17. Kapitel

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Lachend saß ich zusammen mit meiner Mutter, meinem kleinen Bruder und Kol in unserem Wohnzimmer. Ja, mit Kol. Seit einer Woche hatte er nichts Ungewöhnliches gemacht. Seit er in meiner Schule war. Er hatte niemanden ermordet, niemanden manipuliert. Er verhielt sich wie ein normaler Schüler und er war eigentlich recht süß, wenn er so als High School Schüler ein paar Schulbücher trug.

Meine Familie fand Kol auch sympathisch und verbrachte gerne Zeit mit ihm, so auch heute. Dad musste aber arbeiten, weshalb er nicht hier war. Wir lachten nun gerade über eine lustige Geschichte meines Bruders, als das Handy läutete. Ich bekam nur halb mit, wie Mum aufstand und hinüber ging um abzuheben. „Was ist dann passiert? Du konntest dich wohl kaum noch mehr blamieren", meinte ich und er blickte mich ungläubig an.

„Okay, du kannst dich immer mehr blamieren", meinte ich und musste wieder lachen. Er musste ergeben nicken und verteidigte sich dann: „Es war nun mal nicht mein Tag." „Was ist jetzt noch passiert?", fragte Kol ihn und sofort erzählte Noah weiter: „Also ich bin dann zu dem Mädchen rübergegangen und..." Wir verstummten als Mum erstarrt vor uns stand und ins Leere starrte. Tränen schimmerten in ihren Augen. Sofort stand ich besorgt auf. „Mum, was ist passiert?", fragte ich panisch und eilte zu ihr, während Kol und Noah zu ihr aufsahen.

Ich bemerkte wie Mum leicht zitterte und ihr rannen nun Tränen über die Wangen. „Euer Dad...es kam ein Anruf, dass er...", schluchzte sie und ich starrte sie geschockt an. „Nein...", hauchte ich fassungslos. Mum blickte zu mir und nickte verheult. „Er ist tot", ächzte sie und umarmte mich. Ich stand unter Schock, genauso wie mein Bruder. „Das kann nicht wahr sein", murmelte Noah und ich hörte wie auch er den Tränen nahe stand.

Wir hatten alle insgeheim gewusst, dass dieser Tag irgendwann kommen könnte. Polizist zu sein war ein gefährlicher Beruf. Mum löste sich wieder von mir und wandte sich an meinen Bruder. Kol stand auf und ging zu mir. „Das tut mir leid...", entschuldigte er sich und ich schüttelte sofort den Kopf. „Du kannst ja nichts dafür. Ich will...ich will jetzt nur alleine sein", meinte ich schnell und drehte mich von ihm weg. Ich konnte der Trauer nicht mehr länger standhalten und ließ die Tränen zu.

Ich lief in mein Zimmer hinauf, wo ich heulend in mein Bett fiel. Ich konnte nicht glauben, dass mein Vater wirklich tot war. Ich wollte das nicht glauben! Es schmerzte so in meiner Brust, dass ich einen Elternteil verloren hatte. So schnell kann sich alles verändern. So schnell kann man jemanden verlieren. Ich weinte mich in den Schlaf und wurde in jener Nacht von Albträumen geplagt. Aber diesmal glaubte ich, dass Kol sie nicht manipulierte. Es waren einfach nur Albträume. Keine in denen Kol vor kam und seine Psycho Spielchen spielte.

Ich träumte davon, wie mein Dad starb, wie er angeschossen wurde. Schreiend und schweißgebadet erwachte ich in dieser Nacht. Die Nacht darauf war nicht gerade besser. Ich redete mir die ganze Zeit ein, dass es nicht schlimmer werden konnte, doch da hatte ich vollkommen daneben gelegen. Es ging immer schlimmer, denn zwei Tage nach dem Tod meines Vaters, starb auch meine Mutter. Sie hatte einen Autounfall. Vermutlich war sie so sehr in ihrer Trauer versunken gewesen, dass sie nicht richtig auf die Straße geachtet hatte. Es machte alles nur noch schlimmer.

Ich hatte nun nur noch meinen Bruder, doch wir sprachen kaum miteinander. Weil wir beide in unserer Trauer versanken. Wir konnte nicht glauben, dass wir Waisen waren. Zu unserem Glück, war ich schon achtzehn und so mussten wir nicht ins Kinderheim. Natürlich wurde uns von allein Seiten Mitgefühl ausgesprochen. Doch was half uns das? Es brachte unsere Eltern auch nicht zurück! So schnell konnte eine Familie zerstört werden... Wenigstens hatte ich meinen Bruder noch.

Ich war mit dem Verlust mittlerweile sehr vertraut, aber ich konnte mit meiner Trauer nicht richtig umgehen. Ich fing an zu trinken und kam dabei einmal beinahe um...

Ich stand auf unserem Balkon mit einer Flasche Alkohol in der Hand. Ich war schon etwas angetrunken, während ich dort so stand und in den Sternenhimmel hochsah. „Wieso ist das alles passiert?", fragte ich den Himmel. „Wieso ich?", fragte ich und nahm einen großen Schluck aus der stark riechenden Flasche. „Vor einer Woche war noch alles normal gewesen", murmelte ich und starrte nun nach unten, wo jemand stand und mich beobachtete.

„Wer ist da?", rief ich, da ich die Gestalt nur verschwommen sah. „Mary, komm lieber vom Balkon runter", meinte die Gestalt und ich lächelte. Ich erkannte seine Stimme sofort. „Und wenn nicht?", fragte ich betrunken und hielt mich schwankend am Geländer fest. „Mir ist etwas schwindlig", murmelte ich und Kol antwortete von unten: „Das kommt vom Alkohol. Dein Körper ist so viel nicht gewohnt. Hör lieber auf zu trinken."

Ich blickte ihn beleidigt an, während ich die Flasche umklammerte. „Du kannst mir gar nichts vorschreiben!", rief ich und nahm noch einen kräftigen Schluck. Ich konnte jetzt kaum noch stehen. Die Flasche rutschte mir aus meiner Hand und fiel zu Boden. Sie zerbrach, während ich mich fest ans Gelände klammerte. „Mir geht's gut", jaulte ich und lehnte mich etwas vor. „Mir ging es noch nie besser", meinte ich. „Mary, tritt vom Geländer zurück. Das ist gefährlich", rief er zu mir hoch, doch ich hörte nicht auf ihn.

„Ich werde schon nicht fallen...", meinte ich und lachte, doch plötzlich lehnte ich mich zu weit vor. Ich schrie auf, als ich mich überschlug und über das Geländer hinunter fiel. Der Fall fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Als würde ich in Zeitlupe fallen. Ich würde jetzt sterben. Ich würde meinen Eltern in den Tod folgen. Das war mein einziger Gedanken bei dem Fall. Ich erwartete den Aufprall. Ich hatte mich gewappnet zu sterben, da wurde ich plötzlich von Kol aufgefangen.

„Was habe ich gesagt?", fragte er mich grinsend und ich blickte ihn erschrocken an. Er hatte mich vor dem Tod gerettet. „Wieso hast du mich nicht sterben lassen?", fragte ich benommen, während ich ihm in seine braunen Augen starrte. Er blickte mich mit einem eigenartigen Blick an. Wir waren wie gebannt und gefesselt von den Augen desjeweils anderen. Unsere Gesichter waren nicht sehr weit von einander entfernt. Ich war kurz davor ihn zu küssen, doch da erklang von drinnen ein Geräusch.

„Was war das?", fragte ich und wusste nicht, ob ich mir das klirren drinnen eingebildet hatte. In Vampirgeschwindigkeit brachte er mich nach drinnen in die Küche und er stellte mich dort vorsichtig am Boden ab. „Oh Gott", murmelte ich und wollte auf meinen Bruder zu stürmen, doch fiel sogleich zu Boden. Ich hatte wirklich zu viel getrunken. „NEIN!", schrie ich und betrachtete das Messer, welches er sich selbst hineingejagt hatte.

„Nein..." Ich rutschte auf dem Boden zu ihm. Mit zitternder Hand zog ich ihm das Messer heraus. „Nein, nein, nein...", murmelte ich. Neben ihm am Boden lag eine zerbrochene Schüssel, welche wir gehört hatten. Er musste sie versehentlich heruntergeschmissen haben, als... „Wach auf", jammerte ich und hielt seine blutende Wunde zu. „Kol, heile ihn!", schrie ich und blickte zu ihm voller Verzweiflung auf. Meine Sicht war Tränen verschmiert.

Kol stand erstarrt da und murmelte: „Es ist zu spät..." Er hatte Recht. Die Wunde war viel zu nahe beim Herzen. Er atmete außerdem nicht mehr. Aber es durfte nicht zu spät sein! Ich konnte ihn nicht auch noch verlieren. Wieso verlor ich nur alle die ich liebte? Innerhalb einer Woche hatte ich alle verloren. Mein Vater wurde erschossen, meine Mutter hatte einen Autounfall und mein Bruder... Er... „Das war Selbstmord", stellte Kol fest und ich schüttelte energisch den Kopf.

„Nein, das würde er nicht tun!", schrie ich. „Er ist nicht mit der ganzen Trauer klargekommen", erwiderte Kol und hockte sich neben mich auf den Boden. „Das kann er mir nicht antun!", schrie ich und klammerte mich nun an Kol. Ich brauchte Halt. Ich heulte nun in sein T-Shirt. „Das kann nicht wahr sein... Sag mir, dass ich nur träume. Sag, mir dass das nicht wirklich passiert!" Aber ich wusste, dass ich nicht träumte. Dass dies die grausame Realität war...

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Sorry, dass so lange nichts gekommen ist. Ich bin einfach nicht weitergekommen, doch jetzt bin ich wieder im Schreibfluss. Das nächste Kapitel sollte schon bald fertig sein...

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