4. Dezember

131 15 0
                                    

C A S P A R ⭐

Ich fühlte mich schlecht. Es war Sonntag und ich lag auf der Couch herum. Am Wochenende erstellte ich mir meist einen Plan, was ich die ganze Woche noch zu erledigen hatte. Sowohl beruflich, als auch privat.

Heute hatte ich es nicht weit geschafft. Ich hatte nicht gut geschlafen und war dann höchstens auf die Toilette oder eben zur Couch in meinem Wohnzimmer gegangen, um mich dort zusammenzurollen wie ein Wurm.

Vor mir auf dem Tisch stand ein Glas mit Sprudelwasser. Die Hälfte daraus fehlte. Ich könnte mir einen Film anschauen, oder etwas arbeiten. Aber irgendwie konnte ich mich zu nichts aufraffen.

Immer wieder sah ich sein Gesicht vor mir. Sein Gesicht, das zuerst ganz verdutzt drein geschaut hatte, als ich vor seiner Tür stand. Dann wurde es zunehmend verzweifelter und wütender.

Ich wusste durch meine Recherchen, dass er Mael hieß. Mael Rickler. Er wohnte seit einem halben Jahr in der Wohnung, die er gemietet hatte. Die Wohnung, die jetzt nicht mehr seine war.

Schon morgen würde eine neue Mieterin einziehen, weil ich nachgegeben hatte. Ich wusste, dass ich meinem Vater die Stirn bieten könnte. Und gleichzeitig war ich zu feige dafür. Ich war mir auch ziemlich sicher, über seine Machenschaften, die er über die Jahre getrieben hatte. Ich wusste sogar mehr, als ich eigentlich wissen sollte.

Aber gleichzeitig war ich noch immer der verkorkste, ängstliche und vollkommen überforderte Teenager, der ich vermutlich für immer sein würde. Der, der damals verzweifelt gewesen war und seinem Vater alles erzählt hatte. Und ich hätte es doch erkennen müssen, dass mein Erziehungsberechtigter immer auf seinen eigenen Vorteil aus war.

Er hatte mich zwar aus der Sache herausgeboxt, aber gleichzeitig auch den Meilenstein für seine Manipulation gelegt. Meine Mutter hatte davon wenig mitbekommen. Sie hat Vollzeit gearbeitet und auch wenn sie Zeit für mich hatte, war es doch so, als würde sie geradewegs durch mich hindurch sehen und nur an die Arbeit denken.

Als mein Handy klingelte, fuhr ich zusammen. Ich tastete auf der Couch herum, bis ich es unter einem hellblauen Polster fand.

„Ja?", machte ich und setzte mich auf.

„Hey Caspar, hier spricht Miranda. Bist du zu Hause?", fragte meine Angestellte fröhlich. Eindeutig zu fröhlich, in meinen Augen.

„Ja, brauchst du irgendetwas wegen der neuen Immobilien?", erkundigte ich mich. Schließlich fiel mir kein besserer Grund ein, weshalb sie sonst anrief. Meine Mitarbeiterin kontaktierte mich öfter in ihrer freien Zeit, wenn sie sich nicht genau auskannte oder es mit ihrem Laptop ein Problem gab.

„Nein, ich war gerade bei meinen Eltern und dein Apartment liegt gleich um die Ecke. Deshalb wollte ich fragen, ob du mit mir auf den Weihnachtsmarkt gehen willst...", plauderte die Frau.

„Äh...", machte ich, nicht sonderlich einfallsreich. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte.

War das so ein Ding, das Chef und Angestellte private Ausflüge machten? Ich konnte es mir nicht vorstellen. Aber gleichzeitig wusste ich, dass mich meine beiden Mitarbeiter eher als Freund sahen. Das hatte auch damit zu tun, dass wir alle fast im gleichen Alter waren.

„Ach komm, du kannst morgen auch arbeiten! Weihnachten ist nur einmal im Jahr und Weihnachtsmärkte gibt es auch nur ein paar Wochen...", sagte Miranda.

Sie wusste natürlich nicht davon, dass ich den halben Tag nichts gemacht hatte, weil ich mich schlecht gefühlt hatte. Ich hätte meinem Vater die Stirn bieten sollen. Schließlich war ich 24 Jahre alt und führe eine Firma. Da konnte ich wohl meinem Erzeuger widersprechen. Und Susanne konnte sich wohl auch andere Wohnungen leisten. Ihre Eltern verdienten beide genügend Geld, um ihr nicht nur die Wohnung finanzieren zu können.

Love is Christmas [manxman]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt