15. Kapitel

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Schleierpfote streckte sich müde und blinzelte gegen das helle Sonnenlicht der Blattgrüne an.
Wieso hatte Birkenpelz bloß so früh eine Clanversammlung einberufen? Ein Viertelmond war seit Weißpfotes Tod vergangen und im Clan herrschte allmählich wieder etwas mehr gute Laune.
Schleierpfote setzte sich neben Ginsterfarn und wartete.
,,Katzen des SonnenClans", begann Birkenpelz mit fester Stimme von Felsen herab. ,,Ich habe euch hier heute aus zwei Gründen herbeigerufen."
Unter den Katzen brach Gemurmel aus.

,,Falkenpelz hat sich beschlossen den Ältesten anzuschließen." Er drehte sich zu Falkenpelz. „Du hast unserem Clan lange Zeit gedient und wir freuen uns jetzt etwas für dich tun zu können. Ich bin überzeugt, dass Steinfell eine gute Nachfolgerin wird."
,,Das wird sie", krächzte der alte Heiler.
Birkenpelz erhob seinen Kopf und miaute: ,,Also ist es dein Wunsch, dich den Ältesten anzuschließen und deine Heilerpflichten aufzugeben."
,,Das ist es", miaute Falkenpelz.
,,Wieso fragt er nochmal, wenn es sowieso schon beschlossen ist?", piepste Nebeljunges.
Sternenfell legte ihr schnell den Schwanz auf den Mund.

Unter den Katzen brach Gejubel aus und Falkenepelz neigte respektvoll den Kopf, bevor er sich zu Wespenbart gesellte.
Schleierpfote blickte neugierig zu Birkenpelz hoch, der darauf wartete, dass wieder Ruhe einkehrte.
,,Wie ihr wisst", begann der hellbraune Kater, ,,ist Blatthimmel nicht mehr da. Falkenpelz, die Ältesten und ich haben miteinander gesprochen, dass wir jemanden brauchen, der meine Nachfolge antritt, falls ich sterbe oder krank werde."
Die meisten Clankatzen murmelten zustimmend.
Ein paar andere blickten verwirrt zu ihrem zweiten Anführer hoch. 
,,Aber das heißt nicht, dass du jetzt gleich richtiger Anführer wirst, oder?", miaute Goldsumpf misstrauisch und Sturmfell stimmte ihm zu.

,,Das heißt es nicht", miaute Birkenpelz ruhig. ,,Wir haben das nur beschlossen, um sicherzugehen, dass wir nicht ohne Anführer darstehen, falls ich ausfallen sollte."
Goldsumpf neigte den Kopf: ,,Wie du meinst!"
Ganz überzeugt wirkte er noch nicht, denn er flüsterte Windschweif und Sturmfell etwas zu.
Schleierpfote schnaubte empört und Ginsterfarn peitschte ebenfalls mit dem Schwanz.
Birkenpelz sorgte mit einem Fauchen für Ruhe. Alle Katzen drehten sich wieder zu ihm.

,,Also, wie ich schon sagte, werde ich das hier nur machen, um sicherzugehen, dass wir nicht mal ohne Anführer sind." Er machte eine kurze Pause. ,,Graufell, komm her."
Der junge Krieger schnappte überrascht nach Luft und sprang zu seinem zweiten Anführer hoch.
,,Graufell, von diesem Augenblick wirst du mein Stellvertreter sein, bis ich nicht mehr unter euch weile oder bis Blatthimmel wieder da ist."
,,Der macht so ein Dram daraus", fauchte Goldsumpf leise.
Birkenpelz überhörte die bissige Bemerkung und legte Graufell die Schnauze auf die Schuler.

Graufell neigte den Kopf: ,,Ich danke dir. Und ich werde versprechen, dass ich immer mein Bestes geben werde."
,,Davon bin ich überzeugt", miaute Birkenpelz.
,,Graufell, Graufell, Graufell", riefen seine Clangefährten.
Als die Rufe verklungen waren, miaute Goldsumpf verächtlich: ,,Er darf noch gar kein zweite Anführer werden. Er ist viel zu jung und hat noch keinen Schüler vollständig ausgebildet."
,,Sei doch nicht so respektlos", fauchte sein Bruder Dornenfell.

Birkenpelz sprang vom Felsen und baute sich vor Goldsumpf auf.
,,Er bildet aber gerade eine Schülerin aus und er ist bereits einer der besten Krieger im Clan. Du solltest stolz sein."
Goldsumpf zuckte bei seinen bissigen Worten zusammen und nickte stumm.
Graufell war ebenfalls vom Felsen herabgesprungen und beobachtete den Streit mit glänzenden Augen.
Danach sprang er zu Flickenauge und rieb seine Wange an dem von dem alten Kater. Schleierpfote nahm an, dass es sein Vater war.
Die Versammlung löste sich wieder auf und Schleierpfote gesellte sich zu Flammenpfote, die ihren Mentor mit stolzem Blick anschaute.

,,Ist Graufell wirklich erst so jung? Er kann schon so viel", miaute Schleierpfote.
,,Für einen zweiten Anführer ist er ziemlich jung", antwortete Flammenpfote ohne den Blick von Graufell abzuwenden.
,,Ich gehe mit Graufell gleich zu einem Kampftraining mit Lawinenpfote und Hummelschweif."
,,Toll! Viel Spaß", miaute Schleierpfote und vermisste seine Trainingseinheiten mit Ginsterfarn.
Flammenpfote leckte ihm über die Wange und hopste dann rüber zu ihrem Mentor, der noch bei Flickenauge stand.
Schleierpfote schaute über die Lichtung auf der Suche nach etwas, was er tun könnte. Sein Blick blieb an Silberstreif hängen, der mit seinen beiden Jungen spielte.

,,Hab ich dich, du gierige NebelClan Katze", fauchte Hasenjunges und warf sich auf Silberstreifs Schwanz. Der rollte sich spielerisch zur Seite und heulte: ,,Oh nein, zwei SonnenClan Katzen!"
Mondglanz schaute amüsiert von der Kinderstube zu. Neben ihr hockte Sternenfell, die Nebeljunges beobachtete, wie sie mit ihrem Vater Kleinpelz Moosball spielte.
,,Ich muss jetzt auf eine Patrouille", miaute er schließlich und trabte zum Lagereingang, wo Kieselstein und Spatzenfluss schon auf ihn warteten.
Nebeljunges schaute ihrem Vater traurig hinterher.
,,Wieso spielst du nicht mit den anderen beiden", fragte Schleierpfote sie.
,,Die beiden sind viel größer als ich", miaute Nebeljunges kleinlaut.
Schleierpfote betrachtete Streifenjunges und Hasenjunges und sah, dass sie wirklich nicht mehr viel kleiner als ein Schüler waren. Bald würden sie wahrscheinlich zu Schülern ernannt werden.

Nebeljunges schmollte:,,Ich bin drei Monde jünger als die beiden."
,,Vielleicht darf ich ja mit dir spielen", schlug Schleierpfote vor.
Nebeljunges hüpfte begeistert auf und ab.
,,Ich komme gleich wieder", miaute er.
Schleierpfote ging zu Steinfells Bau und schaute hinein. Die junge Kätzin sortierte gerade Kräuter und hob den Kopf als Schleierpfote hinein kam.
,,Darf ich mit Nebeljunges spielen?", fragte er.

,,Wieso nicht? Du brauchst mich doch nicht für alles um Erlaubnis zu fragen", miaute sie amüsiert.
,,Ich dachte nur, dass du vielleicht nicht willst, dass ich meine Flanke belaste", miaute er und schnippte der schwarzen Kätzin spielerisch mit dem Schwanz übers Ohr.
,,Ich vertraue schon darauf, dass du nicht so stur bist, wie einige ander Katzen hier", schnaubte Steinfell und Schleierpfote vermutete, dass sie Forellenteich meinte, die sich mit ihrer verstauchten Pfote schon wieder einer Jagdpatrouille anschließen wollte.

Schleierpfote schlüpfte aus dem Bau und lief durch den kleinen Brombeertunnel, bis er wieder auf der Lichtung war, wo nur noch die drei Jungen, Silberstreif und die beiden Königinnen zu sehen waren. Als Schleierpfote genauer hinsah, sah er noch, dass Birkenpelz und Wolfpelz sich unter dem Anführerstein unterhielten.
Schleierpfote ging zu Nebeljunges und spießte die Mooskugel auf einer seiner Krallen auf.
Dann warf er sie in hohem Bogen über die Lichtung. Das grau-goldene Junge raste wie ein Blitz hinter ihr her.
Als sie die Mooskugel hatte, kugelte sie mit ihr über den Boden und vergaß dabei, dass hinter ihr die Brombeerhecken waren.

Mit einem Aufschrei blieb sie in der Hecke hängen. Schleierpfote wollte ihr helfen, doch sie schaffte es selber, sich zu befreien. An dem Strauch blieben ein paar graue Fellbüschel zurück. Nebeljunges nahm den Moosball und kickte ihn wieder zu Schleierpfote. Als sie vor ihm stand, schüttelte sie sich erst mal ein paar kleine Zweige aus dem Fell. Ihr Fell stand noch von allen Seiten ab.
,,Man sollte dich zu Strubbeljunges umtaufen", miaute Schleierpfote spielerisch.
Nebeljunges schnurrte amüsiert und warf ihm den Moosball an den Kopf. Sternenfell kam über die Lichtung und miaute besorgt: ,,Ist alles in Ordnung mit dir?"
,,Ja, mir geht es super", miaute Nebeljunges.
Ihre Mutter fing an ihr Fell wieder glatt zu lecken. Nebeljunges fing an laut zu schnurren.

Nach einer Weile miaute Sternenfell zufrieden: ,,Jetzt siehst du wieder wie eine Clankatze aus." 
Sie setzte sich wieder zu Mondglanz, die immer noch ihrem Gefährten zusah, wie er mit ihren Jungen spielte.
Schleierpfote spießte die Mooskugel erneut auf und hielt sie in die Luft. Nebeljunges sprang hoch und versuchte die Kugel mit den Krallen zu erreichen. Sie fauchte, da sie nicht dran kam. Schleierpfote senkte die Kugel ein wenig. Nebeljunges sprang wieder und erwischte die Kugel fast.

Das Junge fixierte Schleierpfote mit ihren blauen Augen und ihr unzufriedener Gesichtsausdruck verschwand.
Nebeljunges spannte die Hinterbeine an und Schleierpfote rechnete damit, dass sie dieses Mal an die Kugel drankommen würde. Doch die graue Kätzin sprang ihn an und er ließ vor Überraschung die Kugel fallen. Nebeljunges schnappte sich die Mooskugel schnell und setzte sich triumphierend neben Schleierpfote.
,,Von einem Jungen ausgetrickst", spottete jemand.

Schleierpfote wirbelte herum und sah, dass Goldsumpf gerade mit seiner Patrouille zurückgekommen war. Hinter ihm standen Dornenfell und Stummelkralle.
,,Lass ihn in Ruhe", fauchte Stummelkralle seinen ehemaligen Mentor an.
Der konnte kaum glauben, was der hellbraune Kater eben gesagt hatte.
Mir funkelnden Augen stolzierte Goldsumpf zum Kriegerbau.
Schleierpfote schaute ihm hinterher. Einige Katzen würden ihn einfach nie akzeptieren. 

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So, ich habe gleich noch ein Kapitel geschrieben! Wie fandet ihr es?

Warrior Cats - Der verlorene Anführer (Vorgeschichte)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt