4 - my nightmare

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D

Scheiße, ich wurde in mittlerweile schon drei Tagen entlassen und war jetzt einfach wieder hinten.
Auf der Geschlossenen.
Für eine Nacht.
Dieser Kältebrand von Max hatte mich nämlich mies getriggert, so sehr, dass ich immer noch in autoaggressiver Stimmung war.
Und jetzt hatte ich hier nichts, außer einen Stift und einen Block.
Mein anderes Zeug war noch vorne.
Ich seufzte und setzte mich an den kleinen Schreibtisch, wo ich wahllos irgendwas zeichnete.
Ich hasste es, Menschen zu zeichnen, also zeichnete ich einen Elefanten.
Dieser wurde allerdings ziemlich hässlich, also zerriss ich das Papier und warf meinen Stift darauf, bevor ich wieder ins Wohnzimmer ging und mich dort auf die Couch fallen ließ.
Ich starrte auf den ausgeschalteten Fernseher, der sowieso nur an war, wenn die Mädchen DSDS schauen wollten.
Ich sah mich um.
Ich war hier echt lange nicht mehr gewesen, und die 'Stammgäste' hatten hier umdekoriert.
Sah eigentlich ganz nett aus, sie hatten überall kleine Post-Its verteilt, auf denen postive Sprüche und Gedanken standen.
So was wie "Du bist genug wert", "Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird", und so weiter.
Alles in Schönschrift geschrieben.
Hier waren teilweise echt liebe Mädchen, aber die nahmen mich irgendwie nicht an.
Ich war denen wahrscheinlich nicht brav genug.
Ich seufzte und hörte einen Schlüssel, der sich im Schloss drehte.
Verwirrt sah ich zur Tür, die kurz darauf auf ging und beobachtete die Pfleger, die gerade eine Neuaufnahme herein brachten.
Ein Mädchen, was auch sonst.
Sie sah gar nicht so schlimm und abgefuckt aus wie die anderen.
Normalerweise waren Neuaufnahmen gottlos verheult.
Sie war zwar nicht allzu glücklich, aber sie sah einfach neutral aus.
Sie setzte sich neben mich.
"Hey", sagte ich leise.
"Hi", antwortete sie.
Ich würde sie gerne fragen, wie es ihr ging oder wie ihr Tag war, aber das wäre schon hart unnötig.
Ich war in der geschlossenen Psychiatrie.
"Wie lange bist du schon hier?", fragte sie mich.
Ich lachte leise.
"Sieben Monate."
"Ach du Scheiße", rutschte es ihr raus, "darf ich fragen warum?"
"Richterlicher Beschluss, plus meine Eltern hassen mich."
"Oh je... wie ist es, so lange hier zu sein?"
"Irgendwann gewöhnt man sich daran. Auch wenn ich gerade lieber zuhause wäre, aber bin ich sowieso in drei Tagen, wenn ich jetzt keine Scheiße mehr mache."
"Was denn für Scheiße?"
Ich erhaschte einen Blick auf ihre durch ihr Shirt entblößten Arme.
Nicht eine Narbe, wow.
Sah man echt selten hier.
"Keine Ahnung", murmelte ich trotzdem.
Ich wollte nicht in den ersten dreißig Sekunden unseres Gesprächs verurteilt werden.
"Warum hast du 'nen Pulli an, ist doch voll warm..."
"Ja, ist warm", murmelte ich, "außerdem bist du in der Psychiatrie. Was erwartest du."
"Ritzen sich hier alle?"
"Ich würde dir empfehlen, dieses Wort nicht zu benutzen. Aber ja, fast alle."
"Oh, wow... wo bin ich denn hier gelandet."
Ich zog die Augenbrauen hoch.
"Warum bist du hier?", fragte ich.
So provokant, wie sie war, durfte ich mir erlauben, ein Mal zurück zu provozieren.
"Meine Eltern hassen mich. Nur wegen 'nen verfickten positiven Drogentest."
"Was für Drogen?", fragte ich neugierig.
"Ich war positiv auf Opiate."
"Nimmst du sonst irgendwas?"
"Warum willst du das wissen?"
"Dachte, vielleicht... naja... können wir zusammen was nehmen", sagte ich, so leise ich konnte und blickte mich paranoid um.
"Ich nehme nur Downer."
"Ja, dachte ich mir schon."
"Was willst du denn nehmen?"
Wollte ich denn überhaupt was nehmen?
"Weiß ich noch nicht", redete ich mich raus, "worauf hättest du denn Bock?"
"Willst du Lean sippen? Daran komm' ich ziemlich easy."
Ich schluckte.
Ein Drogentest und ich wäre wieder hier.
"Okay... du bleibst nicht all zu lange hier, oder?"
"Nur bis morgen."
"Nicht ausrasten, egal was passiert, okay? Sonst kommst du nicht morgen raus, sondern", ich lachte leise, "in sieben Monaten."
"Was?"
"Nicht ausrasten", wiederholte ich, "warte hier."
Ich schrieb meine Nummer auf das Stück meiner Zeichnung und ging zurück zur Couch, um dem Mädchen den Zettel zu geben.
"Wie heißt du überhaupt?", fragte ich sie.
"Nina, du?"
"Deniz. Kannst mich Den nennen."

codeine (bittersüße vodkaküsse 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt