Wir sind eine Familie

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Mia

Regen prasselte auf meinen roten Schirm, während ich die letzten Schritte zu unserer Haustür eilte. Der für London angeblich so typische Regen und der graue Himmel. Sie spiegelten meine Laune wider. Denn das letzte Gespräch mit meinem Mandanten war nicht sonderlich gut gelaufen. Er lehnte alles an Korrekturen ab, die ich vorstellte, und diskutierte jede Stelle aus. Ich hatte mehrfach erklärt, dass meine Vorschläge eben genau dieses waren. Vorschläge und er sie nicht annehmen müsse. Sie aber einen Sinn haben. Nämlich den, aus dem Buch das Beste herauszuholen. Doch in diesem Fall war der Autor beratungsresistent und ich musste Timothy sagen, dass ich nicht die Richtige für diesen Job war. Kolbin war eine Nummer für sich, aber das war einfach unmöglich. Ich drehte den Schlüssel um und stellte fest, dass nicht abgeschlossen war, was bedeutete, dass Ebony längst da war. Laute Stimmen ließen darauf zu schließen, dass auch Liam hier war.

»Hey!«, rief ich daher, um auf mich aufmerksam zu machen. Kurz darauf lugte Ebony aus der Küchentür.

»Hey, du bist ja schon da? Ich dachte dein Meeting geht länger.«

»Ich habe abgebrochen, ist einfach nicht machbar für mich.« Ich seufzte und hängte meine Tasche, wie meine Jacke auf.

»Hey, Mia.« nun guckte auch Liam aus der Tür heraus.

»Was ist hier los?«

»Nichts.« Beide sagten es gleichzeitig und in so einem hohen Tonfall, dass ich skeptisch wurde. Der Tag war eh schon anstrengend, und nun meinten sie mich weiter quälen zu müssen?

»Ist Wes in der Küche, weil er obdachlos ist und einen Schlafplatz braucht?«, lachte ich und lief an ihnen vorbei, blieb dann stehen und sah die beiden an. »Was macht er hier?«

Wes saß auf einem der Küchenstühle, er hatte ein blaues Auge und eine aufgeplatzte Lippe.

»Obdachlos ist er nicht, aber Debby ist offensichtlich verheiratet und ihr Mann nicht gerade erfreut über die Affäre seiner Frau.« Ebony sah erst zu ihm, dann zu mir. Ich konnte mir ein Lachen nur schwer verkneifen. Karma war schon eine merkwürdige Sache.

»Wusstest du das?« Ich hatte tief Luft geholt und sah Wes mahnend an. Es war das eine selbst ein elendiger Betrüger zu sein, aber das Ganze in einer Art Doppelpack zu veranstalten, war noch viel schlimmer. Er schüttelte den Kopf und begann mir, ein wenig leid zutun. Ich war auch nicht begeistert, es rauszufinden, aber eine solche Reaktion war übertrieben, zumal immer zwei dazu gehörten. Debby trug genauso viel Schuld an der Sache wie er.

»Und du verarschst uns auch nicht?«

Wieder schüttelte er den Kopf.

»Der Kerl ist wohl ein Riese und so breit wie hoch. Spielt Rugby.« Liam setzte sich neben ihn.

»Karma, Wes. Kennst du das?« Ich lief zum Wasserkocher, uns setzte diesen auf. Ich war zwar nicht begeistert ihn hier in der Küche zu haben, aber ein Tee würde uns allen erst mal ganz guttun.

»Diese Schnepfe, die mich damals wegen dir ausgehorcht hat, wusste es und hat ihn auf mich gehetzt.« Die Worte polterten hart aus ihm heraus.

»Sam?«

»Ja, genau die. War wohl eine Scheißidee, mit deinem Buch! Danke dafür Mia.«

Mein Buch? Wieso sollte Sam davon wissen?

»Hast du ihr...«

»Warum sollte ich, interessiert mich doch nicht. Hätte es aber scheinbar besser.«

Ich verstand nicht, was hier los war.

»Hast du Leo gefragt?« Ich sah zu Ebony.

»Hast du mal auf die Uhr geguckt, es ist dort mitten in der Nacht. Wir müssen warten.« Sie zuckte die Schultern. Darüber hatten sie scheinbar längst gesprochen. »Aber ich weiß nicht, ob Leo weiß, was Sam alles treibt.«

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