11. Dezember

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Liv und Stijn aus „Sprung in die Zukunft"

„Ich vermisse sie."

Liv stand vor dem Langhaus ihres Sohnes, dick eingepackt in einem Pelzumhang, den sie sich im Sommer nähte.

Vor drei Jahren waren sie und ihr Mann Stijn zu ihren Sohn aufgebrochen und was nur ein kurzer Aufenthalt werden sollte, war nun eine dauerhafte Lösung. Sie würden bei Thorge und den anderen Kindern bleiben, denn hier hatten die beiden noch eine Aufgabe und fühlten sich nicht so unnütz, wie in ihrer alten Heimat, wo Raik schon die Aufgaben seines Vaters übernommen hatte und die Jüngeren ihnen die Arbeit abnahmen, obwohl das überhaupt nicht notwendig war. Thorge und seine Frau Naya hielten sie nicht für unnütz und auch Jule mit ihrem Mann Lasse waren froh, dass Stijn und sie beschlossen hatten, bei ihnen zu bleiben.

Liv hatte die Aufgabe von Leya übernommen, die nun mit Raik verheiratet war. Sie beaufsichtigte die Kinder und brachte ihnen auch Lesen und Schreiben bei. Außerdem war sie noch eine gefragte Heilerin, auch wenn andere den Hauptteil an dieser Arbeit übernahmen. Dennoch fragte man sie oft nach Rat und Liv fühlte sich dadurch noch jung.

Doch sie dachte mit Wehmut an die Anfangszeit zurück, als sie ihren Mann in die Vergangenheit folgte und dort, in dem kleinen Gut, dass Tjark und Stijn gemeinsam bewirtschafteten, eine gute Freundin fand.

Tilda war ihre beste Freundin und Liv vermisste die Gespräche, das Lachen und auch das Meckern, wenn ihre sturen Männer manchmal unbedingt ihren Kopf durchsetzen mussten, obwohl sie es doch besser wissen sollten. Liv wusste auch, dass Stijn seinen Bruder vermisste, aber ihm ging es da genau wie ihr selbst. Hier auf dem Eisland fühlte er sich gebraucht und obwohl er nun in einem Alter war, in dem Männer aus ihrer Zeit lieber Zuhause blieben, zog es Stijn noch zur See. Auch wenn es Liv immer Angst und Bange wurde, machte Stijn noch bei Raubzügen mit. Wenn er dann wieder nach Hause kam, konnte sich Liv darauf einstellen, dass er sie tagelang im Lager hielt.

Das war Stijns Jungbrunnen, doch was war ihrer?

Sie seufzte erneut und zog den Umhang näher an sich heran.

Es war kurz vor Weihnachten. Thorge ließ es mittlerweile wenigstens zu, dass nicht nur der Schwur erneuert wurde. Seine Männer und die Frauen hatten sich darauf geeinigt, dass zwei Tage dem Gott Odin gewidmet wurde und man einige Tage später Weihnachten feierte, obwohl nur die wenigsten damit etwas anfangen konnten. Nicht einmal Stijn verstand den Sinn des Weihnachtsfestes und war jedes Jahr verwirrt, weil Liv in der Zeit traurig war. Es war einfach nicht mehr so, wie es noch mit Tilda war. Liv hatte in der Zukunft keine sehr glückliche Weihnachten erlebt. Als ihre Kinder auf der Welt waren, hatte sie versucht, ihnen jedes Mal ein unvergessliches Weihnachten zu bereiten, doch für sie selbst war es stressig und sie hat sich gewünscht, jemanden zu haben, der sie manchmal in den Arm nahm und versicherte, dass sie alles sehr gut machte. Nun, mit Stijn hatte sie so jemanden gefunden, aber Weihnachten war erst mit Tilda schön geworden.

Jule und Thorge versuchten, ihr die Zeit angenehm zu machen, aber sie waren zu jung gewesen, um sich an die Weihnachtsfeiern zu erinnern, die Liv damals in Oslo mit ihnen feierte. Und Tilda... sie fragte sich wirklich, ob ihre Freundin immer noch Weihnachten mit den Frauen des Gutes feierte. Die Männer gingen ja zu Thorvald, aber Liv wusste nicht, ob das Fest auch bei Tilda immer mehr in Vergessenheit geriet.

Langsam senkte sie den Kopf und verzog dann das Gesicht. Ihr Rücken schmerzte und am liebsten würde sie zu den warmen Quellen, um ihre alten Knochen darin aufzuwärmen. Aber es wurde immer mühsamer für sie.

Zwei Arme schlangen sich um sie und sie spürte die vertrauten Lippen in ihrem Nacken.

„Es ist wieder so weit, nicht wahr? Das Fest der Sonnenwende nähert sich und damit auch bald dein Fest."

Advent mit MaikeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt