6. Dezember

674 91 27
                                    

Rodja Frost aka Väterchen Frost, Yurij Frost, Emma Frost aus Väterchen Frost in Nöten

„Papa!"

Rodja Frost, der sich gerade über eine Maschine beugte, hob erstaunt seinen Kopf. Sein Sohn kam in die Werkstatt gestampft und wirkte so empört, wie es ein Achtjähriger nur sein kann. Er nahm einen Lappen und wischte sich die Hände sauber.

„Was ist los, Yurij? Ist etwas mit Mama?"

Yurij blickte finster drein und setzte sich auf einen Stuhl.

„Mit Mama ist alles in Ordnung. Sie hat Ilja und Artemij gerade zum Schlafen gebracht und hat sich selbst auf die Couch gelegt, um auszuruhen.

Rodja atmete erleichtert aus. Seit Emma wieder schwanger war, fiel ihr alles schwerer und die Zwillinge machten es ihr nicht gerade leicht. Eigentlich sollte Rodja bei ihr sein, aber es waren nur noch wenige Tage bis seine Familie und er zum Nordpol gingen, um das westliche Weihnachtsfest zu feiern. Bis dahin musste er sich mit seinen eigenen Vorbereitungen beeilen. Wenigstens versuchte er sich immer Zeit zu nehmen. Heute war es aber unmöglich gewesen.

Er nickte seinen Helfern zu und wandte sich wieder seinem Sohn. Es gab wichtigere Sachen, als das Weihnachtsgeschäft.

„Wo drückt dann der Schuh?"

Yurij runzelte fragend die Stirn?

„Welcher Schuh? Ich habe Stiefel an."

Rodja lachte und hob sich seinen Sohn auf die Schulter.

„Wir holen uns ein paar leckere Kekse und warmen Kakao. Und dann erklärst du mir, was dich so wütend macht."

Es dauerte nicht lange, bis die beiden in Rojas kleinem Büro saßen. Yurij knabberte an seinem Plätzchen, aber man merkte, dass ihn etwas beschäftigte, denn eigentlich stopfte er sie sich wahllos in den Mund und spülte so viel Kakao hinterher, dass es ihm aus der Nase wieder heraustropfte.

„Was ist also los?"

Yurij legte den Keks weg.

Oha. Da stimmte etwas ganz und gar nicht.

„Ich habe mit Robert gesprochen."

Rodja hob eine Augenbraue.

„Ich hoffe, du meinst nicht deinen Vetter Robert Clause, denn der lebt am Nordpol und wenn du mit ihm redest, dann hast du das das Portal genutzt, was euch streng verboten ist."

Yurij zog sein Genick ein.

„Wir haben nur telefoniert und außerdem hat er angerufen. Nicht ich. Ich weiß doch, wie beschäftigt Onkel Santa und du seid. Ehrlich, Papa."

Rodja seufzte leise. Er wusste sehr wohl, dass Robert, obwohl es so schien, als ob er kein Wässerchen trüben könne, es faustdick hinter den Ohren hatte. Und meistens heckte er die Streiche aus, die er dann Yurij in die Schuhe schieben wollte. Meist vergaß er aber, dass sein Vater Santa Clause war und es schon wusste, wenn er etwas angestellt hatte.

„Na, dann ist ja gut. Was hat Robert denn nun gesagt?"

Yurijs Miene wurde noch dunkler.

„Er hat behauptet, sein Vater wäre viel fleißiger als du."

Rodja richtete sich auf.

„Wie kommt der kleine Stinkstiefel darauf?"

Yurij, von den Worten seines Vaters angespornt, nickte zustimmend.

„Das habe ich ihn auch gefragt und Robert meinte, sein Vater würde heute schon Geschenke verteilen."

Rodja überlegte verwirrt, warum Nikolas schon heute, am sechsten Dezember, auf den Schlitten steigen sollte. Es war noch lange nicht soweit, dass Santa auf seine jährliche Reise um den ganzen Globus ging. Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Heute war der 6. Dezember. Alles klar.

„Ich verstehe. Robert denkt, sein Vater übernimmt auch die Arbeit von Sankt Nikolaus. Nun, der Heilige Nikolaus hat aber nichts mit uns zu tun. Und auch nicht mit Onkel Nicolas."

Yurij starrte ihn verblüfft an.

„Nicht? Aber Robert hat gesagt, dass es sein Vater sei, der heute was verteilt."

Rodja hob eine Hand.

„Ich sag dir mal was, Sohn. Auch wenn dein Vetter etwas älter als du bist, so weiß er nicht gleich alles besser. Heute wird in vielen Ländern wirklich der Tag des Heiligen Nikolaus gefeiert. Er war ein heiliger Mann. Besser gesagt war er ein Bischof in Myra und das liegt in der heutigen Türkei. Er war als sehr großzügig und mildtätig bekannt. Er starb an einem 6. Dezember und man gedenkt ihm an diesen Tag. Es heißt, dass er in der Nacht von Haus zu Haus geht und den Kindern Geschenke bringt. Meist Süßigkeiten, Nüsse und vor allen Dingen Äpfel, denn die soll er schon zu Lebzeiten armen Kindern gegeben haben. Die Kinder putzen am Abend zuvor ihre Stiefel und stellen sie vor die Tür."

Yurij hob fragend eine Augenbraue.

„Warum putzen sie die Stiefel?"

Rodja grinste ihn an.

„Weil nur brave Kinder etwas vom Heiligen Nikolaus bekommen. Unartige Kinder bekommen nichts. Und nur artige Kinder putzen ihre Stiefel."

Yurij trank nachdenklich seinen Kakao, bevor er wieder seinen Kopf hob.

„Er hat also nichts mit Onkel Nicolas zu tun?"

Rodja lachte leise.

„Nein. Ich muss ganz ehrlich mit dir sein. Den heiligen Nikolaus gab es wirklich. Wir, Onkel Nicolas und ich, wurden nur erfunden. Man sagt sogar, Onkel Nicolas sei erst durch diese braune Limo so berühmt geworden."

Yurij stieß ihn leicht mit seinem Finger an.

„Aber du bist doch echt? Das verstehe ich nicht."

Rodja lachte dröhnend.

„Ja, aber ich gelte als Sagengestalt. So wie der Osterhase oder die Zahnfee. Wir sind eine Erfindung der Menschen. Es gibt uns, weil Kinder an uns glauben."

~~~~~~~~~~~

Okay. Das klingt nun echt nach den Hüter des Lichts. Aber so kann man es sich wirklich vorstellen. Und ich finde es niedlich.

~~~~~~~~~~~

Yurij grinste ihn nun frech an.

„Mir egal. Ich weiß, dass es dich gibt und ich bin froh, dass du mein Papa bist. Und nun sage ich Robert, dass sein Vater genau so faul ist, wie du und dass ein Heiliger seine Arbeit übernimmt."

Er schmatzte Rodja einen dicken Kuss auf die Wange und rannte aus dem Büro. Rodja seufzte leise. Das würde wieder ein Gespräch mit Nicolas geben, aber er konnte Robert nicht immer alles durchgehen lassen.

„Du hast das wirklich gut erklärt, Rodja. Also ich glaube auch an dich."

Er grinste seine Frau an.

„Uh, Mütterchen Frost besucht mich. Womit habe ich das verdient?"

Sie grinste ihn an und setzte sich auf seinen Schoß. Das Bandshirt spannte sich gewaltig über ihren Bauch und als Rodja die Hand auflegte, bekam er sofort einen Tritt zu spüren.

„Yurij ist zufrieden und ich bin froh, dass du seine Sorgen ernst nimmst. Außerdem sollte ich mich entschuldigen, dass ich nicht bemerkte, dass er so am Grübeln war."

Er küsste sanft den Bauch.

„Du bist beschäftigt und ich bin sein Vater. Ich denke, ich kann auch einiges übernehmen, auch wenn ich arbeiten muss."

Sie grinste ihn an.

„Eine Frage habe ich aber noch."

Fragend hob er eine Augenbraue.

„Ja?"

Sie fuhr mit dem Finger seinem Kinn entlang.

„Wie erklärst du ihm Knecht Ruprecht?"

Er lachte.

„Das überlasse ich dann großzügig dir. Aber erzähle unseren Sohn ja nicht, dass der Knecht zu den bösen Kindern kommt. Und manchmal auch zu den unartigen Frauen."

~~~~~~~~~~~~~~

Ich wünsche euch allen einen schönen Nikolaus-Tag

Advent mit MaikeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt