03 𝐚𝐰𝐚𝐤𝐞𝐧𝐢𝐧𝐠

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»Ohne Witz. Sie hätte echt noch länger im Koma liegen bleiben sollen.«, murmelte Lando leicht hörbar für seine Geschwister und wich in letzter Sekunde noch einer Fernbedienung aus, die zuvor noch seine Schwester Genevieve hielt. Gäbe es die ständigen Reaktionsübungen an der Rennbahn und auch beim Training nicht, hätte Genevieve ihn mit voller Kraft mit der Fernbedienung getroffen. Aber da Lando's Reaktion nahezu perfek war und er sich noch rechtzeitig ducken konnt, zerschellte die Fernbedienung hinter ihm an der Wand. Seinen Stolz über seine überragende Reakordreaktionszeit hielt sich momentan in Grenzen, da er sich gerade am liebsten an den Hals seiner Schwester werfen wollte. »Bist du bescheuert? Du hättest mich umbringen können!«, übertrieb der Jüngere Moretti Sohn und schaute sie so an, als hätte sie den Verstand verloren.

Nein, sie hatte ihren Verstand verloren! Das stand für Lando fest, der vor wenigen Sekunden noch von ihr attackiert wurde. Die Freude und Erleichterung ihrer Familie erlosch sehr schnell, als sie das seltsame Verhalten ihrer Tochter und Schwester bemerkte – Die Genevieve, die sie kannten und liebten, hätte nie im Leben einen theatralischen Wutanfall gehabt und mit Sachen nach ihren Brüdern geworfen. In diesem Fall betraf es nur Lando, der sie mit bösen Blicken anschaute und sich wünschte, sie würde weiterhin im Koma liegen. Ein unüberlegter Gedanke, den er nicht wirklich meinte und nur überreagierte.

»Du hättest sicherlich nicht davon sterben können.«, erwiderte Giovanni daraufhin und musste sich in dieser ernsten Situation das laute Lachen verkneifen, was ihm wirklich sehr schwer fiel. »Aber ernsthaft verletzt werden können.«, betonte er und sah seine Schwester an, die sich nicht nur äußerlich verändert hatte.

Die Ärzte hatten sofort ein paar Tests mit ihr durchgeführt und zum Entschluss gekommen, dass es ihr an nichts fehlte. Weitere Ergebnisse sollten in ein paar Stunden folgen, dennoch sollte alles in Ordnung mit ihr sein. Natürlich neben dem gebrochenen Bein und der linken Schulter und den angebrochen Rippen. Auf dem ersten Blick schien alles in Ordnung mit Genne zu sein. Aber kaum beendeten die Ärzte ihre Untersuchungen und ließen die Familie alleine, zeigten sich ihre neuen Züge.

»W-Wo ist Benji?«, war die erste Frage nach ihrem Erwachen aus dem Koma.

»Benji?«, harkte Ludovia nach und war sichtlich verwirrt darüber, dass sie nach einem gewissen Benji fragte. »Ich glaube nicht, dass ich etwas verpasst habe, weil du bis vor kurzem im Koma lagst, aber wer ist jetzt Benji?«, fragte sie erneut und drehte ihren Kopf zu ihren Brüdern und Mütter, die ebenfalls verwirrt über Frage waren.

»Ben. Wo ist Ben?«, stellte sie die Frage erneut und bemerkte die Blicke ihrer Familie nicht, die nun mehr schockiert aussahen als verwirrt. Sie alle versuchten zu verstehen, warum sie unbedingt nach ihm fragte.

»Aber warum sollte Ben hier sein?«, fragte ihre Mutter sie und wusste nicht, ob ihre Tochter sich wieder mit ihrem Ex versöhnt hatte oder überhaupt wieder mit ihm sprach.

Nun sah Genevieve sie mit einem verwirrten Blick an und wusste nicht, ob ihre Familie sie mit Absicht versuchten zu verunsichern.

»Er ist mein Freund!«

Die Verwirrung standen nun allen Anwesend praktisch ins Gesicht geschrieben bis der Jüngste Moretti endlich dahinter blickte. »Scheiße! Sie denkt, sie wär noch immer mit Chilwell zusammen.«, zischte er seinem Bruder zu und wusste nicht wirklich, ob er nun laut Lachen sollte. Und wenn sie glaubte, dass sie noch immer mit dem momentan verletzten Chelsea Spieler zusammen war, dann erinnerte sie sich wohl nicht an die letzten Monate.

Nicht an ihren Masterabschluss in Sportjournalismus, die Trennung mit Mason Mount, ihren spontanen Umzug nach Woking und dann nach Monaco – An das neue Leben erinnerte sie sich nicht mehr und es dauerte ein bisschen bis der Rest der Familie es auch verstand.

Die weiteren Ergebnisse ergaben, dass Genne unter Amnesie litt. Die Ärzte selbst konnten der Familie keine genaueren Information geben, wie lang die Amnesie anhalten könnte. Doch in diesem Fall war es äußerst wichtig, sie nicht mit vielen Erinnerungen zu bombadieren und sie somit ans Erinnern zu zwingen.

Es beanspruchte sehr viel Zeit für ihr Gehirn.

Und ihre Familie setzte wirklich alles daran, um ihr Zeit zu geben. Aber je mehr Zeit sie ihr gaben und versuchten mit der neuen Situation recht zu kommen, verlor sie immer mehr die Geduld und verlangte praktisch nach ihrem Freund, der gar nicht mehr ihr Freund war. Mit der Zeit wurde sie immer labiler und brach öfter in Wut aus, wenn ihr Dinge nicht gefielen. Sie hiel noch immer fest an ihrem Freund und betonte oft, dass sie ihn wiedersehen wollten. Irgendwann erreichte sie einen Punkt der Unberechenbarkeit und tat Dinge, um ihren Standpunkt deutlicher zu machen – Sie nutzte ihre Allergie aus, um eine allergische Reaktion hervorzurufen, die nicht sehr harmlos war. In den schlimmsten Fällen hätte sie an Blaubeeren sterben können, wenn es keine Spritze mit Adrenalin gab.

Obwohl Ben ihr und ihrer Familie während ihrem Koma beistand, hielten die Moretti's ihr Erwachen aus dem Koma vor ihm vorerst geheim. Er wusste nichts von ihrem Erwachen bis Lando es satt hatte, einer lächerlichen Fernbedienung zum Opfer zu fallen. Erst bei seinem nächsten Besuch erfuhr Ben von ihrem Zustand und in welcher Situation sie sich gerade befanden.

»Wenn du ihr erzählst, dass ihr beide nicht zusammen seid, jagt sie uns alle und sich selbst zum Teufel. In den letzten Wochen habe ich gelernt, dass wir die neue Genevieve auf keinen Fall unterschätzen sollten.«, teilte der britische Rennfahrer dem Ex seiner Schwester mit und war nicht sehr erfreut darüber, was er ihm im nächsten Moment sagen musste. Und das zum Wohl seiner verrücktgewordenen Schwester: »Tu bitte so, als existiere die Beziehung zwischen euch.«

»Das kann ich nicht bringen!«, war die direkte Antwort von Ben. »Ich möchte sie nicht belügen, Lando.«

»Ich dachte, dir würde das Lügen sehr einfach fallen, nachdem du sie nicht nur mit einer Frau betrogen und es vor ihr Geheim gehalten hast.«, entgegnete Lando schnell und seufzte anschließend. »Tut mir leid. Es ist mir nur herausgerutscht.«, entschuldigte er sich und fuhr sich durch seine Haare. »Es ist wahrscheinlich viel zu viel verlangt von uns, wenn man daran denkt, dass du ständig hierher geflogen bist und die Medien dich dafür doppelt und dreifach hochgenommen haben. Wir sind dir dafür wirklich dankbar m und sind echt froh zu sehen, dass dir noch immer etwas an Genne liegt.«

Und das tat es. Genevieve bedeutete Ben noch immer viel und es tat ihm bis heute leid, wie die Sache zwischen ihm und Genne enden musste.

In seinen Augen war sie die Richtige, doch leider zur falschen Zeit.

»Das tut sie.«, nickte Ben zustimmend.

»Wir müssen dich um diesen einen letzten Gefallen bitten. Nicht für uns, sondern viel mehr für Genne und ihre mentale Gesundheit. Wir machen uns wirklich Gedanken um sie und wenn sie erfährt, dass sie gar nicht mit dir zusammen ist... Sie hat mit Absicht eine allergische Reaktion mit ein paar Blaubeeren hervorgerufen, Ben.«, erzählte er und fragte sich noch immer, was sie dadurch erreichen wollte. »Bitte, Ben. Es muss nicht allzu lang sein. Nur bis wir eine andere Dauerlösung für das kleine Problem gefunden haben.«, bat er ihn darum und dachte dabei nur an das Wohl seiner Schwester.

Es war keine leichte Entscheidung für Ben, dennoch dachte er an erster Linie an Genevieve.

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