7. Wer der Regenbogen ist

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Als Bob durch die klapprige Tür in die Zentrale trat, saßen Peter und Justus bereits auf dem Sofa und unterhielten sich. Der dritte Detektiv schnappte den Satzfetzen „und dann zum CSD" auf und wurde sofort hellhörig. Hatte Peter etwa erzählt, wo sie morgen hin wollten? Es wäre ziemlich dämlich von ihm gewesen, es Justus zu erzählen, denn er hätte ihn sicherlich ausgefragt.

Erst jetzt registrierten seine beiden Kollegen den blonden Lockenkopf, der sich seufzend auf den Schreibtischstuhl fallen ließ. „Ach, Bob. Da bist du ja. Ich habe Peter gerade schon meinen Plan erläutert. Morgen findet doch hier in Rocky Beach der Christopher Street Day statt und ihr werdet hingehen."

„Und warum?", fragte Bob mit hochgezogenen Augenbrauen. Es wirkte so, als wäre der Besuch tatsächlich ein Teil von Justus Plan. Aber warum sollte-

Justus unterbrach seine Gedanken: „Ich habe auf der Auktion mitbekommen, wie euer Verfolger zu einem anderen Mann gegangen ist, als sein Versuch, sich die Vase unter den Nagel zu reißen, gescheitert ist. Ich konnte zum Glück unauffällig näher an sie herantreten und habe gehört, wie der Verfolger zum anderen Mann meinte, dass er sich morgen mal auf dem CSD umsehen würde. Ich habe zwar keine Ahnung, was er mit umsehen meinte, aber dieses Gespräch ist unser einziger Anhaltspunkt."

Langsam nickte der dritte Detektiv und fragte dann weiter: „Und warum kommst du nicht mit?"

„Es tut mir leid, Kollegen. Aber ich habe Onkel Titus versprochen, ihn morgen noch bei einer weiteren Auktion zu begleiten."

Peter schaltete sich ein: „Aha, du lässt also uns mal wieder in die Drecksarbeit machen." Es hätte beleidigend klingen können, doch der zweite Detektiv grinste breit und linste für den Bruchteil einer Sekunde zu Bob, der seinen Blick auffing. Er wurde aus seinem besten Freund einfach nicht schlau. Warum wollte er so dringend auf den CSD? Und warum ausgerechnet mit ihm? Und wie waren ihr Fall und Justus in die ganze Angelegenheit verstrickt?

„Ach, Just, ich habe gestern noch ein paar Recherchen angestellt und bin dabei auf einen Artikel über die Auktion gestoßen. Darin steht, dass die Auktion abgebrochen worden wäre. Davon hast du uns gestern gar nichts erzählt", hakte Bob nach.

„Doch, doch, Dritter. Ich habe es Peter gestern gesagt, doch da warst du schon weg. Die Auktion wurde tatsächlich abgebrochen, da der Sicherheitsdienst trotz mehrerer Vorfälle nicht erschienen ist und es dem Veranstalter dann wohl doch zu riskant geworden ist. Beantwortet das deine Frage, Bob?" Der Dritte nickte.

-

Am nächsten Morgen wachte Bob noch vor seinem Wecker auf. Kerzengerade saß er in seinem Bett und starrte auf die leuchtende Digitalanzeige seiner Uhr. Es war gerade mal sieben Uhr am Morgen. Also noch drei Stunden. Drei elend lange Stunden, bis Peter ihn abholen würde. Der dritte Detektiv war jetzt schon nervös und aufgekratzt und er war noch nicht einmal aufgestanden. Mit einem Ruck schlug er die Decke zurück und bewegte sich in Richtung Badezimmer, um sich mit einer angenehm warmen Dusche abzulenken.

Als er mit tropfnassen Haaren wieder in sein Zimmer zurückgelaufen kam, stellte ihn ein Blick in seinen Kleiderschrank vor ein Problem der besonderen Art. Was sollte er anziehen? Normalerweise stellte er sich diese Frage nie. Irgendetwas Passendes fand sich eigentlich für jeden Anlass. Aber für einen CSD? Was trug man da? Vor seinem inneren Auge tauchten lauter Menschen vollkommen in regenbogenfarbene Outfits gekleidet auf. Doch in Fächern seines Schrankes gab es nichts, was auch nur annähernd an einen Regenbogen erinnert. 

Sollte er Peter fragen, was er anziehen sollte? Nein, das war albern. Er konnte sich auch kaum vorstellen, dass der Zweite als personifizierter Regenbogen vor seiner Haustür auftauchen würde. Obwohl, seit er ihn gefragt hatte, ob er mit auf den CSD wollte, alles möglich schien.

Letztendlich entschied sich der Dritte für eins seiner ordinären Outfits. Ein schlichtes Shirt, eine dunkle Jeans, Sneaker. Darin fühlte er sich wohl und ging es bei dieser Veranstaltung nicht sowieso darum, sich ausleben zu können? Bei ihm passierte das eben in Form von einfarbigen Shirts, ausgeblichenen Hosen und dreckigen Sneakern.

Bob drehte sich vor seinem Spiegel einmal um sich selbst, zuckte dann gleichgültig mit den Schultern und lief ins Erdgeschoss, um seinen nun schon knurrenden Magen mit etwas Essbarem zu stopfen.

Um kurz vor zehn klingelte es an der Haustür. Der dritte Detektiv hatte die letzte Stunde damit verbracht, Kreise in seinem Zimmer zu laufen und alle möglichen Szenarien den Verlauf des Tages betreffend im Kopf durchzugehen. Jetzt war ihm schwindelig und er fühlte sich trotz des vielen Nachdenkens kein Stückchen für das gewappnet, was ihn heute erwarten würde. Denn jetzt war er nicht einfach nur zum Spaß auf einer Veranstaltung, sondern hatte gleichzeitig noch einen Fall zu lösen. Wenn er ehrlich war, war das alles ein wenig zu viel für ihn. Und wenn er noch ehrlicher war, dann war es viel zu viel für ihn.

Als er die Tür öffnete, blickte ihm ein ebenso aufgekratzter Peter entgegen. Das Grinsen reichte ihm vom einen Ohr zum anderen und doch spielte er nervös mit dem Saum seines Shirts. Zwar sah der Zweite nicht aus wie ein wandelnder Regenbogen, aber er schien sich mit Karnevalsschminke auf jede Wange einen Regenbogen gemalt zu haben.

Bob ohrfeigte sich innerlich dafür, dass er nicht selbst auf die Idee gekommen war. So kam er sich doch ein wenig nackt vor. Doch Peter schien das nicht zu stören. Bevor der Dritte überhaupt dazu kam zu fragen, was genau nun eigentlich ihr Plan war, um ihren Verfolger in der riesigen Menschenmenge zu erspähen, rannte der zweite Detektiv schon zu seinem MG, riss an der Wagentür den Arm nach oben und rief in Bobs Richtung: „CSD, wir kommen!"

Die drei Fragezeichen und der ganz normale WahnsinnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt