Nach zwölf.
Es war zu spät.
Ich würde nicht mehr hier rauskommen, das wusste ich genau.
Damiano lockerte seinen Griff um meine Hände, legte mir wieder metallene Fesseln um meine Handgelenke an, sodass meine Hände wieder auf den Rücken gefesselt waren. Der Schmerz kehrte zurück in meine Muskeln, doch ich versuchte ihn zu ignorieren.Danach führte er mich durch die Gänge weiter, ohne auch nur ein Wort zu reden. Aber ich konnte nicht mehr, ich wollte nicht mehr.
Ich spürte, wie eine Träne über die Wange lief. Verdammt, ich durfte nicht weinen.
Nicht jetzt. Niemals.
Damiano führte mich durch einen langen Gang, in dem jeder unsere Schritte nach hallte, das einzige Geräusch in der Stille.
Bis wir schließlich vor einer dunklen Holztür standen.
Damiano trat schweigend vor mich und öffnete die Tür mithilfe einer Karte, die er ans Schloss hielt. Sofort öffnete sich die Tür automatisch, hinter ihr kam ein lichtdurchfluteter Raum zum Vorschein.In der Mitte standen Billardtische, an den Seiten des Raumes gab verschiedene Bars, mit enorm vielen Ramazzotti und Weinflaschen.
Es erinnerte mich an die Villa meines Vaters, dort gab es hunderte solcher Räume. Extra für seine Gäste, während ich nicht mal Freunde haben durfte.
Wut und Enttäuschung stiegen in mir auf.
Loyalität zur Familie.
Ich hätte am liebsten laut aufgelacht, schließlich hatte mich ja niemand gefragt, ob ich so eine Familie haben wollte.Meine einzige Hoffnung war mein Vater, dass er mich hier herausholen würde, denn sonst würde ich sterben oder noch schlimmeres erleben.
Nutte.
Die Worte des Mannes gingen mir wieder und wieder durch den
Kopf. Damiano, du kannst die Nutte haben.
Nein, das durfte nicht passieren, niemals. Eher würde ich sterben, als mich so demütigen zu lassen. Damiano packte wieder meine auf den Rücken gefesselten Hände, um mich weiter durch den Raum zu führen.Bis wir schließlich wieder eine Holztür erreichten, hinter ihr kam wieder ein Gang zum Vorschein, mit vielen Türen. Immer noch schweigend öffnete Damiano eine der zahlreichen
Türen.
Der Raum war stockdunkel und die Angst erfasste mich.
»Geh hinein. Setzt dich aufs Bett, mein Bruder wird gleich
kommen und dir Fragen stellen«, erklärte er mir mit einer
erstaunlich weichen und sanften Stimme, bevor er meine Hand losließ.Sein Bruder, die Härchen auf meinen Armen, stellten sich auf, als meinen Körper ein Schaudern durchlief.
Einen Moment lang zögerte ich, doch schließlich ging ich in den
dunklen Raum hin ein und setzte mich auf das Bett.Meine Beine entspannten sich augenblicklich und der Schmerz, der verspannten Muskeln erreichte mich wieder. Alles tat mir weh, von meinen Beinen bis zu meinen verkrampften Armen.
Lange würde ich diesen Schmerz nicht durchhalten.
»Alles wird gut«, flüsterte Damiano leise, bevor sich die Tür schloss und ich alleine in der Dunkelheit des Raumes zurückblieb.
Was für eine Ironie.
Vorsichtig legte ich mich mit meinem Blut verschmierten Kleid auf die harte Matratze hin, da es weder Decke noch Kissen gab.Eine Träne rann über meine Wange. Entführt, betäubt, fast verdurstet und gefesselt lag ich jetzt hier. Verdammt, ich musste hier raus.
Nur wie?
Wenn mein Vater bezahlte, würden sie mich wirklich gehen lassen? Was würden sie bis dahin mit mir tun?
Der Gedanke ließ mich erzittern. Ich wollte es mir gar nicht erst ausmalen.Die Illusion einer Flucht wollte ich mir auch gar nicht erst antun.
Jeder wusste, dass es praktisch unmöglich war aus den Händen der Paura zu entkommen. Alle die es versuchten waren tot, noch bevor sie frei waren.
Auf einmal hörte ich, wie die Tür geöffnet wurde. Sofort setzte ich mich in meinem Bett kerzengerade auf.Das Licht im Raum ging plötzlich an.
In dem grellen Licht konnte ich die Umrisse eines Mannes erkennen. Er nahm einen Stuhl und setzte sich mir gegenüber.
Seine blauen Augen trafen auf meine. Er hatte genau die gleiche Farbe wie eines von Damianos Augen, jedoch wirkten seine noch kälter, realisierte ich.
Er hatte dunkle lockige Haare und wirkte, wegen des leichten Bartes, älter als Damiano.
DU LIEST GERADE
Lontano. Bis wir uns wiedersehen.
RomanceEs gibt nur eine Regel in Ellas Leben, an die sie sich halten muss: Loyalität zur Familie, immer, egal unter welchen Umständen. Diese Regel entscheidet über Leben und Tod, eine Regel an die sie sich immer hielt, egal was passierte, denn ihre Familie...