25 | Kein Ausweg

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David

Julian beäugte mich von oben bis unten, bis er einen Schritt zurückwich und mich hereinwinkte. Vorsichtig trat ich durch die Tür. Ohne ein Wort verschwand er aus dem Flur in die Küche, während ich mir Schuhe und Jacke auszog. Anschließend folgte ich ihm und fand ihn, wie er gerade Wasser in zwei Gläser einschenkte. Ich wartete geduldig, bis er mir eines der Gläser auf den Tisch stellte.

»Danke«, sagte ich leise und starrte wie paralysiert auf die Bläschen, die das sprudelnde Wasser wieder und wieder bildete. Zaghaft nahm ich das Glas in die Hand, trank einen Schluck daraus und stellte es wieder hin. Endlich wagte ich es, Julian anzusehen, aber noch immer war sein Gesichtsausdruck schwer zu lesen.

»Habt ihr einen neuen Tisch?«, fragte ich, nachdem mir die Stille zu überwältigend geworden war. Julian runzelte die Stirn, ehe sich sein rechter Mundwinkel leicht hob.

»Warum bist du hier?«, fragte Julian ruhig.

»Ich wollte sehen, wie es dir geht.«

Er nickte langsam, als würde er mir nicht glauben. »Lena hat dich geschickt, oder?«

Ich blinzelte mehrfach. »Äh – also... sie hat mich gebeten, nicht geschickt.« Nachdrücklich gebeten traf es wohl besser. Julian verdrehte die Augen und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Küchenzeile.

»Deine Schwester ist fast so hartnäckig wie meine«, sagte Julian.

»Das habe ich heute auch gemerkt.«

»Nur zu, du kannst wieder gehen, wenn du nicht hier sein willst.«

Ich öffnete meinen Mund und wollte etwas erwidern, aber mir fiel nichts ein.

»Und deiner Schwester kannst du ausrichten, dass es mir gut geht und sie sich keine Sorgen machen muss, wie ich ihr das bestimmt schon hundertmal gesagt hab«, fuhr er fort.

Ich rieb mir meine Hände. Die Kälte in seiner Stimme irritierte mich. »Sie meinte, du hättest mit Lars...«

Betreten sah ich zu Boden und atmete tief durch.

»Was, gevögelt? Ist das verboten?«

»Nein, ich meinte... sie sagte, ihr hättet...«

Ich seufzte tief und fluchte innerlich, weil ich es nicht einmal schaffte, einen Satz zu vollenden. Mein Herz klopfte wild in meiner Brust, ich konnte kaum nachdenken.

»Drogen genommen? Das auch, ja.«

Julian sagte es mit einer Selbstverständlichkeit, die mich verunsicherte. Gleichzeitig spürte ich einen stechenden Schmerz in meiner Brust, den ich nicht mehr ignorieren konnte. »Es tut mir leid«, hauchte ich.

Julian blinzelte überrascht und löste sich aus seiner verschränkten Haltung. »Was?«

»Es ist wegen meiner Nachricht, oder? Ich wollte nicht... ich...« Verdammt. »Ich hab's getan, weil... über Weihnachten habe ich mich so gut gefühlt mit Annas Familie und danach dachte ich, ich könnte es wirklich zum Funktionieren bringen. Außerdem ist Anna... also na ja, sie...«

Ich konnte es nicht aussprechen. Es ging nicht.

»Ich weiß, dass sie schwanger ist, David.«

Blinzelnd musterte ich ihn. »Von Lena, oder?«

Julian lächelte, ganz leicht nur, aber es war die erste positive Reaktion, seit ich hier war und es reichte aus, dass mir warm wurde. Doch es währte nur für einen kurzen Moment, ehe er nickte und die Augenbrauen zusammenzog. »Ich hätte es lieber von dir erfahren.«

Zwischen den Welten - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt