9. Warum ich gestehe

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Tausend Ameisen liefen Bobs Rücken entlang, während Peters Worte in seinem Kopf verhallten. Langsam hob er seinen Kopf. Er konnte immer noch nicht glauben, was sein bester Freund gerade von sich gegeben hatte. War es etwa tatsächlich möglich, dass- Nein, das konnte nicht sein. Um nichts in der Welt würde Peter das Gleiche fühlen wie er. Nur, weil er schwul war, hieß das noch lange nicht, dass er Interesse an ihm hatte.

Auch Peter hob seinen Kopf und sah Bob nun in die Augen. Der Dritte sah, wie sich eine kleine Träne im Augenwinkel seines besten Freundes bildete und bemerkte erst dann, dass er noch gar nichts gesagt hatte. „Och Peter, es ist alles in Ordnung! Du musst dich dafür nicht schämen und natürlich mag ich dich immer noch." Etwas unbeholfen strich er über den Rücken des zweiten Detektivs.

„Bist du sicher, dass du noch mit mir befreundet sein willst?", fragte dieser in die entstandene Stille. Erschrocken riss Bob die Augen auf. Wie konnte Peter nur denken, dass er nicht mehr mit ihm befreundet sein wollte?

Ein wenig entrüstet und erschrocken antwortete er: „Natürlich möchte ich noch mit dir befreundet sein! Wie kommst du auf so einen Mist?"

Er konnte förmlich sehen, wie eine Last von Peters Schultern fiel. Ein noch leicht gequältes Lächeln schlich sich auf die Lippen des Zweiten, aber sein Körper entspannte sich und er löste sich langsam aus der Umarmung.

Nach einer kurzen Stille fragte Bob vorsichtig: „Weiß Justus es schon?"

Peters Augen weiteten sich: „Oh Gott, nein! Ich habe ihm noch nichts davon erzählt. Ehrlich gesagt bist du der Erste, dem ich davon erzähle. Bei Justus habe ich irgendwie Angst, auch wenn ich mir eigentlich sicher bin, dass er nichts dagegen haben würde."

Der dritte Detektiv nickte und lächelte aufmunternd, ehe er sagte: „Wenn du meine Hilfe brauchst, ich bin immer für dich da." Er meinte, einen Hoffnungsschimmer in den Augen seines besten Freundes erkennen zu können und ein ehrliches Lächeln legte sich auf dessen Gesicht.

„Sollen wir reingehen?", fragte der Dritte erneut und Peter nickte nur.

Stille umgab die beiden, als sie schließlich auf Bobs Bett saßen. Peter durchbrach die Ruhe: „Ich hatte vorhin wirklich Angst um dich."

Der dritte Detektiv drehte seinen Kopf zur Seite und sah in die traurig dreinblickenden Augen des Rotschopfes.

„Normalerweise nimmt dich Kriminalität doch nicht so sehr mit, oder? Sie ist doch wesentlicher Bestandteil unseres Detektivalltags", fügte er hinzu.

Erst jetzt fiel Bob auf, dass Peter wohl Recht hatte. Eigentlich war der zweite Detektiv der schreckhaftere von ihnen, konnte aber schneller rennen, dafür behielt Bob auch in brenzligen Situationen einen klaren Kopf. Warum war es dieses Mal anders gewesen? Wahrscheinlich war es seine Angst davor gewesen, nie mehr die Möglichkeit auf eine gemeinsame Zeit mit Peter zu haben. Dass er nie in seinen Armen liegen würde. Dass sie niemals Hand in Hand am Strand entlanglaufen würden. Dass sie nie zusammen am Herd stehen und sich über die Menge der Zutaten streiten würden. Dass die Berührungen zwischen ihnen nie mehr werden würden. Als all diese Gedanken nach und nach sein Hirn füllten, stieg ihm die Hitze in den Kopf. Wie konnte er so über ihn nachdenken, wenn er doch direkt neben ihm saß?

„Ist alles in Ordnung?", fragte der zweite Detektiv genau in diesem Moment.

„Ja, ja. Alles bestens. Ich gehe mir nur eben ein Glas Wasser holen."

Ohne zu fragen, ob sein bester Freund auch etwas haben wollte, schoss er vom Bett hoch, lief durch die Tür, die Treppe hinunter auf geradem Weg in die Küche. Erst jetzt wurde ihm das Ausmaß seiner Gefühle so wirklich bewusst. Ja, er mochte ihn wirklich. Ja, er wollte mit ihm zusammen sein. Und nein, er wollte diesen Jungen unter keinen Umständen verlieren. Diese Erkenntnis ließ ihn fast in Tränen ausbrechen. Doch stattdessen verließ nur ein trockener Schluchzer seine Kehle.

Er hörte, wie Peter die Treppe hinunterkam. Seine Schritte klangen fast schon elegant, gar nicht polternd. Im Augenwinkel sah er, wie der Zweite im Türrahmen stehen blieb. „Och Bobbele, ich sehe doch, dass etwas nicht stimmt. Willst du drüber reden?"

Er hat mich schon wieder Bobbele genannt, schoss es dem dritten Detektiv durch den Kopf. Und als nächstes fragte er sich, ob das jetzt der Moment war. Der Moment, in dem er ihm seine Gefühle gestehen würde. Der Moment, den er sich immer wieder erträumt hatte. Einfach so, zwischen Tür und Angel?

Ein letztes Mal sog Bob die Luft ein, ein letztes Mal zogen alle seine Pläne, alle seine Träume der letzten Tage, Wochen und Monate an ihm vorbei. Und kurz bevor ihn sein ganzer Mut wieder verließ, warf er ein paar Worte leise in den Raum: „Ich habe mich in dich verliebt, Peter."

Die drei Fragezeichen und der ganz normale WahnsinnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt