6 Jahre später
Mein Herz klopft vor Aufregung so laut, dass es den Drummer einer Band ersetzten könnte. Meine Hände ringen, meine Füße tippen und ich knabbere mir den Lippenstift von der Unterlippe. Ich spüre, wie der Schweißfilm auf meiner Stirn sanft mit einem Tuch weggewischt wird. "Süße, wenn du dich nicht beruhigst, schwitzt du dein Make Up vom Gesicht. Also entspann dich!" Ich ringe mir ein Lächeln ab und streiche den Rock glatt. „Ja, du hast recht. Ist ja nur der wichtigste Tag meines Lebens, weiter nichts". Ein hysterisches Lachen folgt. Sam grinst und steckt eine weitere gelockte Strähne nach hinten. „Ganz genau. Ist doch nur deine Hochzeit. Und wenn du dich in zehn, fünfzehn Jahren daran erinnerst und dir Fotos davon anguckst, willst du doch, dass du perfekt aussiehst und perfekt gekleidet, frisiert und geschminkt bist, richtig?", hakt sie nach. Ich seufze und straffe den Rücken. „Ja, hast ja recht. Ich bin nur so nervös...". Sie streicht mir beruhigend über die Schulter und lächelt mich glücklich im Spiegel an. „Das musst du auch sein. Du musst das auch nicht verstecken oder so, keine Sorge. Aber merk dir eins: du wirst so schön wie noch nie sein. Und jeder wird dir neidvolle Blicke zu werfen. Komm, tu es für Carl". Ich atme tief durch. „Ja. Für Carl". Ich erinnere mich daran, wie mein Verlobter, bald mein Ehemann, mir den Antrag gemacht hat. Es war nicht romantisch oder kitschig, aber es war wundervoll. Ich steh auch gar nicht auf Kitsch. Und er auch nicht. Aber wir wollten beide heiraten und das war es, was zählte. Es war vor zwei Jahren. Eigentlich waren wir nur auf einem Ausflug, als er auf einmal, besser gesagt, schon wieder, in Schwierigkeiten geriet. Er liebt mich und gibt sich wirklich mühe ein guter Mensch zu werden. Von Drogen und Drogenhandel ist er komplett weg, seit Jahren schon. Aber Dinge wie Alkohol, Kippen oder kleinere Raubüberfälle konnte ich ihm lange nicht abgewöhnen. Und hin und wieder kam es auch vor, dass ich unfreiwilliger Weise das Fluchtauto fahren musste...
Carl rutschte auf den Sitz neben mich und zog sich die schwarze Ganzgesichtsmaske von der Visage. „Schnell Babe. Wir müssen abhauen!", befahl er mir mit gehetzter Stimme und drückte mir einen Kuss auf die Wange, während er die gefakte Pistole unter dem Sitz verstaute. Ich verdrehte die Augen und lies den Motor an. „Echt jetzt Carl? Schon wieder? Das ist das dritte Mal diesen Monat". Der Wagen sauste los und wir rasten um einige Ecken, bis wir den Freeway entlangfuhren, mehreren Autos auswichen und das Gehupe in unseren Rücken ignorierten. „Ja tut mir leid Schatz, ich konnte einfach nicht anders". Mit einer energischen Bewegung des Lenkrads nahm ich die nächste Ausfahrt und wir wurden in die Sitze gepresst. „Ich hatte dich nur gebeten neues Toilettenpapier und Nudeln zu kaufen!", echauffierte ich mich und warf die Hände in die Luft. Er holte zwei Packungen Spagetti und ein Sechser- Pack doppellagiges Toilettenpapier aus der braunen Einmaltüte, die er auf dem Schoß festhielt. Carl grinste und legte die, vermutlich gestohlenen, Güter auf den Rücksitz. „Bitte sehr. Bin ich nicht ein guter Ernährer für dich und unsere Kinder?", witzelte er. Ich stöhnte genervt auf, lächelte aber gleichzeitig in mich hinein. „Welche Kinder denn?" Er lehnte sich zu mir hinüber und hauchte mir einen weiteren Kuss auf den Puls. „Ich kann dir welche machen". Ich spürte sein Grinsen an meiner Haut und musste mich zusammenreißen um den Wagen gerade halten zu können. „Ich bin neunzehn mein Lieber, wir haben gerade erst unseren Abschluss gemacht", ermahnte ich ihn. „Alt genug, nicht?" Ich verdrehte schon wieder die Augen und riss das Lenkrad herum. Das Auto bog in eine dunkle Gasse ab und ich schlich, so leise wie möglich dahin. „Hier, das hab ich auch noch erbeutet", präsentierte Carl stolz und holte drei Tafeln Schokolade, ein Sixpack Dosenbier, zwei Packungen Kippen samt Feuerzeug und so einige gebündelte Dollarscheine hervor. Ich öffnete eine der Schokoladentafeln und biss mehrmals herzhaft hinein, während ich den Wagen in einer dunklen Ecke parkte. Carl öffnete eine Bierdose und das Zischen erfüllte den Innenraum unseres kleinen Kombis. Ich nahm ihm wortlos die Dose aus der Hand und trank mehrere große Schlucke. Dann zündete ich mir eine Kippe an und ließ mich erschöpft in den Sitz sinken. „Mein Gott Carl, ich werde noch wahnsinnig bei dir", seufzte ich und zog erneut. „Tut mir leid Schatz", sagte er kleinlaut. „Ich schwöre, irgendwann krieg ich das in den Griff". Zweifelnd sah ich ihn an. „Für dich schaffe ich alles. Gib mir nur etwas Zeit", versprach er und lächelte leise. Und ich lächelte zurück. Dann zuckten wir beide zusammen, denn das laute Geräusch von Sirenen hallte durch die Straßen. Sofort gab ich Carl Glimmstängel und Dose und drückte aufs Gas. Mit quietschenden Reifen startete der Wagen und wir hetzten zurück zum Freeway. Die Cops sausten hinter uns her wie in einer dieser Verfolgungsjagten in James Bond Filmen. Das Adrenalin pulsierte in unseren Adern und wir schwitzen unmerklich unsere Klamotten voll. Und ich muss gestehen, ich fühlte mich damals extrem cool, auch wenn ich eine Scheißangst hatte. Das war jedes Mal so. Und inzwischen wusste ich auch, wie ich mich aus solchen Situationen geschickt rausfädeln konnte, Carl sei Dank. Doch dieses Mal war es leider anders. Es dauerte nicht lange, da hatten die Cops uns umzingelt und ich hörte die energische Stimme die uns befahl, mit erhobenen Händen auszusteigen. Ich zückte mein Portemonnaie und stieg mit den in die Luft gestrecktem Armen aus dem Wagen, Carl folgte. „Okay, okay, es tut uns wirklich leid. Es sollte nichts Ernstes werden, hier ich zahle die Waren die mein Freund geklaut hat und noch einen Schadensersatz von 200$ und wir vergessen die Sache, einverstanden?", sagte ich freundlich und holte zwei Hunderter und einen Fünfziger aus dem Geldbeutel. „Der Rest ist für Sie Chief", sagte ich und deutete auf den Fünfziger. Denn ja, wir kannten uns von mehreren Besuchen meinerseits auf der Wache, bei denen ich meinen lieben Freund auf dem Revier abholen musste. Und die Cops wussten, dass ich immer gut zahlte, denn ich verdiente seit einem Jahr ordentlich. Ich hatte mein erstes eigenes Buch rausgebracht und es war ein voller Erfolg. Carl hatte mich bei diesem Traum unterstützt und ich hatte es geschafft, dank ihm. Er hatte mir immer Mut gemacht, wenn ich aufgeben wollte und mich aufgebaut und dafür würde ich ihm ewig dankbar sein. „Natürlich Ms. Mellore. Und bringen Sie ihren Freund bitte mal unter Kontrolle, dass würde uns einiges an Ärger ersparen". Ich lächelte und schüttelte dem Chief die Hand. „Ich gebe mein Bestes. Und ein bisschen Nervenkitzel hin und wieder kann ihnen auch nicht schaden, nicht wahr?", sagte ich und lachte. „Naja, wo Sie Recht haben, haben Sie Recht", lachte der Kommissar und nahm das Geld entgegen. „Einen schönen Tag noch", verabschiedete ich mich, Carl und ich stiegen wieder ein und fuhren gemächlich weiter, die Cops öffneten uns den Weg. Dann drückte ich wieder auf das Pedal und wie in einer Schleuder wurden wir nach vorne geworfen. Wild lachend gab ich noch ein wenig mehr Gas und Carl hatte alle Mühe die Bierdose gerade zu halten, die qualmende Kippe zwischen den Zähnen. Schließlich wurde ich wieder langsamer und strich mir die verschwitzten Haare aus der Stirn. „Tut mir leid, ich musste einfach ein bisschen Dampf ablassen", sagte ich lächelnd, mein Gesicht glühte. „Elodie willst du mich heiraten?" Verwirrt sah ich zu ihm hinüber. Ehrfurchtsvoll blickte er mich an, mit geröteten Wangen, einem Bierfleck auf dem T-Shirt und Sternchen in den Augen. „Was?" Ich habe die Situation noch nicht ganz begriffen. „Elodie Mellore, ich liebe dich so sehr und... du bist die wundervollste Frau die ich jeh getroffen habe und treffen werde. Also... ich weiß nicht was ich sagen soll, einfach... willst du meine Frau werden?" Ich lachte vor Glück und schlug mir die Hände gegen die Wangen, dass kam wirklich unerwartet. „Ich... oh mein Gott Carl. Ja!" Er grinste ehrleichtert. „Da bin ich froh, denn sonst wäre das sehr peinlich für mich geworden". Auch ich lachte. Dann lehnten wir uns beide zueinander hinüber, trotzten dem Druck der Autogurte und küssten uns innig. Ein Versprechen für die Ewigkeit.
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Different worlds- Shameless
FanfictionElodie Mellore ist eine typische Streberin und eine eindeutige Außenseiterin. Ihr Lebensinhalt besteht aus Lernen, Hausaufgaben machen und Eltern im Haushalt helfen. Allein der Gedanke an Drogen, Sex, Alkohol und Partys, alles was der Großteil ihrer...