Kapitel 20

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Jiraiyas POV:

In diesem grauen Schleier tauchte irgendwann Orochimaru auf. Normalerweise redeten wir in der Schule kaum. Als er mich jetzt jedoch ansprach, wunderte ich mich zwar, aber es war mir auch irgendwie egal.

"Du warst schon lange nicht mehr beim Training.", sagte er. "Also weder beim normalen, noch..."

"Ich weiß", unterbrach ich ihn unwirsch. Ich hatte keine Lust mit ihm darüber zu reden. Eigentlich hatte ich gar keine Lust, mit ihm zu reden.

"Ich sollte vom Sensei aus fragen. Mich interessiert es ja nicht. Alles in Ordnung?" Orochimaru warf mir einen abschätzigen Blick zu. Ihm würde es sogar freuen, wenn ich jetzt mit nein antworten würde, das spürte ich. Doch diese Genugtuung würde ich ihm, auch wenn es offensichtlich sein musste, dass es nicht stimmte, nicht gönnen.

"Ja", fauchte ich wie eine Katze. Um es noch glaubwürdiger rüber zu bringen fügte ich hinzu: "Ich hab einfach kein Interesse mehr am Training" Gut, wenn ich so darüber nachdachte, war das nicht gerade glaubwürdig. Orochimaru wusste, dass ich alles dafür getan hätte, um ihn eines Tages zu schlagen und dass mir das Training so viel bedeutete.

Er warf mir noch einen ungläubigen Blick zu, dann wandte er seine Aufmerksamkeit in die Bäume, die nur noch wenige verfärbte Blätter trugen. Ganz nebenbei erwähnte er: "Es ist wegen Tsunade, richtig?"

"Das geht dich 'n Scheißdreck an, warum ich nicht mehr trainieren will"

"Endlich hat sie auf mich gehört. Ich hab ihr schon vor Wochen gesagt, dass sie dich nicht daten soll."

Ich horchte auf. Für einen Moment konnte ich ihn nur anstarren, so sehr überraschte mich das, was er gerade gesagt hatte. Dabei hätte es das gar nicht tun sollen. "Du hast was? Was hast du ihr gesagt?", knurrte ich.

"Dass du eh nur an ihren Brüsten interessiert bist. Ich meine, das ist doch die Wahrheit, oder?"

"Nein, ist es nicht! Ich liebe sie." Ich wusste nicht, warum ich es ihm überhaupt erklärte. Ich fand es einfach dreist, dass er dieses Bild von mir hatte. Zugegeben, vor ein paar Monaten noch, war ich genauso mit jedem Mädchen umgesprungen. Mit Tsunade war das aber etwas ganz anderes.

"Ach komm. Du solltest mir dankbar sein. Die Ablenkung durch eine schnelle Romanze hätte dich nur vom Training abgehalten. Am Ende hättet ihr euch eh nur gegenseitig das Herz gebrochen. Du brauchst sie nicht."

Mit einem großen Schritt war ich bei Orochimaru und packte ihm am Kragen seines schnöseligen Rollkragenpullovers. "Am Arsch!", schrie ich ihn an. "Was bist du nur für ein schlechter Freund!" Und dann, ohne dass ich es hätte verhindern können, schlug ich ihm kräftig in die hässliche Visage.

Ich wollte gerade zu noch einem Schlag ansetzen, als ich merkte, dass Orochimaru lachte. Er lachte ernsthaft, obwohl ich ihn geschlagen hatte. Perplex hielt ich in der Bewegung inne. Wieso tat es ihm nicht genauso weh, wie der Schmerz um Tsunade mir weh tat? Und in diesem Moment erkannte ich, dass ich der Verlierer war.

Meine Faust sank herab und ich ließ Orochimaru einfach gehen. Als ich mich auf dem Schulhof umblickte, sah ich, dass schon einige Leute zu mir rüber schauten.

Ich war wirklich ein Versager. Aber ich wäre zusätzlich auch noch ein Idiot gewesen, hätte ich jetzt mit Orochimaru eine Prügelei angefangen. Das nützte jetzt auch nichts mehr.

Aber wäre Tsunade wirklich so beeinflussbar, dass sie Orochimaru glauben würde und nur deshalb nicht mit mir zusammen sein wollte? Das traute ich ihr eigentlich gar nicht zu.

Und doch fühlte es sich in diesem Moment genauso an.

Einige Tage später schleppte ich mich nach Kirigakure. Ich war ganz froh, mal aus Konoha rauszukommen. In diesem Dorf hielt mich eigentlich nicht mehr viel.

Wie immer bestritt ich den Weg in den Wald, wo wir immer trainierten, weil Fukasaku behauptete, ich könne dort die Kraft der Natur nutzen. Doch es fiel mir schwer, nicht stehen zu bleiben oder auf halben Weg wieder umzukehren. Eigentlich hatte ich gar keine Lust mich groß anzustrengen.

Doch ich schleppte mich schließlich den Berg hoch und wir begannen wenig später mit dem Training.

Zuerst merkte Fukasaku nichts. Doch als seine Frau Shima dazustieß, um beim Training zu zugucken, sprach sie meinen Zustand sofort an.

"Kärle! Du siehschd ned guad aus. Bisch du krank?"

"Nein, alles gut", beteuerte ich, obwohl sich die Worte schahl anfühlten.

"Du schlägschd di au schlechdr als sonschd..", bemerkte nun auch Fukasaku. "Dabei bin i no ned einmol zu den schwera Ufgaba komma, die i dir eigendlich geba wollde. Solla mir oi Bause macha?"

"Nein, geht schon", wiederholte ich.

Doch ich konnte die beiden nicht überzeugen. Ich hätte mir ja selbst nicht geglaubt.

"Was isch los?", fragte Shima.

Ich schwieg eine Weile. Es war mir unangenehm, über meine Gefühle zu sprechen. Doch die beiden waren so liebevoll und familiär mit mir, dass ich ihre Hilfe nicht ausschlagen konnte.

"Fukasaku, die Frau, die ich liebe, hat sich von mir abgewandt und mein Kamerad hat mich hintergangen. Wie soll ich denn da weiter machen?" Ich hörte mich jämmerlich an und ich hasste es, aber letztlich erzählte ich ihnen doch die ganze Geschichte um Tsunade und mir. Die Details rund um unsere Intimität ließ ich jedoch aus.

Als ich geendet hatte, fühlte ich mich tatsächlich besser. Es tat gut, meine Sorgen von der Seele geredet zu haben.

"Wenn's dir wirklich so wichdich isch, mussch versucha, um sie zu kämbfa. Odr du vergisschd sie oifach"

Aus Fukasakus Mund klang das so verdammt einfach. Doch ich verstand, dass er recht hatte. Ich konnte nicht zwischen diesen beiden Möglichkeiten bleiben, ohne daran kaputt zu gehen. Tsunade vergessen wollte ich jedoch auch nicht. Ich war mir nicht einmal sicher, ob das überhaupt möglich war. Sie bedeutete mir schlichtweg zu viel.

Ich musste es also nochmal versuchen. Egal, ob mich Tsunade wieder davonstoßen wollte. Sie musste kapieren, wie wichtig sie mir war. Nur das zählte.

"Danke Sensei!", sagte ich und machte mich auch sofort auf. Sicherlich verstand er, dass ich jetzt genauso wenig trainieren konnte wie vor dem Gespräch.

Ich musste zu Tsunade. Jetzt.

Wenn du nicht wärst (Jiraiya x Tsunade FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt