Zurück nach London

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Mia

Die letzte Nacht war kürzer als gedacht. Wir hatten noch Ewigkeiten an der Bar gesessen, ehe wir uns auf den Weg zurückmachten und ich todmüde neben Kylan ins Bett fiel. Unseren letzten Abend hatte ich mir etwas anders vorgestellt, aber so war es nun mal mit den Plänen, die man sich machte. Sie kamen immer anders, als man dachte.

»Komm her.« Kylan zog mich fest in seinen Arm.

»Morgen liegen wieder siebentausend Meilen zwischen uns«, murmelte ich gegen seine Brust und versuchte, die Augen offen zu halten. Ich wollte noch nicht einschlafen, denn noch wussten wir nicht, wann wir uns das nächste Mal sehen konnten. Dieser Gedanke ließ mein Herz schmerzen. Ich hatte ihn gerade wieder und musste ihn nun gehen lassen.

»Es ist nicht für lang. Denk einfach daran.« Er küsste mich auf den Scheitel, schlang seine Arme fester um mich.

Wir hatten es in all den Tagen vermieden, darüber zu reden, es geflissentlich zur Seite geschoben, doch nun konnten wir es nicht länger ignorieren. Es war so einfach, diese Tatsache zu ignorieren, während wir hier waren, nicht daran zu denken, wie es sein würde, wenn ich in London saß und er in York. Wenn es nicht nur die siebentausend Meilen waren, die uns trennten, sondern auch wieder ein Zeitunterschied, der es uns schwer machte. All die Dinge, die uns bereits einmal scheitern ließen, rückten so offensichtlich in den Vordergrund, dass ich fürchtete, wir würden direkt daran zerbrechen.

»Als ich hierher kam, hab ich nicht damit gerechnet, all das wieder mitzumachen.« Ich sah zu ihm, strich mit meinen Fingern durch seine Locken. Ich war hierhergekommen, um zu heilen. Dieses Kapitel hinter mir zu lassen und neu anzufangen und nun standen wir genau an der gleichen Stelle.

»Ich glaube, das ging uns beiden so. Aber das hier zeigt deutlich, dass unsere Geschichte nicht zu Ende sein kann. Nicht damals und auch nicht heute, Mia.«

Kylan hatte dieses Talent der ewige Optimist zu sein, während ich mich von all den Sorgen in einen tiefen Strudel ziehen ließ. Zu präsent war der Schmerz, den ich bereits damals fühlte, als ich ihn das erste Mal verlor.

»Meinst du, Band Zwei hat ein Happy End?«

»Ich bin mir sehr sicher«, flüsterte er liebevoll.

So gern ich wach bleiben wollte, fühlten meine Augen sich immer schwerer an.

»Dann nimm mich einfach mit«, murmelte ich, bekam nicht mehr mit, ob er mir darauf antwortete, denn die Müdigkeit gewann in diesem Augenblick und ließ mich in den Schlaf abdriften.

Knapp vier Stunden dauerte die Fahrt nach Montreal, jedoch brauchten wir etwas länger, ein Glück, dass Kylan beschlossen hatte früh genug zu fahren, damit wir am Flughafen auch genug Zeit hatten und niemand seinen Flug verpasste. Vier Stunden saß ich neben ihm auf dem Beifahrersitz, wollte seine Hand kaum loslassen, während Ebony auf der Rückbank vor sich hin schnarchte und er ein wenig zu fröhlich dafür wirkte, dass sich unsere Wege heute trennten. Vier Stunden, in denen ich jede Sekunde wie ein Schwamm aufzusaugen versuchte, ehe ich mich von ihm verabschieden musste. Nachdem wir den Mietwagen abgegeben hatten, Ebony müde ihren Koffer hinter sich her zog und ich meinen Rucksack geschultert hatte, betraten wir den Flughafen. Die Abflüge waren oben und im Vergleich zu London war es hier so angenehm leer, dass man sich fragte, ob man nicht doch schon zu spät dran war.

Man merkte, dass Kylan bereits einige Male hier war, so zielstrebig wie er auf den Schalter von Air Canada zusteuerte.

»Sag mal Kyle, mit wie vielen Stopps fliegst du?«, fragte Ebony ihn und ich war meiner Freundin einen skeptischen Blick zu, während sie ihn mit hochgezogener Augenbraue musterte. Hatte ich irgendwas verpasst?

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