Kapitel 22

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Philip

Philip war 13 Stunden durchgefahren, bis auf ein paar Stopps zum Tanken. Er hatte unterwegs Kaffee und Energie-Drinks in sich hineingeschüttet, ein paar Sandwiches verdrückt. Endlich hatte er die Villa erreicht. Er war selbst in einem sehr luxuriösen Umfeld aufgewachsen, aber dieses Anwesen sprengte alle seine Vorstellungen. Hier lebte Annika-Bella also!

Am Tor hielt ihn ein Bär von Mann auf, die Pistole dezent unter dem Sakko verborgen.

Philip war groggy, fix und alle, nannte sein Anliegen. Eine Weile später wurde das Tor geöffnet, er durfte zum Haus vorfahren. Ein zweiter Sicherheitsmann nahm ihn in Empfang, führte ihn durch das riesige Haus in ein riesiges Wohnzimmer. Er bot ihm Kaffee oder Wasser an, Philip lehnte beides dankend ab.
„Eine Toilette wäre nett!" erklärte er.

Der Wachmann ging ihm voraus einen langen Gang entlang, öffnete eine Türe für ihn. Die Gästetoilette hatte die Ausmaße seines Luxusbades zu Hause.
Nachdem er sich erleichtert und etwas frischgemacht hatte, folgte er dem schweigenden Hünen wieder in den Wohnraum.

Dann konnte er nicht mehr länger warten
„Geht es Annika gut?" stieß er hervor.
Der Mann lächelte doch tatsächlich. „Ja! Beiden geht es wieder gut!" antwortet er. „Gott sei Dank!"

Da öffnete sich die Türe, herein kam ein Mann im Rollstuhl, dessen Gesicht deutlich sichtbare Brandnarben verunstaltete, dessen Augen aber glücklich strahlten.

Hinter ihm betrat Annika den Raum, schön wie eine Göttin, vertraut und doch fremd.
So hat sie bei mir nicht ausgesehen! dachte Philip. So hat sie nicht geleuchtet!

Sie lief auf ihn zu, umarmte ihn. „Danke, dass du gekommen bist!" sagte sie leise.
„Ich danke Ihnen auch!" sagte der fremde Mann, der Annikas Mann war. Der sie wohl so zum Leuchten gebracht hatte, den sie liebte, der sie liebte – trotz allem, von dem er nichts wusste, das er aber erahnen konnte . Das alles war Philip innerhalb von Sekunden klar.
„Ja! Okay!" stammelte er. „Ich, ich brauche ein paar Antworten! Und sie hat sie mir versprochen!" Er war froh, seine Sprache wieder gefunden zu haben.

Philip, Annika und Felix

„Sollen wir erzählen, oder willst du fragen?" wollte Annika wissen, nachdem sie sich auf der Sitzgruppe niedergelassen hatten.

„Erzählt ihr mal! Fragen kann ich dann immer noch!" antwortete Philip.

Und so sprachen die beiden über ihr Kennenlernen, die Hochzeit, den verhängnisvollen Geburtstag, die Jahre nach dem Unfall.
Felix war dem Fremden gegenüber gnadenlos ehrlich. Manche Träne verließ das eine und auch andere Auge.

Danach saßen alle drei emotionell erschöpft nebeneinander.

Julio, der viel ahnte, was hinter dieser Türe gesprochen wurde, brachte eine Flasche Wein, drei Gläser und eine Käseplatte.
Sie aßen und tranken schweigend, hingen ihren Gedanken nach.

Philip begann als erster zu sprechen. „Das klingt nach einer verdammt ernsten Love-Story!"

Felix und Annika lachten befreit. Das Eis war gebrochen.

Felix musterte Philip eindringlich. Sie hätte ihn haben können, den gutaussehenden jungen Mann. Den gesunden Mann! Der humorvoll und intelligent zu sein schien, und der auch Geld zu haben schien, das teure Auto, die Luxusuhr – und die Klamotten stammten auch nicht gerade aus einem Billigladen.

Aber sie war zu ihm zurückgekommen – und nicht nur aus Angst, das wusste er.

Laut sprach er seine Gedanken aus: „Du wärst gut für sie gewesen! Aber sie wollte mich – aus welchem Grund auch immer!"

Wahrheit oder TraumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt