11 - politisch korrekt

105 6 0
                                    

N

Mit etwas zitternden Händen machte er seine Fanta zu Lean, drehte die Flasche ein mal um und trank einen großen Schluck.
Er gab mir das Fläschchen wieder.
"Ich kann endlich wieder ins Gym gehen... hab' mies zugenommen und Muskeln abgebaut, als ich drin war."
"Ist doch schön, du bist jetzt frei", lächelte ich ihn an.
Er nickte und nahm einen weiteren großen Schluck.
Ich schüttete das Codein in meine Fanta und nahm ebenfalls einen Schluck.
Er warf eine Musikbox neben mich.
"Verbind' dich ruhig."
Ich grinste und machte meine zwei Lieblingsrapper an.
Herzog und PTK.
Politisch korrekt.
"Let's go", grinste er und rappte den ersten Verse mit.
Ich grinste ebenfalls.
Nach dem, was er mir erzählt hatte, dachte ich eigentlich, er hörte nur Emo-Musik, aber dass er Herzog feierte, das hätte ich nicht erwartet.
"Wollen wir einen rauchen?", grinste er und ich nickte zustimmend.
Er ging zu seinem Kleiderschrank und hob eine Platte, die anscheinend der Boden war, heraus.
Dann warf er eine riesige Ziplock-Tüte voller Gras auf mich.
Meine Augen wurden groß.
"Woher das Geld?"
"Hab früher immer meine Eltern beklaut", seufzte er, "aber ich bin nicht stolz drauf. Dann wurde ich als Notfall eingewiesen. Das Zeug ist halt sieben Monate alt, aber es war extrem stark und überzüchtet, also ist es jetzt normal, i guess."
"Krass."
"Wenigstens ist es nicht mehr so harzig wie vor sieben Monaten", grinste er und nahm locker ein Gramm raus, packte dieses in seinen Grinder und machte das Weed klein.
Ich nahm Longpapes mit Tips aus meinem Rucksack.
"Rauchst du pur?", fragte ich.
Er grinste mich an.
"Normal. Ich rauche keinen Tabak mehr."
Ich lachte leise.
"Ja, ergibt Sinn. Ich mag auch den Geschmack von Tabak überhaupt nicht."
"Ja, dann is' ja gut."
Er gab mir den Grinder und während ich einen Blunt baute, ging er zurück zu seinem Schrank.
"Heilige Scheiße", murmelte er und nahm einen Blister aus dem Schrank, bevor er den Boden zurück in den Schrank legte.
"Zeig mal."
Er warf den Blister auf mich.
Oxycodon.
"Holy shit, das hat mein Dad mit vierzehn genommen und damit sein Leben ruiniert."
"Krass, dein Dad nimmt Drogen?"
"Schon lange nicht mehr. Und meine Mum war Heroinsüchtig."
"Holy shit... Meine Eltern haben noch nie Drogen genommen, das schlimmste, was sie machen, ist mal am Abend ein Glas Wein oder so. Ich bin der erste aus meiner Familie, der... naja, abgestürzt ist."
"Mein Opa ist mit sechzehn an 'ner Überdosis Speed gestorben. Und meine Oma war fast siebzehn Jahre Heroinsüchtig, aber sie hat's rausgeschafft."
"Holy shit", wiederholte er, "sorry, aber ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll."
Ich schmunzelte.
"Du musst dazu nichts sagen, Den."
Er nahm noch einen Schluck.
Ich warf einen kleinen Blick auf seine Arme.
"Scheiße", rutschte es mir raus.
"Was?", fragte er verwirrt.
"Sorry, das war über deine Arme."
"Alles gut", seufzte er, "ich hab's seit sechs Monaten nicht mehr gemacht. Auch wenn ich vor drei Tagen kurz davor war, als mein scheiß Zimmernachbar sich... naja... massakriert hat."
"Massakrieren darf man sagen, aber Ritzen nicht, oder wie?"
Er seufzte.
"Beides uncool, aber mir ist nichts passenderes eingefallen. Außerdem hat er sich nicht selbst verletzt."
"Was denn dann?"
Jetzt war ich verwirrt.
"Er hat versucht, sich umzubringen, Nina. Hab' ich dir eigentlich geschrieben..."
"Echt? Man stirbt, wenn man sich die Pulsadern aufschneidet?"
"Ja."
Ich seufzte.
"Sorry."
"Ja, passt schon...", murmelte er.
"Den?"
Er nahm noch einen Schluck und sah hoch.
Jetzt war ich auf Drogen.
Ich traute mich.
"Ich mag dich...", sagte ich leise.
"Geht das nicht... naja... ein bisschen schnell? Ich mein' damit... bist du dir sicher?"
"Bei mir geht sowas ziemlich schnell", murmelte ich in mich rein.
Ich schluckte und sah ihn an.
Er lächelte.
"Das ist nicht schlimm, Nina. Ich mag dich auch... zumindest ein bisschen. Das wird schon noch."
Ich schluckte erneut und rutschte ein Stück zu ihm, um meinen Kopf auf seine Schulter zu legen.
Er rutschte noch näher zu mir, um die letzten Millimeter zwischen uns zu überwinden.
Dann legte er einen Arm um mich und kraulte meinen Kopf.
Holy Shit, er war viel zu süß...

codeine (bittersüße vodkaküsse 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt