Development

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Kai

"It's always one step forward and three steps back. Do you love me, want me, hate me? Boy, I don't understand.
No, I don't understand"

- Olivia Rodrigo


März 2022


Gähnend strecke ich mich und werde von blonden Haarsträhnen im Gesicht gekitzelt. Sofort macht mein Herz einen Satz und ich vergrabe mein Gesicht tiefer in dem Meer aus Blond. Seine weiche warme Haut schmiegt sich an meine und sein Geruch umgibt mich komplett. Es war kein Traum. Ich habe tatsächlich mit Julian geschlafen. Am liebsten würde ich für immer hier liegenbleiben und ihn im Arm halten. Wäre da nicht die Nationalmannschaft und das Training und so viele Leute, die alle irgendwas von uns wollen. 
Jule streckt sich und dreht sich zu mir um. Schläfrig finden seine Lippen auf meine und sein Kopf danach an meine Brust. 
„Guten Morgen Jule", wispere ich und er blinzelt ein bisschen. 
„Morgen Havy", krächzt er und lässt die Augen doch wieder geschlossen. Es ist fast, als würde er sich verstecken wollen. Sich dem, was passiert ist nicht stellen wollen. Doch es ist passiert. Er hat seine Freundin betrogen. Die Beweise dafür liegen noch auf dem Boden meines Hotelzimmers und ich als offensichtlichster Beweis direkt neben ihm. 
„Wie spät ist es?", brummt der Blonde. 
„Keine Ahnung", antworte ich ehrlich. Julian seufzt und reibt sich die Augen, bevor er sie aufschlägt. Ich küsse ihn grinsend und kann mein pochendes Herz kaum beruhigen. Seine Haare stehen in jede Richtung ab und ich bemerke wieder, wie sehr ich es vermisst habe neben ihm aufzuwachen. Er angelt nach seiner Hose auf der Erde und schnappt sich sein Handy daraus. 
„Und? Wird Hansi uns einen Kopf kürzer machen?", frage ich sanft und lege von hinten die Arme um ihn. Er starrt auf das Display und ich kann ihren Kosenamen darauf lesen. „Mein Engel" steht da. Mir wird schlecht. Anna hat ihm geschrieben. 
Erneut trifft mich ihre Existenz, wie ein Schlag ins Gesicht. 
„Fuck", entfährt es ihm. Scheinbar hatte er sie auch kurz vergessen. Er springt aus dem Bett und schaut sich panisch im Zimmer um. 
„Fuck, fuck, fuck, fuck", flucht er vor sich hin und sucht hektisch seine Kleidung zusammen. Er bereut es. Es ist offensichtlich und eigentlich hätte ich es erwarten müssen, aber es tut trotzdem verdammt weh. 
„Was machst du?", frage ich ihn möglichst unbeteiligt. Ich habe echt keinen Bock, dass er merkt, wie sehr mich das hier gerade verletzt. 
„Das weiß ich selbst nicht", murmelt er und steigt in seine Hose. 
„Fuck, fuck, fuck!" Er rauft sich die Haare und schüttelt den Kopf. Immer noch ist er so gehetzt, dass es mich fast auch nervös macht. 
„Warte mal. Chill doch mal kurz. Was ist denn jetzt mit uns?" Er seufzt genervt und fährt sich durch die Haare. 
„Bitte nicht jetzt, Kai."
Der kann mich mal. Das ist er mir nach gestern jawohl schuldig. Wenn wir abreisen und ich nicht weiß woran ich bin, drehe ich in London nur durch. 
„Doch jetzt, Jule. Was war das für dich?" 
Er schüttelt den Kopf und bückt sich, um unterm Bett nach irgendwelcher Kleidung von ihm zu suchen. 
„Was ist das mit uns?", frage ich nochmal, nachdem er sich wieder aufgerichtet hat. Ich kenne die Antwort eigentlich schon. 
„Das war ein Fehler, Kai. Ich habe eine Freundin und... d-das hätte nie passieren dürfen." 
Er schüttelt den Kopf über sich, während mein Herz sich zusammenzieht und ich schwer schlucken muss. 
„Wieso? Ist doch nicht schlimm. Mach doch einfach Schluss", schlage ich aus meiner Verletztheit heraus vor. Mir ist schon klar, dass es keine so einfache Situation für ihn ist. 
„Jetzt im Ernst?", fragt Jule genervt. Ich zucke mit den Schultern. 
„Ja warum nicht? Außerdem beantwortet das auch immer noch nicht meine Frage. Was ist mit uns?" 
Er stöhnt genervt auf. 
„Halt jetzt bitte einmal die Klappe, Kai. Ich muss selbst erstmal klarkommen. Schön, dass Mason dir so egal ist, aber ich liebe Anna und ich werde sie nicht wegen so einem scheiß Fehler verlieren. Ich... Ich muss jetzt gehen." Damit zieht er sich die Schuhe an und verlässt mein Zimmer, ohne sich nochmal umzudrehen. 
Ich kann die Tränen nicht länger zurückhalten. 
Das war ich also für ihn? Ein scheiß Fehler? Ein beschissener Fehler. 
Ich bin so ein Vollidiot. Wie konnte ich glauben, dass alles gut wird, wenn ich ihn verführe? Woher hatte ich diese dämliche Hoffnung? Ich rolle mich auf meinem Bett zusammen und ziehe mir die Decke über den Kopf. Warum trauere ich diesem Typen überhaupt noch hinterher? Er hat sich gegen mich entscheiden. Jedes Mal entscheidet er sich wieder gegen mich. Er will mich nicht. Eine Nacht ist alles, wofür ich gut war. 
Timo hatte von Anfang an recht. Ich muss über ihn hinwegkommen, und zwar endgültig. Ich habe keine Lust mehr mich so zu fühlen. Es tut so weh, jedes verdammte Mal aufs Neue. Ich quäle mich nur selbst damit, ihm ständig hinterherzulaufen. Ich muss wirklich damit aufhören. Es ist so offensichtlich, dass er sich für sie entschieden hat, trotz allem, was zwischen uns war. 
Die Tränen laufen mir schon wieder übers Gesicht und ich hasse mich selbst dafür. Wie erbärmlich ich mich schon wieder benehme. 

You broke me first- BravertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt