48. Kapitel

51 5 10
                                    

Die Stille schien kein Ende nehmen zu wollen. Mit jeder weiteren Sekunde wurde die Anspannung in mir noch schlimmer.

Sie wussten faktisch alles über mich, mit dieser Information und die Frage war, was sie mit diesem Wissen tun würden. Eine Frage, deren Antwort, ich eigentlich schon kannte und dennoch hoffte ich, dass es anders ausgehen würde. Anders als, das, was ich so genau wusste.

»Für uns ist das keine neue Information, Ella. Aber es ist gut, dass Sie sich für die Wahrheit entschieden haben. Wir wussten bereits, wer Sie sind«, erklärt der Staatsanwalt, mit einer ruhigen, sanften Stimme, als ob er mich beruhigen wollte. Nur dass das noch ganz und gar nicht beruhigte, sondern im Gegenteil seine Worte machten mich noch nervöser, warfen Fragen auf.
Woher wusste er schon davon?

»Wir schlagen ihnen einen Kompromiss vor, sie kooperiere mit uns uneingeschränkt. Im Gegenzug gewähren wir ihnen Straffreiheit, unter der Voraussetzung, dass wir ihnen keine weiteren Straftaten, außer die Zugehörigkeit zu einer kriminellen Organisation, nachweisen können.«

Für einen Moment wagte ich es nicht zu atmen.

Ein Deal, mit dem ich frei sein würde, von alledem. Frei von meiner Familie, denn damit würden sie keine Kontrolle über mich haben, nie wieder. Und ich könnte so Rache für Bella nehmen. Jedoch gab ich mir gar nicht erst die Illusion auf ein normales Leben. Jeder wusste, was mit Verrätern passierte, entweder der Tod fand sie oder die Gefahr zwang sie unter falschem Namen im Ausland zu leben. In einer Weise wäre ich frei und zugleich wusste ich, dass es nie diese Freiheit sein würde, die ich so unbedingt wollte.

Trotzdem schien das der einzige Weg zu sein, der wenigstens Bella Gerechtigkeit bringen konnte.
Ich krampfte meine Hände, um das Stück Stoff zwischen meinen Fingern, welches mittlerweile feucht, von meinen schwitzigen Händen, war.

»Unter einer Bedingung«, forderte ich und zwang mich nicht den Blick abzuwenden, ihnen standzuhalten.

Der Staatsanwalt hob überrascht die Braunen, bevor er seinen Gesichtsausdruck wieder vollständig unter Kontrolle hatte. Was er wohl unter dieser Kontrolle verbarg?

»Es liegt an der Bedingung, ob wir auf sie eingehen können oder nicht«, erklärte er vollkommen gelassen.

Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter, kämpfte gegen nichts zu sagen und direkt aufzugeben.

»Ich möchte mit Luciano de Luca sprechen«, forderte ich, meine Stimme erstaunlich fest.

Was tat ich da eigentlich?

Anstatt einen guten Anwalt mir zu besorgen und ein sicheres normales Leben zu führen, fragte ich nach einem Mann, den ich nicht mal kannte. Andererseits, hörte ich Bellas Stimme in meinem Kopf, wie sie seinen Namen schrien, bevor die Wellen ihre Stimme erstickten. Sie hätte so etwas niemals, einfach so gesagt, vor allem nicht in dieser Situation, dafür kannte ich sie viel zu gut.

Giuliani und Guerra tauschten eine gefühlte Ewigkeit lang Blicke aus, bevor Giuliani ansetzen: »Warum willst du ihn sehen?«

Die Frage verwirrte mich, da ich selbst nicht einmal wusste, was ich von ihm wollte. Es war schließlich nicht so, als hätte ich seinen Namen schon zu vor gekannt, deswegen wusste ich auch nicht, was Bella mit ihm zu tun hatte.

»Ich weiß es nicht. Aber das spielt doch keine Rolle, solange ich kooperiere, ihnen gebe, was sie wollen und im Gegenzug dafür darf ich mit ihm sprechen.«

Guerra und Giuliani tauschten wieder untereinander Blicke aus, bevor sie mich ansahen und ein weiteres Mal Blicke austauschten.

»Solange er sich als unbedenklich erweist, von polizeilicher Seite, wäre dies in Ordnung. Allerdings darf er sie nur unter unseren Sicherheitsbestimmungen für eine bestimmte Zeit treffen, sollte er überhaupt einwilligen«, verkündete Guerra.

Von einem Gefängnis in das Nächste.

Trotz alledem retteten sie mir damit das Leben, mit ihrem Schutz, sonst würde ich nicht hier sitzen. Sonst wäre ich tot, ertrunken, sowie Bella. Ich konnte nur darauf hoffen, dass Luciano einwilligen würde.  Selbst wenn nicht, ich würde es ihm nicht verübeln, warum auch? Niemand würde sich freiwillig Polizeikontrollen unterziehen, um mit einer fremden Person zu sprechen. Jedoch hatte Bella seinen Namen gesagt und ich war es ihr schuldig herauszufinden, weshalb.

»Gut, wir kümmern uns um die Kontaktaufnahme zu ihm und informieren sie über Neuigkeiten. Solange bleiben sie vorerst hier und sobald die Ärzte ihr Okay geben, bringen wir sie mit dem Zeugenschutzprogramm an einen sicheren Ort.«

Damit erhoben sich Guerra und Giuliani und Giuliani streckte mir seine Hand entgegen, sein Blick prüfend auf mir.
Wie von selbst streckte ich meine Hand aus, spürte seine warme Haut und den festen Griff um meine Hand.
»Darauf, dass unsere Zusammenarbeit reibungslos verläuft«, beteuerte er und ließ im selben Moment meine Hand los.
Fast schon peinlich berührt starrte ich ihn an, bevor er und Guerra das Zimmer verließen.
Hinter ihnen hörte ich das Schließen des Schlosses. Keine Frage, dieses Schloss galt nicht meinem Schutz, sondern sollte ich hier einsperren.

Zurecht?

Are you, are you comin' to the tree

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Are you, are you comin' to the tree

~ The Hanging Tree von Newton Howard

Lontano. Bis wir uns wiedersehen.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt