Ein gutgemeinter Rat

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Kylan

Eigentlich hatte ich mit Mom gerechnet, jedoch sah ich in zwei helle blaue Augen, die mich skeptisch musterten.

»Kyle, schön dich auch mal wieder zu Gesicht zu bekommen.« Sie drehte die Kaffeetasse auf dem Tisch. Deena schien immer einen Moment länger zu überlegen, wen von uns sie vor sich hatte. Etwas, das wir als Kinder schon gern ausnutzten.

»Wo ist Greg?«

»Auckland? Er hat einen Job? Du weißt, das, was man im richtigen Leben so macht, wenn man kein verwöhnter Rockstar ist.« Sie schüttelte kurz den Kopf und die blonden Locken wippten bei ihrer Bewegung sanft mit. Deena hatte während ihres Studiums einen Kiwi kennengelernt und war zu ihm nach Neuseeland ausgewandert. Seitdem bekamen wir sie weitaus seltener zu Gesicht, wie uns lieb war. Von Oakley und Evie ganz zu schweigen. Es war schade, dass Blake nicht mit ihrem Cousin und ihrer Cousine groß wurde, doch das Leben verlief nicht immer fair.

»Die Monster sind bei ihm?« Einzeln waren beide recht angenehme Zeitgenossen. Gemeinsam wurde es schon schwierig, da sie sich, wie viele Geschwister, stritten und das fast immer und über alles. Keiner gönnte dem anderen die Butter auf dem Brot. Wenn Blake dazu kam, wurde es noch schlimmer.

»Mom ist mit ihnen in Perth. Sie meinte, du wolltest vorbeikommen.«

»Ich wollte mit ihr reden.« Ich lief zur Kaffeemaschine, stellte meinen Becher darunter, der schon seit Kindertagen der meine war und wartete darauf, dass er sich füllte.

»Tja, jetzt hat sie besseres zu tun.«

»Auf nichts kann man sich mehr verlassen, selbst sie setzt sich einfach ab, wie eine miese Verräterin.« Ich rückte einen der Stühle zurecht und sah meine große Schwester an. Meist sahen wir uns nur an Weihnachten oder größeren Familienfeiern. Wenn sie hier war, waren wir auf Tour, oder im Studio.

»Geht es um das Mädchen auf deinen Fotos?« Sie sah mir direkt in die Augen. Deena wäre die Letzte, der ich Mia vorgestellt hätte. Sie war in diesen Dingen wie ein unnötiger großer Bruder, während ich die Rolle der kleinen Schwester einnahm. Eine mögliche Partnerin wurde von ihr komplett auseinandergenommen, so dass Leah, wie auch Kendra sich immer vor ihr fürchteten. Als wäre Deena zu beeindrucken ein Test, den sie bestehen mussten, um meine Freundin zu sein. Ich legte sicher Wert auf die Meinung meiner Schwester, aber in diesem Punkt entschied mein Herz.

»Nichts, was ich mit dir bereden möchte. Wenn ich mir den Tag vermiesen will, werde ich dich anrufen«, antwortete ich ihr daher bloß und nippte an meinem Kaffee.

»Hast du sie bei Thérèse aufgegabelt?« Sie zog die linke Augenbraue nach oben, was unsere Ähnlichkeit immer erschreckend deutlich machte.

»Mom hat dir eh alles erzählt.«

»Weil du nie anrufst.«

»Wann rufst du mich je an?«, gab ich zurück. »Aber ja, wir haben uns da kennengelernt.«

»Warum ist sie nicht mehr bei dir? Mom meinte, ich soll dich das selbst fragen.«

»Als sie damals Schluss gemacht hat, dachte ich, ihre Gefühle für mich reichen nicht.« Sicher war das einer der Gründe, vielleicht auch nicht. Tief in mir gab es diesen kleinen Funken Hoffnung, dass es nicht so war. Das es nur an Sam lag und Mia mich nur verließ, um mich und die Band zu schützen.

»Ich höre da ein fettes Aber Brüderchen«, meinte meine Schwester, denn das fette Aber war auch nicht zu überhören gewesen.

»Sam hat ihr Geld angeboten, damit sie verschwindet.« Ich lehnte mich im Stuhl zurück. Deena war niemand, der solche Geschichten weiter tratschte, von daher fiel die Entscheidung sie einzuweihen leicht. Ob ich Mom eingeweiht hätte, wusste ich nicht.

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