Kapitel 22

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Während ich noch mit geschlossenen Augen dastehe, fängt Lilly schon wieder an zu plappern. Sie ist heute so hibbelig, wie man es sich fast nicht vorstellen kann, aber obwohl es ein bisschen nervt, merke ich, wie auch mich die kribbelnde Freude durchfährt. Ich lasse Sams Hand los, hake mich links bei Lilly und rechts bei Helena unter und ziehe sie zum Gepäckband. Schnell sind unsere Koffer da und es geht los.

Corfu ist eine Insel, auf der es viele ,,Geheimtipps'' zum Urlaub machen gibt. In einem der kleinen Dörfer, Agios Georgios, wo auch meine Familie früher gewohnt hat, steht das Haus von Helenas Familie. Es ist für griechische Verhältnisse ziemlich groß, mit einem Garten voller Obstbäume. Ein Teil der Wiese ist von einem Gerüst beschattet, an dem sich Weintrauben ranken. Daran sind ein paar Hängematten befestigt, die darunter geschützt im Schatten liegen. Es sieht alles noch so aus wie vor sechs Jahren. Ich erinnere mich gut an die Nachmittage, die Helena und ich damit verbracht haben, auf das Gerüst zu klettern und dort oben Weintrauben zu pflücken und zu essen. Wir mussten immer aufpassen, dass ihre Eltern uns nicht erwischten, weil sie ständig Angst hatten, dass wir irgendwann herunterfallen würden. Es war aber nie etwas passiert.

Ich lächele und laufe den Anderen hinterher, die sich schon dem Haus zugewandt haben und über die Verteilung der Zimmer diskutieren. Letztendlich beschließen wir, dass Helena, Lilly und ich in Helenas Zimmer schlafen werden, während die Jungs sich auf Gäste- und Elternschlafzimmer aufteilen.

Nachdem wir unsere Sachen abgestellt haben, zeigen Helena, Iliás und ich dem Rest mal die Gegend. Den einzigen Supermarkt, den kleinen Tante-Emma-Laden an der Ecke, die beiden Hotelanlagen für Touristen und letztendlich natürlich den Strand. Es ist Mittag und der Sand glüht vor Hitze. Fast niemand ist zu sehen, alle halten jetzt während der heißensten Stunden des Tages Mittagsruhe und entspannen im Schatten. Was wir vielleicht auch tun sollten, damit Sam und die Anderen nicht gleich Sonnenbrand und Hitzschlag bekommen. Bei Iliás, Helena und mir besteht da eher weniger Gefahr, aber auch ich hätte jetzt nichts dagegen, mich in eine der Hängematten bei Helena zu legen und ein bisschen was zu essen. Mein Bauch knurrt schon, seit wir aus dem Flugzeug gestiegen sind.

,,Hey, wollen wir nicht erstmal zurückgehen und was essen oder so?'', frage ich also laut. ,,Schwimmen können wir auch noch später und ich hätte wirklich Lust auf ein paar Stücke eisgekühlter Wassermelone...''

Mein Vorschlag findet Zustimmung und so gehen wir kurz darauf zurück zum Haus. Ich gehe voraus in die Küche, Helena und Sam folgen mir sofort. Den Rest schicke ich schon mal nach draußen, da wir uns zu siebt in der Küche wohl nur auf die Füße treten würden. Zu dritt geht es jedoch gut und so waschen wir Obst und verteilen es geschnitten auf ein paar Teller. Als Helena sich die ersten schnappt, stößt sie mit Sam zusammen, der sich im selben Moment umdreht. Einer der Teller landet laut klirrend auf dem Parkett und die Weintrauben, die darauf lagen, verteilen sich über den Boden.

,,Mensch, pass doch auf!'', fährt Helena Sam unfreundlich an. ,,Ungeschickter geht's ja wohl nicht.''

Sie verdreht die Augen und fängt an, die Scherben einzusammeln. Sam geht neben ihr in die Hocke und will ihr helfen, doch sie schiebt ihn nur weg.

,,Das kann ich jetzt schon alleine machen'', raunzt sie.

,,Okay...''

Sam scheint etwas überrascht über ihre Reaktion. Ich bin es übrigens auch. Was hat Helena denn heute gebissen? Immer noch leicht verwirrt nehme ich die restlichen Teller und folge ihr schulterzuckend nach draußen. Die wird sich schon wieder abregen.

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