12. Was sie über uns denken

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„Und was machen wir jetzt?", fragte Peter ein wenig verunsichert.

„Unser Superdetektiv hat bestimmt schon wieder einen Plan", erwiderte Bob und sah zu Justus.

„In der Tat habe ich schon eine Idee, wie wir weiter vorgehen werden. Ich habe bereits im Telefonbuch nachgeschlagen", sagte er und tippte auf einen Namen in dem aufgeschlagenen Wälzer, „unser mutmaßlicher Täter wohnt selbst in Rocky Beach, gar nicht weit von hier. Ich würde vorschlagen, ihr seht euch in seiner Wohnung um, während ich mit Will Rodriguez über den Vorfall auf der Auktion spreche."

„Okay, dein Plan ist uns Befehl", seufzte Bob und drehte sich schon zur Tür der Zentrale um, als Peter entgeistert einwendete: „Du willst, dass wir bei einem gewalttätigen Straftäter einbrechen, der wahrscheinlich im Besitz einer Waffe ist?"

Justus antwortete gelassen und vollkommen nüchtern: „Ja, genau daran dachte ich. Außerdem handelt es sich ja gar nicht um einen richtigen Einbruch, schließlich geht es darum, an Beweise zu gelangen."

Geschlagen nickte der zweite Detektiv und Bob und er verließen die Zentrale. Draußen stiegen sie ins Peters MG und bevor er den Motor startete, murmelte der Zweite: „Ich könnte mir so einiges vorstellen, was ich gerade lieber machen würde." Dabei blickte er Bob von der Seite an, der leicht rot wurde, als ihm die Anspielung klar wurde.

Als sie an der Adresse angekommen waren, die Justus ihnen genannt hatte, stoppte Peter den Motor und nörgelte: „Mir ist überhaupt nicht wohl bei der Sache. Der Mann ist gefährlich."

Bob grinste amüsiert und erwiderte: „Da ist der alte Peter wieder. Ich hatte dein Gemurre schon vermisst."

Spielerisch stupste er dem Zweiten in die Seite, der sich daraufhin zu Bob hinüberlehnte und ihn auskitzelte. Lachend und keuchend versuchte er die Hände abzuwehren, die auf seinen Körper niedergingen, aber es gelang ihm kaum, Peter war schneller und geschickter. Erst, als der dritte Detektiv um Gnade bettelte, ließ er von ihm ab.

Bob richtete sich in seinem Sitz wieder etwas auf und öffnete die Tür des Beifahrersitzes, um auszusteigen. Der Rotschopf rief zu ihm nach draußen: „Warte, mein Sitzgurt klemmt irgendwie." Er lachte dabei.

Bob lief um den Wagen herum, öffnete die Fahrertür und wollte seinem Detektivkollegen helfen, doch dieser hatte sich schon befreit. Galant hielt der Dritte Peter seine Hand hin, der nach ihr griff und sich aus dem Auto helfen ließ.

Nun standen sich die beiden genau gegenüber. Bob sah wieder in dieses wunderschöne Gesicht, das sein Gehirn ein ums andere Mal völlig außer Gefecht zu setzen schien. In den Augen des Rotschopfes lag so viel, das es zu ergründen galt. Seine Gesichtszüge waren so perfekt geformt, dass sie ihn förmlich dazu aufforderten, sie mit den Fingern nachzufahren. Und genau das tat er jetzt. Mit den Fingern fuhr er am Kinn des zweiten Detektivs entlang und legte seine Hand auf seiner Wange ab, wo sein Daumen dazu überging, leicht auf und ab zu streichen.

Noch einmal dachte er daran, dass sie sich auf offener Straße befanden, dann zog er Peter ein wenig zu sich herunter und bevor dieser etwas hätte einwenden können, legte er ihre Lippen aufeinander. Eine Welle unendlicher Wärme überkam Bob, während sie sich küssten. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sich je etwas besser anfühlen würde als das hier.

Peter erwiderte den Kuss zwar, löste sich aber schnell wieder. Eine ältere Dame lief an ihnen vorbei, schüttelte den Kopf und nuschelte: „Diese Jugend von heute. Denkt immer nur an das Eine. Und dann sind sie auch noch schwul." Sie ging schnell weiter.

Peter zischte: „Nicht hier in der Öffentlichkeit, Bob. Ich kann das nicht."

Beschämt senkte Bob den Kopf und murmelte: „Lass uns schauen, ob unser Tatverdächtiger zu Hause ist." Die Aussage des Zweiten hatte ihn verletzt, genauso wie der völlig überflüssige Kommentar der Dame. Aber das würde er wohl kaum zugeben.

Schicksalsergeben trottete er vor Peter her, auf die Haustür eines Hochhauses zu. Hier sollte Waver laut Telefonbuch leben. Die untere Haustür war zum Glück unverschlossen und so konnten die beiden Detektive unentdeckt in den großen Plattenbau gelangen. Im dritten Stock stießen sie endlich auf ein Klingelschild, das den Namen Waver trug. Sie klingelten. Warteten eine Weile. Nichts regte sich. Sie klingelten noch einmal. Wieder kam von innen keine Reaktion.

Peter stellte fest: „Dann müssen wir wohl zu härteren Methoden greifen." Bob nickte nur, immer noch frustriert, deckte den zweiten Detektiv aber, sodass dieser sich ungesehen an der Tür zu schaffen machen konnte. Es dauerte keine Minute und der Zweite hatte das Schloss mit einem seiner Dietriche geknackt. Die beiden Detektive gingen in die Wohnung und schlossen die Tür hinter sich.

In der Wohnung empfing sie der muffige Geruch staubiger Möbel vermischt mit dem brennenden Gestank von Zigarettenqualm. Bob hustete. Dann verkündete der Zweite: „Du nimmst dir das Wohnzimmer vor, ich schaue mir die Küche an."

Wieder nickte der Dritte nur, aus Trotz hatte er beschlossen, kein Wort mehr mit Peter zu wechseln. Er wusste, dass dieses Verhalten nicht gerade erwachsen war. Aber was war schon erwachsen?

Dann begann er damit, sich genauer im Wohnzimmer umzusehen. Ein großes Ledersofa stand im Raum, ein kleiner Tisch davor, ein alter Fernseher stand auf einem schäbigen Podest an der Wand gegenüber. Die Fenster waren mit schweren Vorhängen verhängt, nur einige Lichtstrahlen erhellten den staubigen Fußboden. Entweder war der Besitzer nicht oft hier oder er zog es vor, Putzutensilien nicht anzurühren.

Bob drehte jedes Sofakissen um, wühlte den Zeitungshaufen auf dem Tisch durch, kroch halb unter das Sofa, öffnete jede Schublade des Fernsehschranks. Und fand nichts. Dann aber zog er die Vorhänge ein Stück zurück, um etwas Licht hereinzulassen. Diese Prozedur wirbelte nicht nur Staub auf, sondern förderte auch einen Zettel zutage, der anscheinend hinter den Vorhang gefallen war. Darauf stand in krakeliger Schrift: „RB, CR27, D26, 21".

Völlig verwirrt drehte er den Zettel in seiner Hand. Auf den ersten Blick hatte es sich bei dem Geschriebenen um Schiffe versenken gehandelt, auf den zweiten Blick konnte es genauso gut ein versteckter Hinweis sein. Gerade, als er sich fragte, ob er zu Peter hinübergehen und ihm seinen Fund zeigen sollte, kam dieser aus der Küche und fragte: „Und, hast du etwas gefunden?" Bob nickte wieder nur.

„Och, Bobbele. Es tut mir Leid wegen vorhin. Aber können wir das später in Ruhe klären? Wir haben keine Zeit. Und was ist das für ein Zettel in deiner Hand?"

Die drei Fragezeichen und der ganz normale WahnsinnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt