Vrrrrr! Und eine weitere Nachricht ist bei meinem Handy angelangt. Vermutlich ist es wieder Eren. Er textet mich bereits seit Tagen zu. Seit ich ihn beim letzten Mal so runtergeputzt habe kann ich ihm nicht mehr unter die Augen treten. Nicht weil ich Schuldgefühle verspüre. Eher kotzt er mich an. Dass ich ihn nicht aus meinem Kopf bekomme, macht die ganze Sache nicht einfacher. Es war nur eine kleine Auseinandersetzung, aber sie hat mir gezeigt wie Eren tatsächlich ist. Wie soll ich mit jemandem klar kommen, der bei einer kleinen Meinungsverschiedenheit komplett austickt? Er ist überhaupt nicht flexibel. Mit so jemandem kann ich nicht arbeiten. Bei diesem Gedanken lasse ich außer Acht, dass auch ich so flexibel bin wie ein Stein. Aber immerhin werde ich nicht so ungehalten. ... Oder war ich es doch? Was hat es mir eigentlich gebracht ihm meine Meinung an den Kopf zu werfen? Fuck. Ich vermisse ihn.
Schnell schlage ich mir diesen Gedanken aus dem Kopf und konzentriere mich weiter auf meine Stoß von unbearbeiteten Papierkram. Wieso bin ich der einzige, der sich darum kümmert? Ach stimmt ja, - Ich traue es den anderen nicht zu. Aber mittlerweile würde ich das Risiko eingehen und auch die anderen an der Arbeit Teil haben lassen. Solange es heißt mehr Freizeit zu haben, bin ich dankbar dafür. Müde lege ich meinen Kopf in beide Handflächen und Stütze meine Arme am Arbeitstisch ab. Verzweifelt lese ich die Seite vor mir, aber vergesse mir den Inhalt zu merken und beginne deshalb erneut. Dieses Spiel spiele ich einige Male, bevor ich es aufgebe und mich in die Küche begebe. Dort mache ich mir einen Kaffee, aber kann diesen nicht genießen. Er schmeckt mir nicht. Er ist mir zu bitter. Demotiviert, lasse ich die heiße Tasse einfach am Thresen stehen und setzte mich auf das Sofa, von dem aus ich durch die Glasfront in den dunklen Garten starre. Man sieht kaum etwas. Seufzend hole ich mein Mobiltelefon heraus und checke die neusten Nachrichten. Nur Erens Chat tippe ich nicht an. Ich möchte ihn nicht sehen und nicht hören. Ich brauche noch etwas Abstand. Noch immer. Kurz verleitet mich das Nachrichten-Symbol dazu, seinen Chat zu öffnen, aber diesen Impuls unterdrücke ich sofort und melde mich stattdesen bei Erwin. Dieser antwortet sogar nach kurzer Zeit und geht auf meine Einladung ein.Keine halbe Stunde später macht es sich der große, blonde Mann neben mir bequem und wir beginnen zu quatschen. Dabei hat er sich verpflichtet gefühlt, meinen, nun lauwarmen, Kaffee von vorhin zu trinken, obwohl ich ihm auch einen frischen gemacht hätte. Unser ungezwungenes Gespräch lässt mich entspannen und meine aufgestaute Anspannung scheint wie weggeblasen. Es tut gut einfach mal zu Reden.
"Schön, dass du so schnell Zeit gefunden hast. Hat mich, um ehrlich zu sein, sehr gewundert.", gebe ich Erwin gegenüber zu. "Du hättest Armin natürlich auch mitnehmen können. Er gehört immerhin zu dir." - "Mach dir da keine Sorgen. Er muss so und so lernen, weshalb wir momentan nur telefonisch über Kontakt bleiben. Er verbietet mir sogar bei ihm vorbei zu sehen." Erwin lacht bei seiner Erzählung, aber er wirkt auch leicht deprimiert. In einer Beziehung steht für ihn Körperkontakt leider über alles. Das bringt mich zum Schmunzeln, was ich aber gut verstecken kann. Immerhin möchte ich meine Schadensfreude nicht ganz so offen zeigen. "Eren muss doch sicher auch fleißig am Lernen sein, oder nicht?" Sofort spannt sich alles wieder bei mir an: "Kann sein. Ich ... WIr reden momentan nicht allzu viel miteinander." Gerade, als Erwin weiter nachbohren möchte, stoppe ich ihn: "Und ich möchte auch nicht darüber reden. Du bist nicht als mein Vertrauenslehrer hier, sondern als mein bester Freund." Das weist den Älteren zurück, was er verstanden hat und nun leicht besorgt seine Lippen aufeinander presst, bevor er mit dem Kopf nickt. Den restlichen Abend quatschen wir noch über so vieles andere bis sich mein Gast erhebt um zu gehen. Ich halte ihn jedoch auf und überzeuge ihn davon, heute bei mir zu übernachten. Schulterzuckend stimmt er zu: "Wie in alten Zeiten, was?" Lachend bejahe ich dies und begebe mich mit ihm in das Bad. Nach dem Zähneputzen werden wir die überschüssigen Klamotten los und legen uns unter meine Decke. Das Licht mache ich aus und bedanke mich bei meinem Freund, dass er immer für mich da ist: "Danke, Erwin. Irgendwie wollte ich heute nicht alleine schlafen." Wir kuscheln uns in die Löffelchenstellung, bei der ich der Kleinere bin. "Keine Ursache. Um ehrlich zu sein, ist es auch nicht besonders schön in eine leere Wohnung zurück zu kehren."
Wir schließen die Augen und tauchen ins Reich der Träume ab.
Oder ich würde das, wenn Erwin nicht so laut schnarchen würde. Wie konnte ich das vergessen?! Übermüdet und genervt schnaube ich lautlos, bevor ich mir mein Handy schnappe und ein paar Social Medias durchforste. Natürlich wandern meine Gedanken dabei zu Eren und ich kann meine Neugierde nun nicht mehr zurückhalten und MUSS natürlich auf seinen Chat klicken. Verdammt, Levi! Wie kann ich nur so kindisch sein? Schnell stelle ich noch auf Flugmodus, sodass er nicht erkennen kann, ob ich sie nun gelesen habe oder nicht. Es haben sich mittleirweike bis zu 20 Nachrichten angestaut, eine süßer als die andere. Darunter viele Herz-Emojis. Er entschuldigt sich und möchte sich wieder mit mir treffen. Anscheinend findet er meine Idee mit dem Psychologen jetzt doch nicht mehr so schlimm und er ist gewillt es zu probieren. Ich verdrehe die Augen. Soll mir doch egal sein. Bei der letzten Nachricht möchte er unbedingt, dass ich ihn anrufe. Er würde darauf warten. Meine Augen wandern zu der Uhrzeit. Viertel Eins? Er wird nicht abheben, aber ich kanns ja versuchen. Alles ist besser als dieses Geschnarche weiterhin ertragen zu müssen. Okay, dass stimmt nicht ganz. Eigentlich vermisse ich den Jungen und ich wünsche mir so sehr, dass es mit ihm klappt. Das es wieder so wird wie die letzten Monaten, nur ohne diese Panikattacken. Natürlich werde ich ihm helfen, diese weg zu bekommen. Meine schlechte Phase ist immerhin auch vergangen. So also stehe ich vorsichtig auf, darauf bedacht den Mann in meinem Bett nicht zu wecken und schleiche mich mit meinem Bademantel nach unten ins Wohnzimmer. Dort mache ich einen tiefen Atemzug, bevor ich die Nummer auswähle und nun das piepsende Gerät an mein Ohr halte. Ich habe meine Hoffnung schon fast aufgegeben, doch da wird plötzlich abgehoben. "Levi?", meldet sich eine vershclafene Stimme. Gott, seine tiefe Stimme hört sich so göttlich an. "Hi, Eren." Es ist kurz ruhig bis der Braunhaarige zu Reden beginnt. Im Grunde genommen wiederholt er alles noch einmal, was er mir bereits schriftlich zukommen hat lassen. Er beteuert unzählige Male, wie leid es ihm tut und dass er mich liebt. Auch, wenn ich mich dafür hasse, lässt es mich alles andere als kalt. Ich springe sofort darauf an, auch wenn ich meinen Zorn, der nun mal noch da ist, nicht ganz unterdrücken kann: "Eren, ... Ich liebe dich auch. Ich möchte, dass das funktioniert. Zugegeben, ich habe mich auch nicht sehr erwachsen verhalten und dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich bin nun mal noch keine Beziehung eingeganen. Zumindest mit niemandem, der mir etwas bedeutet. Mein Verhalten ist somit mehr rational, als emotional und ich weiß wirklich nicht, was besser ist. Bitte, nimm Rücksicht auf mi-" - "Levi! Bitte sei still. Du hast dich für gar nichts zu entschuldigen. Es ist einzig und allein meine Schuld und ich mag dich doch auch! Auch für mich ist es ein Erstes jemanden zu haben, den ich so sehr liebe. Aber das ist doch nicht das Problem oder? ... Das Problem ... bin ich. Diese Reaktionen, die ich nicht kontrollieren kann. Du hast ja recht. Sie sollen verschwinden. Für immer. Und ich bin soweit alles zu probieren, wenn es bedeutet, dass du an meiner Seite bleibst." Auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin, bleibe ich still und lasse ihn ausreden. Ich merke, dass es ihn Mut kostet, die folgenden Worte zu sagen. "Levi, bitte hilf mir. Hilf mir einen Psychologen zu finden." Seine neu gefundene Offenheit weiß ich mehr als zu schätzen und mir ist nun klar, dass ich möglicherweise überreagiert habe. Wieso habe ich ihn noch einmal ignoriert? Ich bin so dumm. Mich ergreifen plötzlich rosarote Gefühle. Sie lassen mich ganz leicht werden und es wirkt, als könnte ich mit den Sternen fliegen. Ich kann mich nicht zurückhalten und flüstere müde ins Telefon: "Eren, ich möchte dich berühren. So wie das letzte Mal. Das war schön." Man hört, wie er plötzlich die Luft anhält, bevor er weiter spricht: "Ich auch. Ich möchte dein Gewicht wieder auf mir spüren. Es war so beruhigend deinen Atemzügen lauschen zu können." Meine Wangen werden heiß. Keiner von uns traut sich über den Kuss zu sprechen. Aber sicherlich denkt auch er darüber nach. Bei dem Gedanken ihn wieder schmecken zu können kribbelt mein ganzer Körper. Obwohl ich nicht möchte, wäre es nun das klügste aufzulegen. "Eren, lass uns schlafen gehen. Wir sehen uns morgen in der Schule." - "Versprochen? Du gehst mir auch nicht mehr aus dem Weg?", fragt er frech. Leise kichere ich: "Pinky promise. Gute Nacht." Auch er wünscht mir eine gute Nacht und widerwillig legen wir auf. Kurz lasse ich das Gespräch mit den ganzen Liebesgefühlen noch auf mich wirken, bevor ich im Dunkeln wieder hoch tapse und mich zurück zu Erwin lege, der noch immer nicht still ist, was mich jetzt jedoch gar nicht mehr so stört. Eigentlich ist es schön ihn hier zu wissen.Bitte, mein Schicksal, lass mein jetziges Glück zu! Ich werde auch auf mein Verhalten achten und nicht immer sofort weglaufen und schmollen - So wie ich es bis jetzt immer getan habe. Ich versuche aus Fehlern zu lernen, okay? Ich liebe Eren mittlerweile shon so sehr, ... es ist mir ein Rätsel. Ich habe nicht mehr das andauernde Bedürfnis mich beschützen zu müssen. Ich denke, bei ihm kann ich mich nach und nach öffnen - beginnend mit heute.
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Gebraucht (Eren x Levi)
FanficEren schafft es tatsächlich ein heißbegehrtes Stipendium seiner Traumschule zu ergattern. Zu Anfang steht für ihn nur der Klettersport im Vordergrund - ein Nebenfach und der Grund seiner Schulwahl. Jedoch birgt das neue Umfeld mehr Veränderungen, al...