29 | Letztes Mal

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Julian

Mit einem weißen Handtuch um die Hüfte gebunden trat ich in mein Zimmer ein. Noch immer hörte ich das Rauschen von Wasser aus dem Badezimmer. David und ich hatten versucht, zusammen zu duschen, aber uns so sehr abgelenkt, dass wir doch nacheinander duschen mussten. Außerdem brauchte David unheimlich lang im Bad, aber das hätte mir bewusst sein sollen, nachdem wir den letzten Sommer gemeinsam verbracht hatten. Ein breites Grinsen schlich sich in mein Gesicht, als ich die Unordnung bemerkte, die David und ich hinterlassen hatten. Vermutlich sollte ich mein Bett neu beziehen.

Nachdem ich mir frische Boxershorts angezogen hatte, ging ich zum Bett und hob das Kondom auf, das ich vorhin achtlos beiseite geschmissen hatte. Während ich danach griff, bemerkte ich das leichte Zittern meiner Hand und kniff die Augenbrauen zusammen. Ich warf das Kondom in den Müll und atmete tief durch. Mein Herzschlag war ungewöhnlich schnell und in mir hatte sich in der letzten Viertelstunde eine Unruhe breitgemacht, die ich bisher unterdrückt hatte. Doch es wurde schlimmer und mir war bewusst, was das bedeutete. Ich warf einen Blick zur Tür und lauschte den Geräuschen aus dem Badezimmer. David stand noch immer unter der Dusche.

Rasch ging ich aus meinem Zimmer in die Küche, holte zwei Gläser aus dem Schrank und schnappte mir eine Wasserflasche. Zurück in meinem Zimmer, stellte ich alles auf meinem Schreibtisch ab und öffnete meine Schreibtischschublade, in der sich meine Flasche mit den Drogen befand.

Julian, du musst runterdosieren, hatte Lars mir gesagt, nachdem mein letzter Versuch aufzuhören, gescheitert war. Aber das sagte er so einfach, wenn die Drogen manchmal das einzige waren, was das Chaos in meinem Kopf zum Schweigen bringen konnte. Ich schenkte mir Wasser in ein Glas ein und ließ ein wenig der Drogen hineintropfen; gerade so viel, dass mein Körper Ruhe geben würde, ohne dass David etwas bemerkte.

Als das Wasserrauschen aus dem Badezimmer stoppte, beschleunigte sich mein Herzschlag. Rasch kippte ich das Wasser hinunter und packte die Drogen zurück in ihre Schublade. Vermutlich hatte Lars recht, ich musste runterdosieren, denn David durfte nichts hiervon erfahren, wenn ich mit ihm zusammen sein wollte. Doch ich fürchtete mich davor, wie es mir ohne gehen würde. Ich wusste nicht, ob ich die Albträume aushalten würde, die sich mit den Drogen beinahe komplett unterbinden ließen.

Ich holte frische Bettwäsche aus meinem Schrank und fing an, mein Bett neu zu beziehen. Ich war gerade dabei, das Spannbettlaken über die Matratze zu ziehen, als David durch die Tür kam und mich mit einem freudigen »Hey« begrüßte, als hätten wir uns drei Tage nicht gesehen. Er trug enge Shorts von mir und ich musste an mich halten, um ihn nicht anzustarren. Warum war er nur so schön? Ich zwang mich, meinen Blick von ihm abzuwenden und stülpte das Bettlaken über die letzte Ecke. David stellte sich hinter mich und schlang die Arme um meinen Körper. Mir wurde warm in der Brust, als er sanft meinen Hals küsste; und er roch so unglaublich gut, dass ich mich zu ihm umdrehen und ihn küssen musste.

»Ich helfe dir«, sagte er, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst hatten. Er nahm die Bettdecke und bezog sie, während ich das Kopfkissen übernahm. Keine zwei Minuten später sah das Bett aus wie neu. Matt ließ ich mich auf die Matratze fallen und seufzte genüsslich, weil das Bett so weich und angenehm war. David schlich sich neben mich ins Bett und kuschelte sich an mich. Lächelnd legte ich einen Arm um ihn und fühlte mich so glücklich wie seit Monaten nicht mehr.

»Wann kommen Lars und Lorena nach Hause?«, fragte er, während er sanft über die Haare auf meiner Brust strich und eine glühende Wärme auf meiner Haut hinterließ. Nachdenklich blickte ich an die Decke. Wie spät war es überhaupt? 15 Uhr? Oder doch schon 16 Uhr? »Lars kommt meist kurz vor sechs heim. Lore... weiß nicht. Sie ist vermutlich mit Kati unterwegs. Aber wir haben ausgemacht, dass sie mir schreibt, wenn sie vor halb sechs heimkommt, damit du gehen kannst, wenn du willst.«

Zwischen den Welten - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt