28 | Alte Zeiten

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Julian

Stirnrunzelnd beobachtete ich David, wie er in meinem Zimmer auf und ab lief. Ich saß auf meinem Bett und hatte meine Hände in meinem Schoß ineinander gefaltet. Es war knapp eine Woche her, dass wir uns das letzte Mal gesehen hatten und ich wusste, dass er in der Zwischenzeit diese Babyparty mit seiner Freundin gehabt hatte. Viel darüber gesprochen hatte er nicht mit mir, aber seitdem war er zerfahrener als sonst. Wenn wir telefoniert hatten, war er oft schon nicht bei der Sache gewesen. Aber nun, wo wir uns wiedersahen, schaffte er es kaum, sich mal ruhig hinzusetzen. Seine Hektik machte mich nervös.

»Ich habe dir bestimmt fünfmal gesagt, dass du dich auch hinsetzen kannst«, murmelte ich, darauf bedacht, ihn nicht vor den Kopf zu stoßen. Doch so langsam ertrug ich es nicht mehr, zumal er in den letzten Minuten kaum ein Wort gesprochen hatte. Tatsächlich blieb er nun stehen, endlich, und sah mich unschlüssig an.

»Man könnte meinen, du hast mit Anna geredet«, sagte ich.

David seufzte, zog meinen Schreibtischstuhl vor und drehte ihn so, dass er sich in meine Richtung gewandt hinsetzen konnte. »Nicht direkt. Ich habe ihr auf der Babyparty gesagt, dass wir reden sollten, und seitdem vermeide ich es, sie zu treffen. Gott, warum bin ich so?« Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und lehnte sich nach hinten.

Ich verschränkte meine Finger fester, bis meine Knöchel weiß wurden. »Du musst es nicht tun.«

»Hör auf, es mir auszureden«, erwiderte David ernst.

»Ich versuch nur zu helfen...« Obwohl ich immer gehofft hatte, dass er seine Beziehung mit Anna beenden würde, fühlte ich mich nun miserabel mit dem Gedanken. War es das wert? War ich es wert?

»Ich kann ihr ja nun nicht sagen, dass ich doch nichts mit ihr zu bereden habe«, sagte David. »Außerdem habe ich es dir versprochen.«

»Aber nur, weil du mich beruhigen wolltest«, antwortete ich.

Zischend stieß ich Luft aus. Mir war nicht aufgefallen, dass ich mit meinen kalten Fingern am Saum meines Pullovers fummelte.

Ich schreckte hoch, als David mit dem Schreibtischstuhl zu mir rollte und eine Hand auf meinen Oberschenkel legte. »Du hast Angst, dass ich wieder gehe, oder?«

Ich lächelte matt. »Ich habe keine Angst, ich warte darauf.«

David kaute auf seiner Unterlippe herum, ehe er noch ein Stück näherkam und nach meiner Hand griff. »Es tut mir leid, dass ich es uns so schwer mache. Aber... ich arbeite dran. Ich brauche nur Zeit.«

Mit einem müden Lächeln auf den Lippen stieß ich lautstark Luft aus. »Das sagst du seit Monaten.«

»Ja...«, antwortete David und seufzte tief. »Ja, du hast recht. Aber diesmal... wirklich.«

Ich fragte mich, was mit den zwei Wochen war, von denen David gesprochen hatte, doch ich behielt die Gedanken für mich. Im Grunde hatte ich ohnehin nicht daran geglaubt, dass er es durchziehen würde und vermutlich war es auch besser so. Das hielt mein dummes Herz jedoch nicht davon ab, ihn bei mir haben zu wollen.

»Na ja, wir könnten aber auch heimlich...« Es fühlte sich so falsch an, dass ich den Satz nicht zu Ende sprach. Eine heimliche Affäre war genau das, was ich nicht gewollt hatte, aber offensichtlich war ich mittlerweile verzweifelt genug, dass mir selbst das wie eine bessere Alternative vorkam, als wieder das ewige Nichts ohne ihn zu fühlen.

Letzten Endes war es David, der mit dem Kopf schüttelte. »Ich kann das nicht mehr. Diese verfluchten Lügen, meine ich. Ich muss es beenden und du solltest wirklich aufhören, mich auf andere Ideen bringen zu wollen.«

Zwischen den Welten - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt