der Axt", meint sie. Ich gehe zu den Wurfmessern und fange an sie in die Richtung der Übungspuppen zu werfen. Ich treffe jedesmal ins Schwarze. Mit Wurfmessern kann ich halt am besten umgehen. Ich ignoriere die Jungsgruppe, die mich beobachten und werfe noch zwei Messer. „Probier mal 50  Meter", sagt Cashmere lächelnd. 50 Meter habe ich bisher nur zwei mal geschafft. Doch ich nicke und stelle mich in 50 Meter Entfernung vor die Übungspuppen. Dann werfe ich und treffe knapp neben das Schwarze. „Nochmal", sagt Cashmere und ich werfe nochmal, wieder knapp daneben. Ich halte Cashmere das dritte Messer hin und sie nimmt es und wirft und trifft genau ins Schwarze. „Du musst noch etwas mehr Kraft aufbringen", sagt sie zu mir. Sie geht nach vorne und zieht das Messer aus der Übungspuppe, sie reicht es mir. Ich atme tief durch und ziele, dann werfe ich und es trifft genau ins Schwarze. „Super!", lobt Cashmere mich und ich lächle. Ich wiederhole es noch ein paar mal und jetzt treffe ich fast immer ins Schwarze. Dann übe ich noch ein bisschen mit der Axt und unterhalte mich etwas mit Cashmere.

Am nächsten Morgen wache ich früh auf. Ich habe nicht besonders gut geschlafen. Ich weiß nicht, warum, bisher hatte ich nie Angst davor für die Spiele ausgewählt zu werden. Doch irgendwas ist anders, etwas das mich beunruhigt.  Wahrscheinlich bin ich einfach... aufgeregt? Ich versuche einfach das Gefühl zu ignorieren und stehe langsam auf. Ich gehe runter und setzte mich an den Küchentisch, noch ist niemand, außer mir, wach und so sitze ich einfach da und warte. Irgendwann kommt Cashmere in die Küche. „Saphira, du bist ja schon wach. Hast du Hunger?" sagt sie überrascht. „Ja, schon", antworte ich. Sie stellt mir ein Glas Milch hin und ich schneide uns zwei Scheiben Brot ab. „Und aufgeregt?", frage ich Cashmere. „Das müsste ich dich fragen", sagt sie. Wir müssen lachen. Wie lieb ich meine Schwester doch habe. Meine Elter und Geschwister sind die einzigen Menschen, die ich kenne, die ich nicht nervig und anstrengend finde. „Na ja", antworte ich. „Geht  mir genau so, aber du musst keine Angst haben du kannst doch alles, du hättest sehr gute Chancen bei den Spielen und außerdem ist dein Name nur sehr selten in der Lostrommel", meint Cashmere. „Stell dir das mal vor, vier Sieger in der Familie!", sage ich. Cashmere lacht. „Das wäre echt eine riesen Sensation!" 


When I dieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt