4. Was eine Verfolgungsjagd ist

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Die beiden schreckten auseinander und saßen nun unfähig im Sand, vor ihnen stand eine Gruppe von Männern. Allen voran stand niemand Geringeres als Skinny Norris und die anderen Männer, die sich hinter ihrem Anführer aufgebaut hatten, schienen von der Sorte Schlägertyp zu sein. Bob spürte, wie sich ein fetter Kloß in seinem Hals bildete und er schluckte merklich. Niemand sagte ein Wort und die bedrohliche Stille, die über allem schwebte, zerrte an Bobs Nerven. Skinny hatte dieses schmierige Grinsen auf seinem Gesicht, das dem Dritten eine unangenehme Gänsehaut bescherte. Peter schien es gerade nicht besser zu gehen. Als Bob kurz zu ihm herüberlinste, sah er, wie sein bester Freund fast schon zitterte vor Angst. Gerne hätte er ihn jetzt umarmt, doch die Situation war wirklich mehr als unpassend.

Nach einer Zeitspanne, die dem dritten Detektiv wie eine Ewigkeit vorgekommen war, sagte Skinny betont ruhig: „So, so. Dass ihr beiden Schwuchteln seid, hätte ich mir ja gleich denken können. Aber das ihr eurem widerlichen Spiel so unvorsichtig freien Lauf lasst, das hätte ich euch Möchtegerndetektiven nicht zugetraut." Er machte eine Pause. Dann ging er einen Schritt auf die beiden hilflosen Gestalten auf dem Boden zu und murmelte mit bebender Stimme: „Für das, was ihr getan habt, werdet ihr büßen. Und zwar jetzt."

Die Schlägertypen stellten sich neben Skinny, einer von ihnen knackte mit den Fingern und meinte hämisch grinsend an die anderen gerichtet: „Denen zeigen wir's!"

Eine Schrecksekunde lang saßen die beiden Detektive nur stumm dort, die Augen weit aufgerissen. Doch als die Typen sich noch einen Schritt auf sie zubewegten, kam wieder Leben in den zweiten Detektiv. Er stand blitzschnell auf, riss Bob an der Hand nach oben und schrie: „Lauf!", während er auf den Strandaufgang zu hechtete. Der dritte Detektiv kam kaum hinterher, Peter war einfach zu sportlich.

Doch sein Wille, nicht zu Brei geschlagen zu werden, verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Er sprintete weiter hinter dem Rotschopf her und bekam schließlich seine Hand zu fassen. Peter blieb zum Glück nicht stehen, sondern rannte mit ihm an der Hand einfach weiter. In seinem Rücken hörte Bob die Angreifer laut brüllen, doch er verschwendete keine einzige Sekunde daran, sich umzudrehen. Nun waren sie fast oben. Die Kräfte des Dritten schwanden, seine Lunge brannte, seine Knie gaben fast nach. Doch der zweite Detektiv zog ihn einfach weiter, sein Arm schmerzte an der Stelle, an der Peter ihn gepackt hielt.

Endlich kamen sie am Auto an. Ein einziges Mal drehte Bob seinen Kopf und sah ihre Verfolger in nur gut zehn Metern Entfernung. Schnell riss er die Tür des MGs auf, ließ sich auf den Beifahrersitz plumpsen und rief, während er nervös mit den Fingern auf das Armaturenbrett trommelte: „Jetzt mach schon, Peter!"

„Ja-ha, ich fahr ja schon!", maulte der zweite Detektiv nicht weniger gestresst und startete endlich den Wagen. Mit Vollgas fuhr Peter vom Parkplatz und erleichterte sah Bob, wie die Angreifer im Rückspiegel nach und nach kleiner wurden.

Beide atmeten noch immer schwer und dem Dritten wurde erst jetzt bewusst, dass sie gerade vor Schlägern geflüchtet waren. Vor Schlägern, die mit ziemlicher Sicherheit homophob waren. Dabei hatten sie sich nur im Sand gerauft.

„Ist alles in Ordnung bei dir?" Peters Stimme klang besorgt und Bob spürte, wie sich eine Hand auf sein Bein legte. Sein Kopf lehnte wieder an der Fensterscheibe, wie schon bei der Hinfahrt. Weniger die Worte als die Berührung des zweiten Detektivs irritierte ihn. Hatte er ihn schon immer am Bein berührt? Dann erinnerte er sich wieder daran, dass der Zweite ihm gerade eine Frage gestellt hatte.

„Ja, ja, bei mir ist alles in Ordnung."

„Meinst du, wir sollen es Just sagen?", stellte Peter schon seine nächste Frage.

„Meinst du nicht, dass er uns fragen wird, was wir getan haben, dass die Typen dachten, wir wären ein Paar?" „

Und? Wir haben uns im Sand gerauft. Was ist dabei?", entgegnete der zweite Detektiv. Enttäuschung kroch in Bob hoch. Natürlich war zwischen ihnen nichts passiert. Natürlich empfand Peter nichts für ihn. Die Romantik, die er in allem sah, war bloß ein Hirngespinst.

„Aber...", setzte er erneut an, doch der Zweite unterbrach ihn: „Kein Aber, wir müssen es ihm erzählen. Wir sind bedroht und verfolgt worden!" Bob nickte geknickt, wusste aber, dass er Peter nicht mehr würde umstimmen können.

„Warum bist du so schweigsam?", fragte der Rotschopf nach einigen Momenten der Stille.

„Ach, ich bin einfach nur geschafft. Diese Verfolgungsjagd hat mich ziemlich mitgenommen", versuchte der Dritte sich herauszureden, vorerst auch mit Erfolg. Er konnte seinem besten Freund wohl kaum auf die Nase binden, wie frustriert er gerade war.

Das Treffen hätte wirklich schön werden können, wären Skinny und seine Handlanger nicht aufgetaucht und jetzt hatte Peter nicht einmal Angst davor, Just etwas von dem Vorfall zu erzählen, denn er hatte schließlich keine Gefühle zu verbergen. Innerlich bemitleidete Bob sich gerade selbst, doch viel Zeit blieb ihm dazu nicht mehr, denn gerade bogen sie auf den Schrottplatz ein. Peter stoppte den Motor und sie stiegen aus. Schweigend liefen sie zur Zentrale. Justus sah seine beiden Kollegen verwundert an, als sie immer noch ein wenig erschöpft in der Tür standen.

Die drei Fragezeichen und der ganz normale WahnsinnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt