37. Kapitel

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*Triggerwarnung 

Damiano zog mich durch die Räume, ohne sich auch nur um zu sehen. Stattdessen herrschte eine Anspannung in der Stille.

Ich sollte das hier nicht tun, ich sollte nicht hier in einem Stützpunkt der Paura sein. Es ist ein Fehler, ein riesiger Fehler. Und doch war es das Beste, was mir hätte passieren können. Meine Finger krampfen sich stärker um die weiche Spitze meines Hochzeitskleides, bei dem Gedanken, dass ich noch in dieser Nacht mit Giulio hätte schlafen müssen, wäre Damiano nicht da gewesen.

Innerlich war ich erleichtert und doch fühlte es sich so falsch an. Falsch weil ich froh war, dass er Giulio ohne Reue umgebracht hatte. Außerdem hatte ich Mittlerweile gegen jede einzelne Regel verstoßen, gegen alles, das hier in dieser Welt zählte. Zwischen unseren Familien gab es nichts mehr außer Hass.

Damiano öffnete die Tür vor uns und führte mich eilig in den Raum hinein.
Sobald die Tür hinter uns zufiel, ließ er mein Handgelenk wieder los.

»Du bleibst erst mal hier Ella, niemand wird es wagen dir etwas zu tun«, versprach er mir und wollte sich schon wieder in Richtung der Tür abwenden.

Doch ich ließ es nicht zu, denn ich hielt seine Hand fest, noch bevor er die Türklinke berührte.

»Was ist mit deinem Vater? Er ist auf Rache aus«, fragte ich ihn, ließ dabei seine Hand nicht los.

Einen Moment lang wich Damiano meinem Blick aus, bevor er erklärte: »Er denkt, er würde seine Rache über mich bekommen, deswegen unterstützt er, dass du hier bist.«

Damianos Muskeln spannten sich an, vor Wut auf seinen Vater. Die gleiche Wut fühlte ich jeden Tag, der Schmerz schien mich manchmal aufzufressen. Aber ich konnte nichts ändern, denn die eigene Familie konnte sich niemand aussuchen. Meine Hände schlangen sich wie von selbst fester um seine.

»Du kannst nichts dafür, für die Taten deines Vater. Wir haben nur Glück, dass er dir genug vertraut«, flüsterte ich leise, denn ich wollte nicht, dass er sich verantwortlich fühlte, für die Taten seines Vaters.

»Er wird nicht dahinter kommen, dafür habe ich gesorgt. Das Einzige, was in seinem Kopf ist Rache.«

Damiano zog mich näher an sich heran, bis wir nur noch ein paar Zentimeter auseinander standen. Seine Nähe, die Wärme, die von ihm ausging, schien mich vollständig in seinen Bann zu ziehen.

»Geh schlafen, Ella, ich habe mich darum gekümmert, dass dir niemand etwas tut«, schlug er sanft vor, bevor er meine Hände wieder losließ und den Abstand zwischen uns vergrößerte, mich seiner Nähe beraubte.

Ich wollte nicht alleine sein, hier an diesem Ort, mit den ganzen Gedanken und Problemen. Das Einzige, was ich in dem Moment wollte, war Damiano, hier bei mir.

»Kannst du mir mit dem Kleid helfen, bitte?«

Damiano blieb sofort stehen, in seinen Augen schien das Verlangen nur so zu leuchten. Sein Blick löste sich von mir, glitt über mein Kleid entlang, bevor er mir wieder in die Augen sah.

»Si.« Ja.

Ohne auch nur zu zögern, drehte ich ihm den Rücken zu, damit er die Schnürung lösen konnte.

Hinter mir hörte ich Damianos Schritte, wie sie näher kamen, bis er mich erreicht hatte.
Vorsichtig schob Damiano den zerrissenen Schleier zur Seite, damit seine Finger die Schnürung erreichen konnten.

Ich spürte, wie er nach und nach die Schnürung löste, mit jeder Schnürung, die er löste, stieg die Anspannung in meinem Körper. Denn ich wusste nicht, wie er wieder auf die Narben reagieren würde.
Er hatte sie zwar schon einmal gesehen, das beruhigte mich aber nicht wirklich. Jedes Mal war es eine Überwindung für mich. Trotzdem ich bereute es nicht, ihn gefragt zu haben.

Lontano. Bis wir uns wiedersehen.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt