Ein Neuanfang

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Mia

»Freiberuflerin? Bist du dir da sicher?« Timothy sah mich fragend an, während ich die Schultern straffte. Es war nie der Plan, lange für ihn zu arbeiten. Jedenfalls nicht als seine Angestellte. Eine Notfalllösung, um Geld zu verdienen, damit ich nach Australien konnte, oder wohin ich Kylan folgen wollte. Mittlerweile spielte es keine Rolle mehr, denn ich würde ihm nicht mehr folgen. Nicht zu ihm reisen. Jeder Penny war nun für mein neues Buchprojekt gedacht.

»Ich bin Autorin, keine Lektorin und ich will auch nicht Ewigkeiten damit verbringen, Texte zu verfassen oder zu korrigieren, die ich nicht mag.« Meine Mutter meinte immer, Ehrlichkeit währt am längsten. »Ich habe aber kein Problem Aufträge für dich zu erledigen, sofern sie in meinen Zeitplan passen.« Denn dieser war aktuell gut durchgeplant. Behind the Curtain verlangte mir einiges ab und würde sicher noch ein bisschen mehr Zeit brauchen. Mein Herz brannte und ich wusste, ich konnte dieses Feuer nur löschen, indem ich jedes einzelne Wort zu Papier brachte.

»Du weißt, ich schätze deine Arbeit sehr und würde dich nur ungern verlieren.« Er ließ sich nicht in die Karten schauen. Sein Pokerface hatte ihn sicher in diese Position gebracht.

»Daher biete ich dir ja auch an, Auftragsarbeiten zu übernehmen«, wiederholte ich mein Angebot. Etwas, von dem wir beide etwas hatten. Ich würde einige Kunden weiter betreuen und bekam dafür ein wenig Geld, während er seine guten Lektoren für andere Projekte einsetzen konnte.

Timothy schien zu überlegen. Ich war in einer guten Position. Einige der großen Texter waren sehr zufrieden mit meiner Arbeit und wären sicher enttäuscht, mich als Lektorin zu verlieren. Wenn Timothy diesen Wert erkannte, würde er an mir festhalten. Alles andere wäre beinahe töricht.

»Okay. Ich lasse Val einen Vertrag aufsetzen und melde mich bei dir, wenn er fertig ist.«

Das klang nach einem Plan. Allerdings war Val verdammt gut in ihrem Job als Rechtsberaterin und ich musste mir den Vertrag genau durchlesen. Da sie loyal war, würde sie mir keine Details verraten oder Zugeständnisse machen, zudem würde mein Auftauchen in ihrer Abteilung nur Fragen aufkommen lassen. Bisher wusste niemand, außer Ebony davon. Ich wollte nicht, dass Timothy es durch den Kaffeeklatsch erfährt, oder dem Flurfunk. Artig bedankte ich mich bei ihm, erhob mich und verabschiedete mich, ehe ich mit einem Grinsen auf den Lippen sein Büro verließ. Ein weiterer Schritt in Richtung Neuanfang.

Ebony zog mich direkt in ihr Büro, als ich dran vorbei kam. Es war ja auch gar nicht auffällig.

»Und?«

»Habe ich etwas in der Hand?«, flüsterte ich. Ebony war die Einzige, die ich eingeweiht hatte. Ich brauchte ihre Rückendeckung, denn ein festes Einkommen hinzuwerfen, bedeutete schließlich, gar kein Einkommen mehr zu haben, wenn etwas schief lief. Wir beide waren uns jedoch einig, dass Timothy mir diese Freiheiten gab. Sie waren bereits der Plan gewesen, als ... Ich verwarf den Gedanken, zu schmerzlich waren die Erinnerungen an einen Wunschtraum, der sich nie erfüllt hatte.

»Aber er lässt Val einen Vertrag aufsetzen und meldet sich.« Mit diesen Worten schlich sich ein Grinsen auf meine Lippen und damit auch auf Ebonys.

»Hab ich es dir nicht gesagt.« Sie nahm mich fest in den Arm. »Manch mal kann das Leben einen auch überraschen.«

Gerade konnte ich diese Art von positiven Wendungen gut gebrauchen. Denn die Zweifel daran, dass meine Entscheidung, und mein Handeln richtig waren, was Kylan und mich betraf, wuchsen, mit jedem weiteren Wort, welches ich zu Papier brachte. Hatte ich leichtfertig aufgegeben, was ich so sehr wollte? Was sich wie ein Zuhause anfühlte?

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