049. Ein Geheimnis kommt selten allein

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ᵐʸ ˢᶜᵃʳˢ ᵃˡˡ ᵇᵘʳⁿᵉᵈ ʷʰᵉⁿᵉᵛᵉʳ ⁱ ˢᵃⁱᵈ ⁱ ʰᵉᵃˡᵉᵈ

Remus brauchte fast zwanzig Minuten, bis er endlich vor den Türen des Krankenflügels zum Stehen kam. Seine Lunge brannte von den vielen Treppenstufen, die er sich hatte hochhieven müssen und seine Hüfte gab ein mechanisch klingendes Klick-Geräusch von sich, wann immer er einen hinkenden Schritt tat.

Gesund konnte das nicht sein.

Er drückte die Tür auf und schlüpfte auf Station, seine Sohlen schliffen über den marmornen Boden, dabei hielt er den Blick gesenkt und spürte doch die Augenpaare der Schüler und Schülerinnen, die in den Betten lagen, wie Stiche in seinem Rücken.
Auf dem Bett, das am nächsten zu Madam Pomfreys Büro stand, sank er schließlich nieder und stöhnte.

Der Geruch nach Desinfektionszaubern, angereicherten Salben und Zaubertränken lag schwer in der Luft, ätzte aber glücklicherweise die letzten Reste des Stinkbombenodors aus seiner Nase, die ihn am liebsten würgen ließen. Ob seine Kleider noch zu retten waren?

Seine Hüfte knackte in eben jenem Moment, als die Heilerin aus ihrem Büro trat, einen dicken Stapel Akten unter dem Arm und einen Ausdruck im Gesicht, als würde morgen die Welt untergehen.

»Mr. Lupin?«, überrascht musterte sie den Jungen, »Was kann ich für Sie tun?«

Remus Hände verkrampften sich in dem weißen Leinen-Bettbezug, er sah nicht auf, auch nicht, als sie die Dokumente beiseite legte und neben ihm Platz nahm. Sie rümpfte die Nase.

»Hatten Sie ein Bad in faulen Eiern?«

»Stinkbombe«, sagte Remus. »Beim Wegrennen hat die Hüfte nicht mitgespielt. Ich hab Probleme beim Laufen.«

Madam Pomfrey nickte bloß. »Nun gut. Warten Sie einen Moment, das haben wir gleich.«

Sie erhob sich, entließ zwei Jungen, die Schlingen um die Hälse trugen, in denen je ein rechter und ein linker Arm steckten - die Finger konnten sie schon wieder einwandfrei bewegen - und schickte ein Mädchen mit einem Aufpäppel-Trank in ihren Schlafsaal.
Zurück blieben Dorcas Meadowes, eine Hufflepuff Erstklässlerin, die vermutlich so viel Zeit im Krankenflügel verbrachte wie Remus - jedoch aus anderen Gründen - und er selbst.

Dorcas war nett. Hin und wieder unterhielten sich die beiden, wenn sie in den Krankenbetten lagen und die einzige Gesellschaft der andere war.
Aus einer Muggelfamilie stammend litt sie oft unter irgendwelchen Streichen der anderen Schüler - häufig den Slytherins - und trug eine Verletzung nach der anderen von sich. Bubotubler-Eiter war besonders beliebt.

Es war nicht allein ihr Blutstatus, der die Hufflepuff auch bei ihren eigenen Klassenkameraden in Ungnade fallen ließ, Dorcas war einfach... anders.
Den Schuluniformregeln hatte sie von Anfang an den Rücken gekehrt. Statt Rock und Bluse trug sie lieber Hemd und Hose, sie sprach - und Remus fand kein besseres Wort dafür als... 'vulgär'.

Aber Remus mochte das an ihr, dass sie anders war. Normen und dieser traditionelle Verhaltenskodex, den so viele hier an den Tag legten, interessierten sie ganz einfach nicht. Sie passte sich nicht an, sie war einfach Dorcas und auch wenn der Gedanke ihn erschreckte, fragte sich Remus ganz klammheimlich, wie es wohl wäre so zu leben - selbstbewusst, aufrecht und frei.

Madam Pomfrey bedachte Dorcas mit einem freundlichen Nicken: »Miss Meadowes, ich bin gleich mit einer Salbe zurück.« Sie verschwand wieder in ihrem Hinterzimmer und Dorcas drehte sich in ihrem Bett auf die Seite, um Remus ins Gesicht sehen zu können, dabei huschte ihr Blick zu den Betten im hinteren Teil des Krankenflügels und Remus bemerkte zum ersten Mal, dass die blauen Sichtschutzvorhänge von einem der Betten zugezogen waren, die Hufflepuff ließ ihm aber keine Zeit, darüber nachzudenken.

|𝐃𝐞𝐚𝐝 𝐌𝐚𝐫𝐚𝐮𝐝𝐞𝐫𝐬 𝐒𝐨𝐜𝐢𝐞𝐭𝐲 𝟏 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt