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Ardy

"Setzen Sie sich hier hin.", sagte der Mann.
"Danke."
Ich setzte mich auf den kalten Stuhl und nahm den Telefonhörer in die Hand.
"Hi.", begrüßte ich ihn.
"Hi.", kam von Maddox zurück.
"Wie geht es dir?"
Er zuckte mit den Schultern. "Geht so."
"Nicht so einfach da drin, was?"
"Ne..."
"Wie lange haben sie dir gegeben?"
"4 Monate."
"Hey, sieh es so. Colin hat Lebenslang plus Bewährung."
"Ja... stimmt schon."
"Und wenn er rauskommt hat er nichts."
Maddox antwortete mir darauf nicht. Und ich verstehe es. Er denkt wenn er rauskommt hat er auch nichts. Kein Geld, keine Familie, keine Freunde. 
Doch genau aus diesem Grund war ich hier.
"Wenn du rauskommst hast du wenigstens noch Freunde die hinter dir stehen."
Verwirrt sah er zu mir auf.
"Hör mal Maddox. Auch wenn ich wegen dem was du getan hast nicht hinter dir stehen kann, weiß ich dennoch, dass du keine andere Wahl hattest. Du hattest einfach Angst vor Colin. Scheiße, wer hat das nicht? Ich glaube, wenn ich in deiner Situation gewesen wäre, dann hätte ich genauso gehandelt wie du. Ich bin eigentlich kein großer Fan von zweiten Chancen, doch ich habe in meinem Leben so einige zweite Chancen bekommen."
Und damit meine ich die zweite Chance auf ein Leben, die zweite Chance auf eine glückliche Familie und die zweite Chance auf die große Liebe. Taddl.
"Ich weiß wie wichtig solche zweite Chancen sind und das sie alles verändern können. Deswegen will ich dir auch eine zweite Chance geben und meine Leute auch. Wenn du hier raus kommst werden wir dir dabei helfen in ein normales Leben einzusteigen. Du kannst in der Discothek bei Taddl und mir anfangen. Du kannst da solange arbeiten wie du willst und wir kriegen das auch irgendwie hin, dass du ein Dach über den Kopf hast. Du wirst nicht alleine sein, wenn du rauskommst."
"Nein Ardy.", sagte Maddox und ich sah, dass seine Augen glitzerten. "Das kann ich nicht annehmen. Du wärst wegen mir fast gestorben. Du kannst mir das nicht verzeihen."
"Falsch. Ich wäre wegen Colin fast gestorben, nicht wegen dir. An all dem Scheiß hat Colin Schuld. Klar, bist du nicht ganz unschuldig, aber das ist egal. Ich will dir meine Hilfe anbieten Maddox. Bitte, nimm sie an."
Zum ersten Mal, seit ich Maddox kenne zeichnete sich ein echtes Lächeln auf seinen Lippen ab.
"Danke Ardy."

(...)

"Und? Was hat Maddox gesagt?", fragte Taddl mich, nachdem er mich mit seinem Auto vom Gefängnis abgeholt hatte.
"Er war dankbar und er will unsere Hilfe annehmen."
"Das freut mich."
"Ähm... Taddl. Du fährst falsch."
"Nein."
"Doch, du hättest eigentlich hier abbiegen müssen."
"Ich weiß."
"Entführst du mich?"
"Ja."
"Oh."
Wir fuhren etwas raus aus der Stadt in ein Dorf, bis wir vor einem Landhaus stehen blieben.
"Das ist meine Affäre.", sagte er nur, weswegen ich ihn fragend ansah, damit er weiterredete. "Die Nachricht die ich auf dem Sportplatz bekommen hab, solltest du nicht sehen, weil es eine Überraschung für dich sein sollte. Die Maklerin von diesem Haus hat mir zurückgeschrieben und gesagt, dass wir dieses Haus kriegen können."
"Das heißt also...?"
Es war gerade so unrealistisch, dass ich den Satz nicht zu Ende aussprechen konnte.
"Das heißt, dass das hier unser erstes eigenes Haus ist."
Taddl hielt den Schlüsselbund hoch und lächelt mich an.
"Worauf warten wir dann? Zeig mir das Haus."
Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Er führte mich durch das ganze Haus und ich war wirklich begeistert davon. Es war perfekt für uns beide. Nicht zu groß, aber auch nicht zu klein. Einfach perfekt. Außerdem gab es einen großen Garten mit einem eingebauten Pool. Ich liebte es einfach.
"Das ist perfekt.", sagte ich zu ihm und gab ihm einen Kuss.
"Ich wusste, dass es dir gefallen wird. Und ich bin froh, dass du dazu Ja gesagt hast. Und wer weiß, vielleicht wirst du ja irgendwann auf eine andere Frage auch Ja sagen."
"Taddl... Hör auf. Darüber hatten wir es schon."
"Ich weiß."
"Und du weißt, dass ich nicht heiraten werde."
"Ich weiß. Aber du wolltest mich damals auch nur flachlegen und sich nicht in mich verlieben."
"Touché, kleines Arschloch."
Taddl fing an zu Lachen. "Komm mit ins Wohnzimmer, ich hab da noch was für dich."
Noch was? Er hat mich gerade schon mit unserem ersten gemeinsamen Haus überrascht. Was könnte noch kommen?
"Da ist es."
Er zeigte augenscheinlich auf eine Leinwand, welche an der Wand hing, aber durch ein schwarzes Tuch bedeckt wurde. Es musste eine ganz schön große und lange Leinwand sein. Denn es umfasste fast die ganze Wand und hing über unserem Sofa.
Taddl ging zu der Leinwand und fasste das Tuch an einer Seite an. "Bereit?"
"Du weißt, dass ich Überraschungen hasse. Jetzt mach es nicht so spannend."
Erneut lachte Taddl nur und nahm das Tuch von der Leinwand ab.
"Ach du scheiße!", sagte ich und fing an zu Lachen.
"Wie findest du es?"
"Das ist mega geil!"
Auf der Leinwand erschien ein Foto von unserer ganzen Clique. Ich erinnerte mich noch daran, dass Luna dieses Foto gemacht hatte bevor wir zum Feiern losgegangen sind. Und das ist eines der besten Fotos, welches je von uns gemacht wurden. Keiner sieht betrunken oder high aus. 
Das Foto zeigte einfach nur eine enge Clique, welche Spaß hat und immer zusammen hält. Komme was wolle. Und ich glaube, das beschreibt uns ganz gut.
"Ich bin froh, dass du glücklich bist.", meinte Taddl.
"Und was mit dir? Bist du glücklich?"
"Auf jeden Fall.", sagte er und kam auf mich.
Er legte seine Hände um mich und zog mich an sich.
"Ich liebe dich, Süßer."
"Ich liebe dich auch.", gab ich zurück und küsste ihn.
Als wir uns voneinander lösten ging Taddl in den Flur, während ich mir die Leinwand noch einmal anschaute. Genau in diesem Moment kam der einzige Lichtstrahl am heutigen Tag, durch den bewölkten Himmel durch und leuchtete auf die Leinwand. Ich ging zum Fenster und schaute in den Himmel. Eigentlich hätte ich jetzt nur darüber gelacht, was für ein dummer Zufall das war. Doch, seit ich fast gestorben bin und meine Mom gesehen habe, glaube ich, dass sie es ist, welche diesen Sonnenstrahl zu uns schickte.
Oder es war dummer Zufall.
"Danke Mom.", sagte ich leise. "Ich liebe dich."
"Ardy! Kommst du?", rief Taddl aus dem Flur. "Wir müssen los."
"Wohin?"
"Ähhh Tattoostudio? Hast du vergessen? Ilja, Killian und du wollen sich doch ein Freundschaftstattoo stechen lassen."
Scheiße, das hatte ich wirklich fast vergessen.
Ja, ich weiß wie albern das jetzt klingt, aber wir Drei haben und wirklich dazu entschieden so ein Tattoo stechen zu lachen. Jedoch sind es nicht drei gleiche Motive. Sondern drei unterschiedliche Motive die sich ergänzen sollen. Was genau es ist, weiß ich selbst noch nicht und Killian auch nicht. Ilja wollte es für uns zeichnen und ich habe in dieser Sache tatsächlich volles Vertrauen in ihn.
"Was ist mit dir?", fragte ich Taddl, als ich auf ihn zuging. "Hast du dir überlegt ob du dir auch was stechen lässt?"
"Ja, ich denke schon. Ich schau mal was Neo und Ilja gleich so an Motiven da haben."
"Wie wäre es, mit dem Wort Daddy auf der Brust?"
"Wirst du jemals damit aufhören?"
"Nö."
Taddl lachte nur, schlang einen Arm um mich und wuschelte mir durch die Haare.
"Ich hasse dich.", sagte er lachend.
"Danke, ich dich auch.", erwiderte ich, ebenfalls mit einem Lachen.

Ende

Remember us || Fortsetzung von Different WorldsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt