3. Kapitel

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Am Himmel ging schon die Sonne auf, als wir mit dem Privatjet zurück nach Palermo flogen.
Endlich.
Die Show war zwar gut gewesen, aber ich wollte einfach nur weg von ihr, meiner Mutter.
Aber jetzt würde ich sie jeden verdammten Tag sehen müssen.

Ich schloss meine Augen und wünschte mir, an einem anderen Ort zu sein, weit weg von all dem.
Gerade als ich fast am Schlafen war, kam die Durchsage, dass wir gleich am Flughafen in Palermo landen würden.  

*

Nachdem wir gelandet waren und zur Villa meines Vaters gefahren waren, stand ich alleine mit meinem Koffer in meinem Zimmer.
Das Zimmer war hellblau gestrichen und hatte riesige Fenster, von denen aus ich in den Garten mit Zitronenbäumen schauen konnte.

Ein paar Kisten mit alten Sachen von mir standen neben meinem Bett, meine Mutter hatte sie aus meinem alten Zimmer gebracht. Es wunderte mich, dass sie nicht alles weggeschmissen hatte.
Gelangweilt sah ich mich um.
Was sollte ich jetzt bloß tun?
Ich war fertig mit der Schule, konnte nicht lernen oder studieren, weil meine Familie das nie zulassen würde.

Verzweifelt ließ ich mich aufs Bett fallen. Die Wahrheit wollte ich noch nicht sehen, besser gesagt konnte ich sie nicht sehen, weil sie weh tat, einen alten Schmerz in mir aufleben ließ.
Wahrscheinlich sollte ich dabei helfen, das Imperium meiner Familie zu erweitern, um jeden Preis.

Ob ich wollte oder nicht. Gedanken sind tödlich, der Satz spukte wie ein altes Gespenst durch meinen Kopf. Loyalität zur Familie, immer ...
Die einzige Regel, die es in unserer Familie gab und gleichzeitig auch die gefährlichste, denn sie entschied über Leben und Tod, das wusste jeder in dieser Familie.
Auf einmal klopfte es an der Tür.

Mein älterer Bruder Rico trat herein, er trug ein locker sitzendes weißes Hemd mit einer schwarzen Hose. Es war so lange her, viel zu lange. Im Internat hatte ich sogar seine Stimme mit der Zeit vergessen.
Er sah viel erwachsener aus, als ich erwartet hätte. Einen kurzen Moment lang musterte er mich, bevor er mich lächelnd begrüßte: »Hey Schwesterherz, Vater hat dich zu sich gerufen.« 
Er drehte sich um und deutete mir an, ihm zu folgen.
Vater.
»Weißt du, worum es geht?«, fragte ich skeptisch, während wir durch den kühlen Steinflur liefen.
Wenn mein Vater mich sehen wollte, war es sehr wichtig, sonst würde er sich nicht die Mühe machen.

Aber ich wusste nicht, ob das gut oder schlecht war, vermutlich aber schlechter für mich.
»Nein ich habe auch keine Ahnung warum, eigentlich läuft alles gut mit den Geschäften, vielleicht hat er einen Auftrag für dich.«
Auftrag?

Meine Armhaare stellten sich auf.
Meine Brüder oder Onkel kümmerten sich immer um solche Angelegenheiten, was mir ehrlich gesagt auch lieber war, ich wollte nicht noch mehr hineingezogen werden, als ich allein durch meine Geburt war.
Aber jetzt war ich anscheinend groß genug, um die schmutzigen Dinge meiner Familie zu erledigen. Loyalität zur Familie.

Wir erreichten die große Holztür, hinter der das Büro meines Vaters lag. Ohne zu klopfen, trat ich ein, schließlich war ich seine Tochter, nicht eine seiner Untergebenen.  
»Ciao«, begrüßte ich ihn und setzte mich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
Sofort fielen mir die vier Bodyguards, die im Raum verteilt auf vier Ecken standen, auf. Normalerweise standen sie vor den Türen, um nicht zu viel zu hören, was für sie durchaus tödlich enden konnte. Anscheinend war die Sicherheitslage besorgniserregend, sonst wären sie nicht hier.

»Ciao, Ella. Endlich sehe ich dich wieder«, begrüßte er mich mit einem warmen Lächeln, seine Augen wirkten jedoch glasig, kalt und distanziert. Irgendwie war er mit der Zeit noch gealtert und kälter geworden, als ich es vermutet hätte. Fast hatte er nichts mehr mit dem liebevollen Vater zu tun, der mich in seinen Arm nahm. Aber das war schon zu lange her, seit dem hatte sich viel verändert.

»Ich habe einen Auftrag für dich. Heute Abend findet ein kleiner Empfang deiner Rückkehr zu Ehren statt. Es werden Geschäftsleute da sein, die für uns nützlich sein könnten. Versuch sie für dich zu gewinnen, vergiss aber die Regel nie, Ella«, erklärte er mir ohne Umschweife, oder auch nur nach der Reise zu fragen.
Einen Moment lang wusste ich nicht, was ich sagen sollte.
Männer für mich, also für unsere Familie gewinnen.

Bei dem Gedanken wurde mir übel. Er wusste genau, was mir passiert war.
Aber ich musste loyal zu meiner Familie sein, auch wenn ich kein Werkzeug für irgendjemanden sein wollte.  
»Gewinnen, ich dachte, alles läuft gut?«, fragte ich vorsichtig, ich wusste, dass es gefährliches Terrain war, worauf ich mich bewegte.
Die Augen meines Vaters verhärteten sich. Risse zogen sich durchs Eis, auf dem ich stand.

»Ja, aber es geht um Kontakte, die brauchen wir immer, Ella. Tu einfach, was ich sage, Tochter und stelle mich nicht infrage«, erklärte er mir, dabei schwang eine nicht ausgesprochene Drohung in seinen Worten mit.
Auf einmal begann er zu lachen, ein Lachen, von dem ich Gänsehaut bekam. Es hörte sich an, als würde er sich jeden Moment in ein Monster verwandeln.
»Sieben Jahre, können Menschen zu Verrätern verändern.«

Das Eis war gebrochen und ich schwamm darin, im kalten Wasser.
Ergeben schlug ich meine Augen nieder, versuchte dabei meinen rasenden Herzschlag zu beruhigen.
»Non ti deluderò, Papá.« Ich werde dich nicht enttäuschen.

Das war meine Pflicht und Ehre, als eine de Parisi.

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