27 | Fehlende Ausreden

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David

Der Trubel zuhause war ungewohnt und nervenaufreibend. Wann hatte ich das letzte Mal eine Party geschmissen? Vermutlich an meinem achtzehnten Geburtstag. Genau genommen war es auch nicht meine Party, es war die von Anna, zumindest war sie diejenige, die darauf bestanden hatte. Eine Baby Party.

Ich hatte versucht, ihr die Party auszureden. Aber natürlich war ich nicht dagegen angekommen. Sie hatte gemeinsam mit ihren und meinen Eltern alles organisiert und nun tummelten sich unsere Familie und Freunde in unserem Garten, während die Frühlingssonne es bereits Ende März gut mit uns meinte. Die Gäste standen um unseren großen Holztisch inmitten des Gartens herum und unterhielten sich zu einem Glas Champagner, während ich von Gast zu Gast ging, um mit jeder anwesenden Person über meine Zukunft mit Anna zu sprechen. Ich wusste nicht, wie ich es schaffte, nicht den Verstand zu verlieren. Immerzu dachte ich an mein Gespräch mit Julian, daran, dass ich ihm im Grunde genommen versprochen hatte, meine Beziehung mit Anna zu beenden. Doch wie sollte ich das anstellen? Wie sollte ich bei all dem den richtigen Zeitpunkt finden? Alles hieran fühlte sich so falsch an.

Nicht zuletzt waren so viele Menschen hier, zu denen ich mich verbunden fühlen sollte, doch das tat ich nicht. Nicht zu meiner Familie, an diesem Tage nicht mal zu der von Anna und erst recht nicht zu den Menschen, die hier waren als meine Freunde. Wen würde ich denn überhaupt noch als Freund bezeichnen? Diejenigen, mit denen ich studierte? Sicher, mit einigen verstand ich mich gut und wir verbrachten hier und da die Zeit zwischen den Vorlesungen zusammen, aber das war es dann auch. Ich hatte schlichtweg keine Zeit, um Unternehmungen außerhalb der Uni zu führen. Diejenigen, mit denen ich in der Schule befreundet gewesen war? Ich hatte die meisten seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen und umso größer war deren Rededrang gewesen. Sie waren mindestens so verblüfft wie ich darüber, dass ich Vater werden würde. Alle freuten sich für uns, beglückwünschten uns, aber mir war, als weilten unter den Gästen die Dämonen meiner Vergangenheit. Wenn ich meine alten Schulfreunde ansah, sah ich die Menschen, mit denen ich Alexander gemobbt hatte. Wenn ich meine Freundin sah, sah ich eine schwangere Frau, die von ihrem langjährigen Freund monatelang betrogen worden war.

Es war ermüdend.

Ich erwischte einen ruhigen Moment in unserer Küche und atmete pustend aus. An die Wand gelehnt, massierte ich mir meine pochenden Schläfen, nachdem ich die letzten drei Stunden fast ausschließlich geredet hatte. Gottverdammt, ich war es nicht mehr gewohnt, so viel am Stück mit Menschen zu interagieren. Außerdem fehlte mir die Energie dafür. Ich hatte keine Zeit für eine sinnlose Party.

»Du wirkst gestresst.«

Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es Anna war. Sie kam zu mir, stellte sich vor mich und legte ihre Hände auf meine Schultern, um meine angespannten Muskeln zu massieren. Mehr als ein müdes Lächeln konnte ich nicht aufbringen.

»Ich komme klar«, erwiderte ich. »Es ist nur etwas anstrengend, wenn alle mit einem reden möchten.«

Sie lachte. »Ja, ich weiß, dass du das nicht so sehr magst. Ich hoffe, du nimmst mir die Party nicht übel.«

Ich legte intuitiv meine Hände an ihre Hüften und schüttelte den Kopf. »Übelnehmen nicht. Ich werde mich nur mindestens eine Woche davon erholen müssen.«

»Du bist ein Spinner«, gab sie kichernd von sich. Sie griff nach meinen Händen und führte sie an ihren gewölbten Bauch, den sie unter einem weit fallenden Pullover versteckte. »Fühlst du es schon?«

Abwartend ließ ich meine Hände auf ihrem Bauch ruhen, doch das Einzige, was ich spürte, war meine eigene Nervosität. Ich schüttelte den Kopf.

»Nicht?«, sagte Anna. »Ich fühle sie schon. Ich glaube, sie kommt nach dir und wird eine begnadete Fußballerin.«

Zwischen den Welten - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt