6. Kapitel

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Ich war mit Kol vors Haus gegangen um ungestört mit ihm zu reden. „Danke", flüsterte ich ihm zu und er sah mich verwirrt an. „Für was?" „Dafür, dass du meine Familie verschont hast. War es so schwer etwas Gutes zu tun?", fragte ich ihn und sofort erwiderte er bissig: „Ich bin nicht der Typ, der Gutes tut." Ich nickte leicht. „Habe ich bereits gemerkt."

Ich verschränkte meine Arme, da mir kalt wurde. „Ich glaube, wir sind hier jetzt fertig. Endgültig", meinte ich bestimmt und war stolz auf mich, es endlich ausgesprochen zu haben. „Ich lebe mein Leben normal weiter und du deines. Wir tun so als wären wir uns nie begegnet." Stumm blickte er mich an. Es machte mich nervös, dass er nichts sagte.

„Es ist vorbei mit uns, Kol. Ich meine, da war sowieso nie etwas richtig zwischen uns." Dies war gelogen, denn ich hatte wirkliche Gefühle für diesen Psycho entwickelt. Aber ich verdrängte meine Gefühle, denn er war böse! Er war ein Vampir! „Du hattest deinen Spaß. Hast mir genug Angst gemacht. Du hast mich genug leiden lassen. Ich finde, dass dies reicht. Du hast schon genug Blut von mir getrunken."

Ich blickte ihm in die Augen, da war nichts. Keine Regung. Kein Gefühl. Noch nie hatte ich mir so sehr gewünscht, die Gedanken eines anderen lesen zu können. Ich wollte wissen, was er dachte! Wie konnte er nur all seine Emotionen so gut verbergen? Ich biss mir auf meine Unterlippe und nickte um meine eigenen Worte zu bestätigen. Diese Stille machte mich echt verrückt!

„Ich geh dann mal", meinte ich als er immer noch nichts erwidert hatte. „Auf nimmer Wiedersehen, Kol Mikaelson." Mit diesen Worten drehte ich mich um und eilte ins Haus. Ich schloss die Haustür hinter mir ab und lehnte mich an sie. Ich atmete tief durch und schloss kurz die Augen. Ich lauschte angestrengt nach Geräuschen draußen. Es war kurz totenstill, dann hörte ich ein Auto anstarrten und wegfahren. Er war weg...

Ich war ihn losgeworden! Ich war endlich wieder frei. Er würde mir nichts mehr antun. Kein Blut mehr von mir trinken. Keine Manipulation mehr. Ich war frei! Ich lächelte voller Triumpf. Ich war einem Vampir entkommen. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte es wirklich geschafft! Ich ignorierte den kleinen Teil in mir, welcher ihm nachtrauerte, der Gefühle für Kol gehegt hatte...

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Ich lag friedlich in meinem Bett und schlief. Ich hatte endlich wieder schöne Träume, doch ich freute mich zu früh, denn auf einmal verwandelte sich mein Traum in einen Albtraum. Dort stand Kol und fuhr wie immer seine Vampirzähne aus. Fauchte mich an und stürzte sich auf mich. Der Traum riss mich sofort aus meinem Schlaf. Ich wollte instinktiv aufschreien, doch da hielt mir jemand den Mund zu.

Es fühlte sich an, als wäre ich in einem Horror Film gelandet. Es war stockdunkel und es lag etwas vor mir auf den Bett. Ich hatte Angst zu erfahren, was da lag. Aber vor was ich am meisten Angst hatte, war die Person, welche mir den Mund zuhielt und mich so am Schreien hinderte.

Ich wimmerte vor Ängstlichkeit und murmelte in die Hand hinein: „Kol?" Die Person gab ihre Hand von meinem Mund weg und lachte hinter mir auf. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinab. Ich bebte vor Furcht. Da war zuerst nur sein Lachen, dann erklang seine Stimme dicht an meinem Ohr: „Richtig erraten, Darling."

Ich rutschte verängstig von ihm weg. Ich stieß bei dem etwas, was auf meinem Bett lag, an und rutschte wieder zurück zu Kol. „Was ist das?", fragte ich verängstigt, während sich meine Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnten und ich eine Silhouette ausmachen konnte. „Besser du fragst, wer das ist", erwiderte Kol bösartig. WER?!! ES WAR EINE PERSON?!!!

Auf meinem Bett lag also eine Leiche. „Wer?", fragte ich mit erstickter Stimme. Wen hatte Kol umgebracht? Er strich mir über meine Wange und ich konnte förmlich sein böses Grinsen hören. Sein schadenfreudiges Lächeln. Ich zuckte vor seiner Berührung nicht weg. Ich wollte eine Antwort! Er beugte sich wieder dicht zu meinem Ohr und flüsterte bedrohlich: „Dein Bruder."

Sofort veränderte sich alles für mich. „Nein!", schrie ich und berührte die Leiche. „Nein..." Tränen fühlten meine Augen. Er war zu jung um zu sterben! Wie konnte Kol nur so etwas tun?! Ich dachte, er würde meine Familie verschonen. Tränen rannen über meine Wangen. Doch nicht Noah! Er durfte nicht tot sein! Ich hatte ihm doch versprochen, dass alles gut werden würde! Dass ihm nichts zustoßen würde!

Ich klammerte mich an den Arm meines Bruders, doch da realisierte ich es erst richtig. Ich betastete den Arm. Das konnte nicht mein Bruder sein. Er fühlte sich nicht so an. Generell fühlte sich der Arm eines Jungen nicht so an. Das war nicht mein Bruder! Ich tastete mich zu dem Kopf der Person. Langes Haar. Erleichtert atmete ich durch und nun kullerten Tränen der Freude über meine Wangen. Noah lebte!

Kol lachte amüsiert auf. „Du Arschloch!", schrie ich ihn an und drehte mich zu seiner finsteren Silhouette um. „Wie konntest du nur?!" Wie hatte er mich nur glauben lassen können, dass es mein Bruder sei? Wie kaltblütig konnte man sein?! Nach langem Lachen, fragte er mich mit mysteriöser Stimme: „Aber wer ist es dann, wenn es nicht dein Bruder ist?"

Angstvoll sah ich wieder zu der Leiche. Es gab nur eine Möglichkeit es herauszufinden. Ich stieg vorsichtig von meinem Bett und tastete mich durch mein Zimmer. Kol stand sofort vor mir und fragte mich eindringlich: „Wo willst du hin?" Kleinlaut antwortete ich: „Ich will das Licht einschalten um zu sehen..." Weiter kam ich nicht, da er schon, mit seiner unmenschlichen Geschwindigkeit, beim Lichtschalter war und ihn betätigte.

Ich kniff augenblicklich bei dem grellen Licht die Augen zusammen. Ich wünschte mir in dem Moment so sehr, dass dies nur ein Traum war. Dass ich gleich aufwachen würde, es Morgen wäre, Kol nicht hier wäre, keine Leiche auf meinem Bett liegen würde... All das wünschte ich mir so sehr, doch meine Wünsche wurden nicht erhört.

Ich öffnete meine Augen, gewöhnte mich an das Licht und erwartete das Schlimmste, als ich zu der Person auf meinem Bett sah. Ich erwartete meine Mom oder Layla... Mir stockte der Atem, als ich die Person sah. Sie war unnormal blass und ihr Blut klebte auf meiner weißen Decke. Ich blickte in das Gesicht der Person, voller Angst, dass es meine Mutter oder meine Ex-Beste-Freundin, welcher ich auch nicht den Tod wünschte, war. Aber es war...

Keiner von beiden. Ich atmete erleichtert durch. Ich kannte die Person nicht. Ich war noch nie so erleichtert gewesen, dass ich eine Person nicht kannte. Es war trotzdem ein Schock für mich eine Leiche zu sehen. Eine wirklich tote Person und das so nahe. Ich hatte sie sogar berührt! Bis jetzt hatte ich nur einmal live tote Menschen gesehen und da sind wir nur an einem Einsatzort der Rettung vorbei gefahren. Damals gab es einen Motorrad Unfall.

„Du bist anscheinend erleichtert, dass du die Person nicht kennst", stellte Kol amüsiert von seinem Werk fest. Ich nickte benommen. Ich starrte immer noch auf die Leiche. Es wirkte so unnormal auf mich. Dies konnte sich doch nicht gerade vor meinen Augen abspielen! „Früher oder später, wirst du die Person aber kennen", fuhr er fort und ich starrte ihn fassungslos an. Meine Emotionen waren vermischt: Trauer, um die tote Person. Angst, um meine Familie. Und Wut, dass er drohte meine Familie oder meine Freunde zu töten!

„Tu das nicht", bettelte ich und er grinste nur. Wie konnte man nur so herzlos sein? „Wir werden schon noch sehen", erwiderte er. Ich schluckte. „Wirst du jetzt gehen? Du hast mir genug Schrecken für eine Nacht beschert und außerdem ist das mein Zimmer!" Er nickte und bestätigte: „Ich werde gehen." Er trat näher zu mir heran. Was wollte er jetzt noch von mir...?

„Aber ich gehe nicht ohne dich." Ich konnte seine Worte noch nicht mal richtig realisieren, da packte er mich auch schon und warf sich zusammen mit mir aus dem Fenster. Ich schrie. Vor Angst-Schock-Schmerz.

Das Glas zerschmetterte. Ich spürte Scherben, welche sich in meine Haut bohrten, mich schnitten. Spürte wie er meine Oberarme schmerzhaft fest gepackt hatte. Ich hörte Stimmen im Haus erklingen. Ich erwartete den harten Aufprall auf der Erde, doch es kam nichts. Kol ließ nicht zu, dass ich auf dem Boden auf prallte. Er hielt mich in seinen Armen und verschwand mit mir in der schwarzen Nacht...

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