2. Dezember

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⭐ C A S P A R ⭐

Ich hasste Weihnachten. Ich hasste Weihnachten, weil ich diese bescheuerte, Wir-tun-so-als-würde-sich-jeder-lieb-haben-Politik an diesem Tag nicht verstehen konnte. Nein, ich war eigentlich kein Menschenfeind, aber um die Weihnachtszeit herum, wurde ich einer.

Ich kam aus einer reichen Familie, ich hatte immer alles was ich brauchte, tatsächlich meistens auch noch weit darüber hinaus. Das machte mich zu einer weniger guten Person, die sehr von sich eingenommen war.

Tatsächlich war es bei mir so, dass meine beiden Elternteile berufstätig waren. Mein Vater hatte seine Firma und meine Mutter war Anwältin und sie waren beide gefühlt nie zu Hause. Ich denke, ich kannte meine Nanny besser, als meine eigene Familie.

Weihnachten war bei uns hektisch und überaus kompliziert. Mein Vater wollte groß feiern, meine Mutter war dagegen. Über das Essen stritt man sich, wie auch über die Personen, die wir besuchen mussten.

Das Fest, das eigentlich besinnlich werden sollte, war für mich eher das Gegenteil. Natürlich bekam ich viele Geschenke, aber etwas damit anfangen konnte ich nie.

Ich war ich ein Draufgänger, kam schnell in Kontakt mit unterschiedlichsten Drogen und Alkohol, ich wollte mich beweisen und außerdem zeigen, wie toll ich nicht war. Schließlich hatten meine Erziehungsberechtigten nie Zeit für mich, also nahm ich mir einfach Zeit für die falschen Freunde.

Mindestens einmal die Woche hatte ich mich mit Jugendlichen geprügelt, die durchaus älter waren als ich und mehr Alkohol konsumiert, als gut für mich war. Die Auswirkungen merkte ich bis heute.

Ich war, nachdem ich die Schule mehr oder weniger gut beendet hatte, ausgezogen. Danach wusste ich erst einmal nichts mit mir anzufangen.

Mein Vater bot mir dann, nachdem ich auch eine Zeit lang in Behandlung war, seine Firma an. Wahrscheinlich dachte er nach der Therapie, dass ich jetzt ein vernünftiger Mann geworden war. Es hatte mich aber schon immer interessiert, mit Häusern und Wohnungen zu arbeiten, also sagte ich zu.

Er war Vermieter und damit ich Geld verdienen konnte, stieg ich in das Geschäft ein. Meine Arbeit war es nun, Häuser und Wohnungen an die Menschen zu bringen und nebenbei auch das Geld einzusacken.

Man verdiente nicht einmal so schlecht. Ich machte dann, ein paar Jahre später noch weitere Fortbildungen, sodass man mich heute mit einem Immobilienmakler gleichsetzen konnte.

Der Beruf wurde über die Jahre zu etwas Beständigem in meinem Leben. Ich fand es spannend, jeden Tag andere Häuser und Wohnungen zu begutachten und Preise aufzusetzen. Auch wenn mich manchmal der Kontakt mit Menschen ein wenig störte, so wurde ich, je älter und erfahrener ich wurde, geschickter mit meinem sozialen Umfeld.

Heute war ich zufrieden mit dem, was ich machte. Ich verdiente gut und besaß außerdem ein großes Apartment. Ich hatte immer genug zu Essen und konnte mir alles leisten, das ich sonst noch zum Leben brauchte.

Es war kurz vor sieben Uhr, als ich in eine kleine Seitenstraße einbog, in der sich meine Arbeitsstelle befand. Ich hatte mir dort ein Büro eingerichtet und außerdem stellte ich zwei Angestellte ein, die mir bei der Arbeit halfen.

Mein Vater wollte die Firma noch weiter vergrößern, aber ich fand es im Moment gut, so wie es war. Ich wollte das Glück nicht herausfordern, wenn alles so lief, wie es sollte.

Ich wusste, dass ich ebenso von zu Hause arbeiten konnte, aber ich fand es besser, wenn die Arbeit und das Private getrennt waren und durch meine Arbeiter wurde mir auch einiges abgenommen.

„Guten Morgen, Boss!", Leon grinste mich an, als ich durch die Tür trat und ich nickte ihm zu. Er war eindeutig zu gut gelaunt. Was auch immer dieses Mal der Grund war. Ich hatte in dem letzten Jahr so viel aus seinem Leben mitbekommen, weil er einfach alles mitteilen musste, dass ich mich fühlte, wie ein großer Bruder und kein Chef.

Love is Christmas [manxman]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt