Vor Panik wich ich vor dem maskierten Mann neben mir immer weiter zurück. Bis ich mich mit rasendem Herzen in die hinterste Ecke des Kofferraums presste.
Immer stärker drückte ich meinen ganzen Körper in die Ecke, versuchte, so viel Anstand zwischen uns zu bringen wie nur möglich. Er starrte mich durch den schwarzen Netzstoff vor seinen Augen an, in seiner Hand immer noch die Waffe. Vor Panik schlang ich meine Arme um meine Beine, um noch weiter von ihm entfernt zu sein.
Doch er machte keine Anstalten, mich daran zu hindern, stattdessen steckte er seelenruhig seine Pistole zurück in das Holster an seinem Oberschenkel. Trotzdem senkte meine Brust und hob sich immer noch viel zu schnell, während jeder Muskel in meinem Körper zitterte.
Aber ich wagte es nicht, mich zu bewegen, denn ich hatte keine Waffe, er im Gegensatz zu mir schon. Mein Blick fiel auf Giulios Ring um meinen Finger - Gold mit einem kleinen Diamanten. Vor mir sah ich, wie Giulios Blut sich auf seinem weißen Hemd ausbreitete. Meine Finger krampfen sich noch fester um den Stoff des Kleides, als ich mich dazu zwang, den Kopf zu heben. Der Mann, der an der Kofferraumtür lehnte, trug nur schwarz, sein Kopf war immer noch von einer Sturmmaske verdeckt, ebenso wie seine Augen.
In dem Moment zog er die Sturmmaske von seinem Kopf. Mein Herz setzte für mehrere Sekunden aus, als sich unsere Blicke trafen.
»Damiano ...«, brachte ich nur über meine Lippen, bevor ich mich aus meiner Starre löste, in seine Arme fiel.
Er breitete seine Arme aus und ich lehnte an seine Brust. Tränen traten in meine Augen, als Damianos Hände mich noch näher an sich heranzogen, mich festhielten, mir Halt gaben.
Ich spürte das schnelle Heben seiner Brust und seinen Atem, der auf meine Haare traf. Für mehre Sekunden schloss ich meine Augen, genoss das Gefühl ihn so nah an mir zu spüren.Wir hielten uns aneinander fest, die Zeit schien still zu stehen, bis Damiano sich schließlich etwas von mir löste, damit wir uns in die Augen sehen konnten.
»Ich konnte es nicht, Ella. Ich konnte nicht zulassen, dass dich dieses Arschloch bekommt ...«, setzte Damiano zu einer Erklärung an, doch ich ließ ihn nicht ausreden, sondern unterbrach ihn: »Ohne dich hätte ich das niemals überlebt.«
Damianos Finger strichen langsam mein Kinn entlang.
»Als ich gesehen habe, wie er dich angefasst hat, dir weh getan hat. In dem Moment war ich so wütend auf mich, darauf, dass ich dich nicht vor ihm beschützen konnte.«
Bei dem Gedanken, wie Giulio mich berührte, versuchte mich zu vergewaltigen, durchfuhr mich ein Schaudern. Ich verbannte die Gedanken sofort. Damiano konnte nichts dafür, es war meine Entscheidung gewesen, nicht mit ihm zu gehen.
»Du hast mich vor ihm beschützt. Er ist tot und er kann niemandem mehr etwas antun«, beteuerte ich und versuchte Damiano das schlechte Gewissen auszureden.
Obwohl es falsch war, empfand ich eine unglaubliche Erleichterung, dass Giulio tot war. Nur so konnte er mir nichts mehr antun.
»Wenn ich könnte, würde ich ihn qualvoll sterben lassen«, betreute Damiano, seine Kiefermuskeln spannten sich dabei deutlich an. Ich wusste, hätte er die Chance dazu gehabt, hätte er es getan. Obwohl ich es diese Seite von Damiano nie erlebt hatte, wusste ich er hatte diese brutale Seite.
Um in dieser Welt zu überleben, musste man brutal sein. Sonst kam jemand, der noch brutaler und skrupelloser war, übernahm deinen Platz. Nur das es mir bei Damiano keine Angst machte.Damianos Hände strichen langsam mein Gesicht entlang. Hinunter zu der Narbe, auf meinem Dekolleté, die unter dem durchsichtigen Stoff sichtbar waren.
Trotz des Drangs zurückzuzucken, tat ich es nicht. Seine Fingerspitzen fuhren sanft über die Narben. Dabei ließe er mich keine einzige Sekunde aus den Augen. Ich spürte, wie seine Hand wieder nach oben strich. Über meinen Nacken zu meinen Haaren, die in einem Knoten, aus dem ein paar Locken fielen, zusammengebunden waren.
»Sie fühlen sich so schön weich an, ich hatte ganz vergessen, wie sie sich anfühlen.«
DU LIEST GERADE
Lontano. Bis wir uns wiedersehen.
RomansEs gibt nur eine Regel in Ellas Leben, an die sie sich halten muss: Loyalität zur Familie, immer, egal unter welchen Umständen. Diese Regel entscheidet über Leben und Tod, eine Regel an die sie sich immer hielt, egal was passierte, denn ihre Familie...