Kylan
Sie heute Morgen in der Küche zu sehen, ließ mich einen Augenblick innehalten. An sich war ich mir nicht sicher, ob es nicht besser war, zu verschwinden. Es fühlte sich wie eine schlechte Idee an, statt nach Sydney hier her geflogen zu sein. Der Song, den sie in der Küche sang, erinnerte mich an uns. War ich der Geist, der immer in ihrer Nähe blieb? Dieser Gedanke erschien mir durchaus tröstlich, indessen mich das Knacken des alten Dielenbodens haarscharf verraten hätte. Ich war nah dran, mich genau hinter sie zu stellen und mir den ersten Pancake aus der Pfanne zu stehlen, wie ich es damals schon gerne tat. Doch es war nicht der passende Moment, mich ihr zu zeigen. Wie gern ich ihre Nähe spüren wollte, die Wärme, die von ihr ausging. Der feine Mandelduft ihres Shampoos erreichte meine Nase und verdeutlichte mir, wie sehr ich sie vermisste.
Ich zog mich leise zurück, bis mir einen besseren Plan einfiel. Sie am frühen Morgen in der Küche voller Erinnerungen zu überfallen, erschien mir genauso falsch, wie im Wohnzimmer zu sitzen und auf ihre Rückkehr zu warten. Die Frage, wie sie wohl auf mich reagieren würde, rotierte immer wieder in meinem Kopf. Waren wir bereit, erneut voreinander zu stehen? Würde sie weglaufen oder mich erneut von sich stoßen? Über all dies wollte ich mir gar keine Gedanken machen und dennoch spielte ich etliche Szenarien in meinem Kopf durch, dass es für einen ganzen Haufen Leben reichte. Sie war die Eine für mich und ich hoffte daher so sehr auf eine zweite Chance, dass es mich zerreißen würde, diese nicht zu bekommen.
Kurze Zeit später verließ sie gemeinsam mit Ebony das Haus. Ich sah ihr von meinem Fenster aus hinterher. Eine weitere Chance, sie anzusprechen, war vergangen. Sie drehte sich um, sah hinauf zu meinem Zimmer, was mich zurückweisen ließ, wie ein feiges Huhn. Den ganzen Tag lag ich schon hier auf meinem Bett und fragte mich, wie es weiter ging.
Ob ich besser flüchtete, indem ich mir ein Auto lieh und nach Montreal verschwand, oder in ein anderes Gästehaus verzog. Meine Gedanken fuhren Achterbahn, weil ich nicht wusste, wie sie reagieren würde. Was würde es mit uns machen? Sie zu sehen, ließ alles wieder hochkochen. Die Gefühle, die ich versuchte, tief in mir zu vergraben, die Erinnerungen, die mir das Herz zerrissen.
»Willst du dich die ganze Zeit hier verstecken?« Thérèse lehnte am Türrahmen und sah mich mit einem skeptischen Blick an.
»Vielleicht«, antwortete ich ihr knapp und fuhr mir sichtlich nervös durchs Haar. Ich war nicht der große Redner, der superselbstbewusste Kerl, den ich auf der Bühne gab. Ich war ein feiges Huhn, welches sich beinahe in die Hose schiss, wenn ich nur daran dachte, mit ihr zu sprechen und eine Abfuhr zu kassieren.
»Rede mit ihr. Das ist schon lange überfällig. Sie sitzt auf der Veranda.« Thérèse stieß sich vom Rahmen ab und schloss die Tür hinter sich. War es das? Hätten wir früher reden sollen? Sie war es, die gegangen war. Hatte ich ein Recht darauf, wieder in ihr Leben zu treten und alles erneut durcheinanderzubringen? Noch immer wusste ich nicht, ob die Worte in ihrem Buch dem entsprachen, was sie letztlich empfand. Dass sie mich damals gehen ließ, weil es das Beste für mich war, selbst wenn sie mich liebte. Ich griff nach dem Buch, welches auf meinem Nachtisch lag. Nachdem es erschienen war, hatte ich es direkt gekauft. Ich wollte die fertige Fassung lesen und konnte nun behaupten, ein Buch sogar mehrmals gelesen zu haben.
Ich nahm es mit und würde ihr nun sagen, dass ich hier war. Jetzt oder nie sagte ich zu mir und lief die Treppe hinunter, hörte dabei mein eigenes Herz fest gegen die Brust klopfen. Der große Musiker schiss sich in die Hose. Wenn es darum ging vor tausenden fremden Menschen auf der Bühne zu performen, war Angst ein Fremdwort. Ich spulte mein Programm ab und gab den perfekten Entertainer. Doch jetzt zerfraß sie mich innerlich, versuchte, mich abzuhalten, einen Schritt weiterzugehen.
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something to someone
RomanceBand 2 Kylan kann sie nicht vergessen - die britische Autorin, die ihm in Kanada den Kopf verdrehte. Er macht sich auf die Suche nach Antworten auf die Frage, warum sie scheiterten und findet mehr heraus, als er wissen wollte Mia's Leben wird nie m...