Kapitel 62

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Eigentlich hatten Felix und Annika ja vorgehabt, nach vier Tagen weiterzuziehen, damit Philip und Fabienne noch ein paar Tage seiner freien Woche für sich hatten.

Doch Philip nahm Felix zur Seite. „Weißt du, ich schätze eure Feinfühligkeit schon, aber Fabienne und ich, wir werden wohl noch einige freie Tage zusammen haben. Aber ihr seid nicht so oft hier! Es würde uns beide freuen, wenn ihr noch bleiben würdet."

Felix nahm ihn in die Arme, den Freund, der ihm sein Mädchen gelassen hatte, der ihre Liebe wieder aufgeweckt hatte. Er hatte beide so sehr in sein Herz geschlossen, dass er natürlich jeden gemeinsamen Tag genießen würde - wie auch Annika, da war er sicher.

Drei Tage würden ihnen noch bleiben. Sie besuchten Philips Eltern, er musste mit Rebekka über Tom sprechen. Kurz bevor sie an dem Haus ankamen, fragte Fabienne: „Soll ich mit ihr sprechen? Ich wäre neutraler als du!"

Philip sah sie wieder einmal bewundernd an. „Das würdest du tun? Ja, das wäre natürlich toll!"

Sie bat seine ältere Schwester nach einer wie immer lautstarken allgemeinen Begrüßung auf die Terrasse.

„Liebst du diesen Tom? Bist du verliebt? Ich meine planst du eine gemeinsame Zukunft mit ihm?" sprach sie gleich Klartext.

Rebekka wunderte sich ein wenig über die Formulierung „diesen Tom".
„Ja! Ich meine, wir sind schon ein Jahr zusammen. Da blitzt es nicht mehr so, wie bei euch beiden! Aber es ist schon okay! Wir kommen gut miteinander aus!" antwortete sie und merkte im selben Augenblick, wie schal diese Worte klangen.

Fabienne sah an ihrem Gesichtsausdruck, dass sie eigentlich gar nicht mehr zu sagen bräuchte.
„Du bist ein ausnehmend hübsches kluges Mädchen! Du bist 22! Lebe dein Leben, Rebekka, und knall den Typen in die Tüte!" Dann erzählte sie von Philips Auseinandersetzung mit Tom im Club.

Rebekka lächelte sie dankbar an. Eigentlich hatte sie ja ein Auge auf einen jungen Mitarbeiter ihres Vaters geworfen, den sie bei einer Art Praktikum getroffen hatte.

Er hatte sie auch höchst interessiert gemustert.
Aber sie hatte sich eingeredet, sie könnte dem armen Tom nicht das Herz brechen! Aber, wenn die Dinge so lagen, war ja alles bestens! Sie würde wieder einmal bei Dad in der Firma vorbeischauen!
Sie nahm die kleine Französin in die Arme. „Danke, Schwester Nummer drei!" sagte sie gutgelaunt.

Arm in Arm gingen sie zurück, und Philip ahnte, dass seine Freundin die richtigen Worte gefunden hatte – wieder einmal!

Danach schlenderten sie durch den Park, um die Adjanis zu besuchen, die ihnen glückstrahlend entgegen kamen.
Birgit kochte Kaffee und servierte selbstgebackenen Kuchen.

Man sah allen dreien an, dass es ihnen mehr als gut ging. Patrique erzählte, dass er in zwei Wochen, wenn alle seine Papiere in Ordnung waren, eine Stelle im Unternehmen von Bergen antreten konnte. Zuerst als Fahrer und Mädchen für alles, alles weitere würde sich ergeben.

Bertrand, dessen Augen den schwermütigen Blick ganz und gar verloren hatten, berichtete begeistert, dass ihn eine Frau Professor Dr. Vangerow persönlich angerufen hatte, um ihm mitzuteilen, dass er schon in diesem Semester einen Studienplatz bekommen konnte.

Birgit hatte einen Anruf von einem Fachverlag in München bekommen. Sie suchten dringend eine Übersetzerin für naturwissenschaftliche Werke, mit Festanstellung.

Da läutete Bernards Handy. Sofort meldete er sich. „Allo, Lorá!" Er verschluckte die H's etwas mehr als Fabienne, weil er in den beiden Jahre im Gefängnis nur Französisch gesprochen hatte. „Laura" sprach er auch in seiner Sprache aus.
„Ah Oui! Gerne!" Er lächelte. „Bis dann!"

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