5 | Auflodernde Gefühle

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David

Montag hatte ich zwei Veranstaltungen in der Uni und dazwischen ging ich in die Bibliothek, um meine Aufgaben für das Seminar am nächsten Tag noch einmal durchzugehen. Sie sollten schließlich auch korrekt sein. Danach machte ich mich auf den Weg zu meinem Werkstudentenjob.

Auch am Dienstag ging ich nach der Uni arbeiten. Abends schleppte ich mich für eineinhalb Stunden ins Fitnessstudio.

Mittwoch war der Tag, an dem ich mit Anna ausging, nachdem ich es ihr die Woche zuvor schon versprochen hatte. Wir gingen in ein italienisches Restaurant, aßen Pasta und tranken Wein – und danach ging ich mit zu ihr, wo wir uns noch einen Film anschauten, bei dem ich kaum bis zum Schluss durchhielt, weil mir die Augen bereits zufielen.

Donnerstag arbeitete ich bis nachmittags und holte abends die Vorlesungen nach. Auch erledigte ich erste Prüfungsvorbereitungen, da in zwei Monaten bereits die Klausurenphase anstand und ich nicht bereits im ersten Semester meinen Schnitt ruinieren wollte. Mittlerweile hatte mich die Woche so sehr geschafft, dass meine Trainingseinheit im Fitnessstudio wesentlich kürzer ausfiel.

Und Freitag... fiel mir ein, dass ich Julian noch immer nicht geantwortet hatte. Ich hatte gerade die erste Vorlesung des Tages hinter mich gebracht und saß in der Bibliothek, um einen Teil meiner Statistikaufgaben für nächste Woche bereits jetzt schon zu erledigen, da dachte ich an ihn. An seine Nachricht.

Ich schob mein Fachbuch beiseite und nahm mein Handy, um den Chatverlauf mit Julian zu öffnen. Mit meiner freien Hand stützte ich meinen Kopf und seufzte tief. Nichts wollte ich lieber als ihn zu sehen. Genau genommen hatte ich meine ganze Woche bereits so geplant, dass ich ihn heute sehen konnte, und dennoch hatte ich es nicht geschafft, ihm zu antworten. Ich konnte nicht einmal erklären, warum. Vielleicht, weil es mir Angst machte, mich darauf einzulassen. Vielleicht, weil mir nach den langen Tagen die Energie gefehlt hatte. Vielleicht aber auch, weil ich... vor mir selbst weglief. Ich kreiste meine verspannten Schultern und nahm das Handy in beide Hände, ehe ich zu tippen begann: ‚Wann kann ich vorbeikommen?'

‚Wann immer du willst', antwortete Julian keine drei Minuten später. Wärme durchfuhr meinen Körper und ich biss mir auf die Unterlippe, um ein Lächeln zu unterdrücken. Für ein paar wenige Minuten war mein Kopf leise.

Nach meiner zweiten Vorlesung fuhr ich direkt zu ihm. Bereits im Auto war ich so unruhig, dass ich Mühen hatte, mich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren. Zwanzig Minuten später sprang ich die Treppenstufen zu Julians WG hinauf und lächelte, als ich ihn im Türrahmen stehen sah. Er machte mir Platz, damit ich eintreten konnte. Während ich diesmal neben meinem Mantel auch meine Schuhe auszog, verschwand Julian bereits in die Küche. Rasch folgte ich ihm.

Er fragte mich gar nicht, was ich trinken wollte, sondern stellte mir ein Glas und eine Flasche Wasser hin. »Für den schwer beschäftigten Mann, der fast eine Woche braucht, um mir zu antworten.«

Ich lächelte unschuldig. »Sorry, ich war irgendwie – «

»Es ist okay, rechtfertige dich nicht«, fuhr er mir ins Wort und setzte sich an den Tisch, auf dem ein aufgeklappter Laptop stand. Er klappte ihn zu und schob ihn beiseite, als ich mich zu ihm an den Tisch setzte.

»Was hast du denn gerade gemacht?«, fragte ich.

»Jobs gesucht.«

»Soll ich dir helfen?«

»Mhm«, machte Julian und legte die Stirn in Falten. »Ich weiß tatsächlich nicht so richtig, wie ich es angehen soll.«

Ich stand auf und ging um den Tisch herum, um mich neben ihn zu setzen. Den Laptop schob ich zurück zu ihm und nickte auffordernd, als Julian mich nur irritiert anstarrte. Aber dann seufzte er, klappte den Laptop wieder auf und scrollte durch die Plattform, die ihm eine Reihe an Jobangeboten zeigte. Vorsichtig rutschte ich mit dem Stuhl näher und presste die Lippen aufeinander. Mein Herz machte einen Satz, als sich unsere Arme für einen Moment berührten. So sehr Julian es zu unterdrücken versuchte, das Grinsen in seinem Gesicht war kaum zu verkennen. Mit verengten Augen sah ich ihn an. »Der Bildschirm des Laptops ist so klein.«

Zwischen den Welten - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt