Hat sich je was geändert?

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Kylan

Die Entscheidung, doch ins Luc zu gehen, war mir nicht schwergefallen. Auch die anderen Abende hatte ich schon dort verbracht, nur fühlte es falsch an, ohne Mia. Nicht zu gehen, als sie danach fragte, war aus Sorge, dass es sich auch mit ihr dort falsch anfühlte. Hinzu kam, dass wir gerade erst kurz gesprochen hatten und noch so vieles ungeklärt zwischen uns stand. Wäre es da richtig, einfach so weiterzumachen, als sei nichts von all dem passiert, was uns letztlich trennte? Ich bestellte zwei Drinks, um nicht lange zu bleiben, doch als ich Mia an der Bar lehnen sah, gab es keinen Grund mehr gehen zu wollen. Es war, als würden all die Menschen um uns herum verschwinden. Als wären sie gar nicht anwesend. Es existierte nur sie. Der Abend war lang, wie es früher schon der Fall war, ehe ich die vier, denn Louisa und Ella stießen dann doch noch zu uns, zurückbegleitet hatte. Den ganzen Weg wich ich nicht von Mias Seite. Ihre Nähe, Wärme und ihr Geruch, alles hielt mich dort, als würde sie verschwinden, wenn ich nicht neben ihr lief.

Bisher hatte sich keine der tausend Fragen in meinem Kopf geklärt. Ich wusste nur, es hatte sich nichts geändert, ich wollte sie in meinem Leben haben, denn es fühlte sich alles mit ihr so vertraut und vollständig an.

Ich griff im Wohnzimmer nach einem Whiskey aus dem Regal und einem Glas. Ich würde einen Moment brauchen, um den Abend zu verarbeiten. Mich jetzt in mein Bett zu legen, würde mich dazu bringen, durchzudrehen. Zu wissen, wie nah sie mir war und dennoch waren wir noch immer so weit entfernt. Ich wollte so gern an ihrer Tür klopfen, sie nah an mich ziehen und nie wieder gehen lassen. Doch all das hatte sie schon einmal weit von mir geschoben. Diesmal durfte es nicht so weit kommen. Wenn wir noch eine Chance hatten, dann war es nur noch diese eine.

Als ich die Tür zur Außentreppe öffnete, stockte ich. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit ihr.

»Ich kann gehen, wenn du allein sein willst.« Sie sah mich über die Schulter hinweg an. Ihre Wangen waren gerötet, sicher von der Kälte.

»Kein Ding, ich wollte nur noch was trinken, und ein bisschen den Kopf frische Luft tanken lassen.« Nicht ganz die Wahrheit, wie mir das Päckchen Zigaretten in meiner Hosentasche anklagend mitteilte.

»Ich trinke, wenn ich grüble und wenn ich trinke, dann rauche ich?« Sie seufzte, als hätte sie mich bereits durchschaut. Eine schlechte Angewohnheit, die augenblicklich zurückkehrte, als Mia mich verließ.

»Erwischt.« Ich ließ mich neben ihr auf der Treppe nieder und sah, sie hielt ebenfalls ein Glas in der Hand.

»Ich bin nicht in der Position dir zu sagen, dass das scheiße ist.« Sie nahm einen Schluck aus ihrem Glas und sah weiter nach vorne.

»Ich weiß, dass du recht hast. Hab ich auch oft drüber nachgedacht, seit du gegangen bist.« Es brachte nichts, ihr irgendwas anderes zu erzählen.

»Es ist nicht schlecht, wenn ich zumindest dazu gut bin, dich daran zu erinnern.« Sie stieß mich leicht an, schmunzelte dabei, doch das Lächeln erreichte ihre Augen nicht.

Es gab einen Unterschied, zwischen der gelösten Mia in der Bar, die durch Ebonys Anwesenheit gestärkt wurde und der gebrochenen Version, die mir hier gegenübersaß. Die gleiche Version, wie in der Küche, als sie mir sagte, dass sie damals nicht wirklich bereit war, London zu verlassen.

»Du weißt, dass das Blödsinn ist, oder?«

Sie atmete tief durch, nahm einen weiteren Schluck und sah hinaus in die Dunkelheit.

»Warum fühlt es sich immer noch wie zuhause an, wenn du in meiner Nähe bist?«, stieß sie hervor. »Warum bereue ich jeden verdammten Tag, jedes einzelne Wort auf dieser scheiß Dachterrasse?«

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