38. Kapitel

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Damiano zog schützend ein Laken über mich, als er sich von mir herunterrollte. Mein Blick fiel zur Tür, augenblicklich erstarrte mein ganzer Körper. Diese blauen Augen, voller Hass.

Dort stand Domenico, sein weißes Oberteil von Blutspritzer bedeckt, in der Hand hielt er eine Pistole und sie war auf uns gerichtet. Sofort presst mich das Laken noch enger an mich, jeder Muskel in meinem Körper verkrampfte bei seinem Anblick.

»Beweg dich nicht, egal was passiert«, ordnete Damiano an, als er sich aufsetze.
Ich konnte nicht anders als zu nicken.
Die Tür fiel hinter Domenico zu, als er sich uns langsam schwankend näherte, doch Damiano war schneller und konnte ihn so aufhalten näher zu kommen.

Aber ich konnte den scharfen Geruch von Alkohol wahrnehmen, der von Domenico ausging. Er hatte anscheinend sehr viel getrunken und trotzdem hielt er gleichzeitig eine Waffe in seiner Hand. Unendlich langsam ließ er seine Waffe von uns sinken.  Die riesigen Blutspritzer auf seinem Oberteil mussten von einer Schießerei kommen.

»Na, was macht mein Bruder und die kleine Verräterin hier?«, lallte er, während er sich an Damiano vorbei in meine Richtung bewegte. Er hielt ihn am Arm fest, hinderte ihn daran, weiterzulaufen. Obwohl Damiano ihn daran hunderte näherzukommen, erstarrte ich.

»Lass das, du solltest schlafen gehen und deine Kleidung wegschmeißen!«, befahl Damiano ihm, hielt ihn dabei weiter unerbittlich fest. Ich konnte seine Wut fast schon körperlich spüren.

»Warum muss ich nur die Drecksarbeit erfüllen? Ich darf die Kleine auch haben, sie gehört dir nicht!«, schrie Domenico wutentbrannt und schaffte es dabei, sich von Damianos Griff zu lösen. Er setzte ihm nach, doch Domenico richtete seine Waffe wieder auf ihn.

Entsetzt setzte ich mich in dem Bett auf, das Laken an meine Brust gedrückt.

»Wie viel hast du heute getrunken?«, fragte Damiano leise und blieb stehen, seine Hände erhoben. Aber Domenicos Finger legten sich trotzdem an den Abzug der Waffe.

»Weißt du, wie viele Menschen ich heute schon umgebracht habe? Ich kann meine Liste gerne noch erweitern, es wird keinen Unterschied mehr machen«, drohte er unverhohlen, als er in ein Lachen ausbrach, in ein trauriges Lachen. Das Lachen ließ mich zusammenzucken und die feinen Härchen an meinen Armen stellten sich auf.

Damiano fluchte leise, bevor er sich Domenico zuwandte.

»Hör auf mit der Scheiße!«, schrie er ihn an, so wütend hatte ich Damiano noch nie erlebt.

Doch Domenico richtete unbeeindruckt seine Pistole auf seinen Bruder, ohne auch nur wegen des Alkohols zu schwanken. Einzig seine Finger zitterten an dem Abzug.

»Ich habe es mir mehr verdient, die Kleine zu ficken als du, also stell dich mir nicht in den Weg ...«, setzte er an, doch er beendete den Satz nicht.

Meine Arme schlangen sich immer fester um meinen Körper und um das Laken, das mich verhüllte.

»Sonst was? Bist du so weit gesunken, Domenico?«, fragte Damiano und näherte sich Domenico, ohne zu zögern.

»Gesunken, du bist gesunken! Wirst zum Verräter ihretwegen, anstatt dich an die Regeln zu halten«, warf Domenico ihm entgegen und wich nach hinten immer weiter zurück, doch Damiano ließ nicht locker, sondern folgte ihm immer weiter.

»Ich habe niemanden verraten, du bist derjenige, der gegen die Regeln verstoßen will.«

Einen Moment lang war es absolut still in dem Raum, nur die Geräusche des Ein- und Ausatmens waren zu hören. Die beiden starrten sich an, schienen miteinander zu kämpfen.

»Mich täuschst du nicht mehr!«, schrie Domenico, noch im selben Moment drückte er ab und wieder.

Ich schrie Damianos Namen, als dieser sich auf den Boden warf und seine Waffe hervorzog, um abzudrücken. In dem Moment ging Domenico zu Boden.

Lontano. Bis wir uns wiedersehen.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt