Was er will

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Nachdem ich Carl verziehen habe, ist zwischen uns alles wieder normal, außer vielleicht, dass er mich nicht mehr anzulügen braucht. Zwar will er mir keine Details über seinen Aufenthalt im Knast nennen, aber so genau möchte ich das auch nicht wissen. Wir sind nach unserer Versöhnung dann zurück zu meinen Eltern gegangen und ich habe mich für mein unpassendes und bescheuertes Verhalten entschuldigt und es weitestgehend erklärt. Mom und Dad waren natürlich nicht wütend, es war ihnen aber nun auch unangenehm, dass sie vor Carl so etwas erwähnt haben. Er versicherte, dass es kein Problem sei. Wir haben zu Ende gegessen und uns unterhalten und ich glaube meine Eltern mögen Carl. Später, als er schon gegangen war, sprachen sie noch einmal mit mir über das Geld und wir entschieden, dass ein Teil davon verwendet wird, um uns mal ein anständiges Sofa und neue Matratzen zu kaufen, auch wenn sie darauf bestanden, trotz allem etwas wegzulegen. Ich hörte auf mich zu beklagen und dulde es nun einfach. Wenn ich ehrlich bin, ein wenig ehrleichtert bin ich ja schon darüber. Ob ich es geschafft hätte, dass komplette Geld alleine zu beschaffen, steht ja nicht in den Sternen geschrieben. Mom kam dann nochmal zu mir ins Bad, als ich mir gerade die Zähne putzte. „Hör mal, dieser Carl"... setzte sie an und ich bekam schon Panik, weil ich dachte sie mag ihn nicht, doch sie grinste und fuhr fort: „das ist ja schon ein guter Fang. Da hast du dir echt einen Hübschen geholt, was?" Ich lachte Zahnpaste in das Waschbecken und wischte mir den Mund ab. „Oh ja, er ist wirklich einzigartig". Das ist Carl wohl. Gerade folgt er mir, mit meinen Büchern auf dem Arm, durch den Korridor der Schule, während ich ihm einen Vortrag über das ständige Schwänzen halte. „Ich meine, eigentlich verbaust du dir nur selbst deine Zukunft, also weshalb willst du das unbedingt?", schließe ich ab. Er seufzt nur und rückt den beachtlichen Stapel Schullektüre zurecht, damit das Oberste nicht hinunterfällt. „Carl hörst du mir überhaupt zu?" Ich schüttele den Kopf und stemme die Hände in die Hüfte. „Doch klar, ich soll nicht schwänzen, weil... ach fuck, ich merke mir nur relevante Gründe". „Carl!", schimpfe ich, kann ein Grinsen jedoch nicht unterdrücken. „Ja was denn, Schule ist halt scheiße", beschwert er sich, während ich meinen Rucksack öffne. „Nein, Schule öffnet dir alle Türen im Leben, sie ist der Schlüssel zu einem guten Job, auch wenn sie manchmal sehr anstrengend sein kann, da hast du recht", weise ich meinen Freund zurecht, während ich von ihm ein Buch nach dem anderen gereicht bekomme, dass dann, ordentlich sortiert, in meiner Tasche verschwindet. „Jaja". Ich ziehe den Reißverschluss zu und nehme den Rucksack wieder auf den Rücken. „Ich meine, denk doch mal nach, was du alles werden könntest. Bei deinem Bildungsstand reicht es gerade mal für Kassierer oder McDonalds Mitarbeiter, nichts für ungut". Carl verdreht die Augen, lächelt dann aber liebevoll zu mir hinunter und zieht mich an sich. Ich kichere albern, lasse es aber zu. Verliebt schauen wir uns in die Augen. Dann senken sich seine Lippen auf meine herab und wir küssen uns leidenschaftlich, mitten auf dem Gang. Normalerweise wäre mir so etwas peinlich, doch der Strom Schüler, der um uns herum weiterläuft, als würde nicht gerade die Zeit stillstehen, verschwimmt vor meinem Bewusstsein und Carl ist das Einzige, was ich wahrnehme. Natürlich wagt es auch keiner, Carl darauf anzusprechen, wenn man es genau nimmt. Eine Prügelei mit ihm riskiert keiner. Oder? Da habe ich mich wohl geirrt. Denn ein Pfiff reist uns aus unserer Trance. Sam und Debbie stehen mit verschränkten Armen und hochgezogenen Augenbrauen vor uns. „Also ihr dürft ja zuhause rumknutschten und euch begrabschen wie ihr wollt, aber ich konnte eure verdammten Zungen bis zu meinem Spint sehen. Also chillt ma bisschen", schalt uns meine beste Freundin, doch ich weiß, dass sie es nicht wirklich ernst meint, denn sie grinst. Sam freut sich für mich, aber sie nervt mich ständig damit, dass Carl und ich endlich miteinander schlafen sollen, sonst sterbe ich noch als Jungfrau, schließlich bin ich mit einem Gangster zusammen, da weiß man nie, wann man abkratzt. Das sind zumindest ihre Worte. Ich weiß nicht, wie ich dazu stehe. Irgendwie will ich das ja schon. Ich meine, ich bin 15, ein Teenager und habe einen echt heißen Freund, der mich vergöttert wie eine Prinzessin, also warum sollte ich eigentlich nicht zu ihm ins Bett steigen? Aber andererseits bin ich unsicher, ob ich wirklich schon bereit dazu bin. Ich meine, das ist eine große Sache. Es ist mein erstes Mal. Carl hat sich nie dazu geäußert, mich um etwas gebeten oder zu etwas gedrängt, doch tief in mir ist mir klar, dass er mich will. Es ist White Boy Carl, der angeblich schon mehr Mädchen als Dreien auf dem Zeugnis hatte, natürlich wird er das irgendwann wollen. Ich frage mich, ob er von mir erwartet, dass ich in irgendeiner Weise auf ihn zukomme.

Carl hat mich zu sich eingeladen, ich werde das Wochenende bei ihm verbringen. Meine Eltern sind seltsamer Weise einverstanden, sie meinten, ich habe ja schon einmal bei ihm übernachtet und ich vermute, sie denken auch, dass Carl und ich... naja eben das haben wollen und möchten uns nicht im Weg stehen. Ich glaube, Mom ist sogar ganz froh, dass ich endlich einen Freund habe. Sie hatte immer Sorge, dass ich als Außenseiter ende, wenn ich mir nie einen suche. Gut, ein Außenseiter bin ich ja auch. Irgendwie. Als Mom mir eine Packung Kondome in die Hand drückt und sagt: „Nur zur Sicherheit", bestätigt sich mein Verdacht. „Mom!", eschauffiere ich mich und will sie ihr zurückgeben, doch sie besteht darauf, dass ich sie einpacke. Ich verdrehe nur die Augen. Mit einem Kuss an der Haustür, werde ich von Carl begrüßt. Er lächelt zu mir herunter und streicht mir ein Haar aus der Stirn. Ich liebe diese zärtlichen Gesten von ihm. Ich folge ihm ins Haus, Ian und Debbie sitzen auf dem Wohnzimmer. Debs springt sofort auf und umarmt mich. Ian hebt die Hand und grinst mir zu, ich erwidere die Geste freundlich. Carl und ich gehen hoch in sein Zimmer, wo ich meine Tasche und meine Jacke ablege. Dann gibt es eine zehnminütige Fortsetzung des Kusses an der Haustür, wobei meine Hände durch sein zotteliges braunes Haar fahren und seine meinen Körper erkunden, dass einzige Geräusch das zu hören ist, ist unser leises Seufzen und Stöhnen. Schließlich lösen wir uns voneinander und gemeinsam legen wir uns auf die Matratze, ich verberge meinen Kopf an seiner Halsbeuge. Er schlingt die Arme um mich und schnuppert an meinem Haar. Ich lächele. "Wie geht's dir Baby?", sind schließlich die ersten Worte die er an mich richtet, seit ich sein Haus betreten habe. Darüber muss ich erneut kichern. "Gut und dir?" Ganz normaler Smalltalk. So etwas führen wir eigentlich selten. "Jetzt geht's mir gut. Du siehst übriges total heiß aus, wenn du diese T-Shirts trägst". Ich sehe an mir hinunter. Ein weißes Oversize Shirt mit einem Olivia Rodrigo Aufdruck. Ich sehe zu ihm hoch. "Ach ja?" "Aber sowas von. Natürlich wäre es ohne noch... oh sorry, ich wollte nicht...Ah damn". Zuerst hat Carl noch gescherzt, doch dann ist seine Stimme abgebrochen und er sieht mich schuldbewusst an. Ich wende den Kopf ab. Nachdenklich runzele ich die Stirn. "Schon gut, du... Carl willst du Sex mit mir?" Ein überraschter Laut entschlüpft seiner Kehle, da ich mich so direkt geäußert habe. Dann dreht er sich leicht, sodass er neben mir liegt und auf mich hinuntersieht. Er streicht mir eine Strähne aus der Stirn und hebt mein Kinn an. "Elodie ich würde nie etwas tun, was du nicht willst, ja?" Ich nicke. Ich weiß, dass es stimmt. "Andererseits will ich dich klar auch... so. Aber nur, wenn du das willst, und nicht damit ich happy bin, sondern weil du mit mir schlafen willst, verstehst du? Sonst wäre das ja auch ungeil für mich". Ich nicke erneut und kuschle mich wieder an seine Brust. Ich möchte ihm nicht ins Gesicht sehen. Carl streicht mir über das Haar. "Hey Elle, alles klar zwischen uns?" Ich blicke nun doch auf. "Ja, alles klärchen". Er lächelt. Dann schmiege ich mich wieder in seine Arme. Er beginnt mir den Kopf zu kraulen und kurz darauf bin ich eingeschlafen.



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