Julian
„I have never in my life felt so calm and yet on fire all at the same time, knowing deep in my bones he is who I've waited for all my life."
- Vera Valentine
April 2023Der Schiedsrichter pfeift das Spiel ab und das Stadion bebt. 2-1 gegen Union Berlin, Heimsieg.
Genauso habe ich mir das vorgestellt. Jetzt muss Kai sein Spiel nur noch gewinnen und der Tag ist perfekt. Sein Spiel gegen Everton hat erst um 16 Uhr angefangen. Also sollte er noch dabei sein.
„Gutes Spiel, Jule", grinst Edin und umarmt mich. Ich nicke und schlage mit den anderen ein. Dann geht es vor die gelbe Wand, um den Sieg mit den Fans zu feiern.
Die Stimmung in der Kabine danach ist ausgelassen, als ich mir mein Handy nehmen, um den Spielstand vom Chelsea Spiel zu checken. Verwirrt runzle ich die Stirn. Das Spiel wurde abgebrochen?
„Ey Jule, hast du gesehen, dass Kais Spiel abgebrochen wurde?", fragt Karim in dem Moment und hält mir sein Handy hin.
Darauf ist ein Post von Skys Instagramkanal zu sehen. Ein kurzes Video von Kai mit seinen Teamkollegen, die mit dem Schiedsrichter diskutieren und dann letztendlich Arm in Arm das Feld verlassen.
"Homophobe Beleidigungen führen zum Abbruch der Partie zwischen Everton und Chelsea", lautet die knappe Bildunterschrift.
Fuck! Was ist da passiert? Spielabbruch in der Premier League? Dann muss es echt übel gewesen sein.
Marcos Frage bekomme ich kaum mit, als ich aufstehe und die Umkleidekabine verlasse, um einen ruhigen Ort zu suchen. Mein Herz hämmert heftig gegen meinen Brustkorb. Kai ist alles, woran ich denken kann. Er hatte so Angst davor, dass sowas passiert.
Ich halte mir mein Handy ans Ohr und lausche dem Freizeichen. Bitte geh ran Kai, bitte geh ran. Ein leerer Behandlungsraum am Ende des Flurs bietet mir genau die Ruhe, die ich jetzt brauche.
Das Tuten verstummt und ich höre ein Rascheln am anderen Ende der Leitung.
„Kai? Bist du da?", frage ich besorgt. Er räuspert sich und es raschelt erneut.
„Ja, ich... Ich bin da", nuschelt er. Seine Stimme klingt rau und unsagbar müde. Kaum so wie ich es von ihm gewohnt bin, irgendwie fremd. Wobei ich diesen Kai in den letzten Wochen immer häufiger am Telefon hatte.
„Ich habe das von deinem Spiel mitbekommen", erkläre ich meinen Anruf. Er atmet schwer und ich kann seinen traurigen Blick vor meinem inneren Auge sehen.
„Ja, sie haben da seit neustem so einen Spruch für mich und heute... Es war einfach zu viel. Ich konnte nicht mehr." Die Erschöpfung ist ihm deutlich anzuhören und ich denke nicht, dass sie nur vom Spiel kommt. Den Spruch von dem Kai spricht habe ich bis jetzt nur am Rande mitbekommen. Ich muss mir das später unbedingt mal anhören. Von meinem Freund kann ich kaum verlangen die verletzenden Worte für mich zu wiederholen.
„Dann ist es ja gut, dass der Schiedsrichter das Spiel abgebrochen hat." Ein Schnauben ertönt am anderen Ende.
„Mhm nachdem wir mit ihm diskutiert haben. Von allein wäre der da sicher nicht draufgekommen", brummt Kai. Ich wünschte ich wäre jetzt bei ihm.
„Echt jetzt? Was ist das denn für ein Typ?"
Der braunhaarige seufzt schwer auf.
„Keine Ahnung, es gibt da diesen drei Schritte Plan. Erst Durchsage, dann pausieren des Spiels und noch eine Durchsage mit der Drohung zum Abbruch und dann erst wenn sie immer noch nicht aufhören, zieht der Schiedsrichter den Abbruch in Erwägung", erklärt er mir und klingt unendlich genervt. Mit einem Mal fühle ich mich komplett nutzlos. Es gibt einfach nichts, was ich für Kai tun kann. Ich kann ihm nicht helfen, ich kann den Schiedsrichter nicht anbrüllen, dass er Kai verdammt nochmal vor den Beleidigungen in Schutz nehmen soll. Den dummen drei Schritte Plan kann ich auch nicht ändern. Ich kann ihn noch nicht mal in den Arm nehmen.
„Alter wie dämlich ist das denn? Damit sie dich einfach immer das halbe Spiel fertigmachen können, oder wie?", rege ich mich auf.
„Yep, aber egal. Lass nicht darüber reden, du hast gerade ein Spiel gewonnen! Und du hast super gespielt Babe", wechselt er abrupt das Thema. Er will nur wieder nicht, dass ich mir Sorgen mache. Manchmal ist es so frustrierend diese Beziehung übers Telefon führen zu müssen. Ich könnte jetzt ganz anders für ihn da sein und ihn dazubekommen mehr über seine Gefühle zu reden, wenn ich jetzt bei ihm wäre.
„Ja, war ein gutes Spiel. Zeitweise knapp, aber ein wichtiger Sieg."
„Ja dieses Jahr sieht es echt gut aus mit der Meisterschaft. So knapp war's lange nicht", meint Kai und ich nicke, obwohl ich weiß, dass er mich nicht sehen kann.
„Kann ich dich später nochmal anrufen?", frage ich, als die Tür sich öffnet und Edin mich zur Besprechung holen will.
„Klar, ich versuche wach zu bleiben", verspricht er. Stimmt, bis ich hier raus bin, ist es wahrscheinlich ziemlich spät.
„Ach Quatsch dann schlaf lieber, Havy."
„Für dich bleibe ich gern wach!" Manchmal kann er echt ganz schön niedlich sein.
„Schleimer", ziehe ich ihn auf. Er lacht laut auf und ich grinse über beide Ohren.
„Digga du Penner", gluckst er.
Zumindest konnte ich ihn wieder kurz zum Lachen bringen. Mein Herz fühlt sich gleich etwas leichter an.
„Ich rufe dich später an und schaue, ob du noch wach bist, okay?"
„Okay, bis später Jule. Feier den Sieg noch schön und grüß die Jungs von mir", verabschiedet er sich.
„Mach ich, bis später Baby."
DU LIEST GERADE
You broke me first- Bravertz
FanfictionKai und Julian sind Freunde, beste Freunde. Zumindest für alle anderen. Nur die beiden wissen, dass zwischen ihnen noch so viel mehr ist als das. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als er seine Nase in meinen Haaren vergräbt und mich einfach nur f...