76 - Eine halb gebliebene Geschichte

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Weißt du, was einen Menschen am meisten kaputt macht? Nicht die Sachen, die er erlebt hat. Sondern die Sachen, die er erleben könnte, aber nicht erlebt hat.

~demez34



























Sein Herz zerdrückte sich bei jedem Kilometer, den sie hinter sich ließen ein wenig mehr.
Es fühlte sich wie der Tod eines Herzens in einem lebendigen Körper an.
Die Angst und Plagen überschritten ihre Grenzen und ließen einen Mann in einen Wrack verwandeln. Er war kein emotionaler Mensch. Aber sie, konnte jegliche Gefühle in ihm erwecken.
Safiya.

Sie verzauberte ihn schon seit Sekunde eins und seither veränderte sich nichts. Sie wurden nur älter und ihre Wege trennten sich. Doch nur der allmächtige Gott wusste, dass sie nachts in ihren Gebeten ihn erwähnte.
Und nur der Allmächtige wusste genau so, dass er sie in ihren Gebeten erwähnte.
Tarek.


Rasant bog Cihangir in die Kurve, als wäre er ein Rallye-Fahrer. Die Sekunden zählten.
Seine Anwesenheit glich einem Anhaltspunkt, die Tarek Kraft spendete.
Selbst wenn Cihan keinen Plan hatte, gab er kein Offen. Er wirkte nie ahnungslos. Denn er hatte eine mächtige Waffe: die Hoffnung.

Nebenbei führte er Anrufe, berief seine Jungs zu einer Sammlung.
Immerhin tat Cihangir etwas, zumal ihn seine Schuldgefühle einholten. Der unbekannte Anrufer gestern Abend musste Safiya gewesen sein. Vielleicht wäre sie heute in Sicherheit, wenn er den Anruf wahrgenommen hätte.
Reue verbessert nichts.

In einer Halle trafen die Männer aufeinander.
Cihan fragte sie aus, spielte den Detektiven, gab Anweisungen.
„Euch darf nichts aus den Augen entgehen Jungs! Wo wart ihr gestern Nacht, als in Safiyas Haus eingedrungen wurde?", funkelte er die Runde an. Wie sich herausstellte, wurden die Wachposten in Angriff genommen und stürzten bewusstlos zusammen.

Cihans Blick schweifte durch die Menge, als ob die Antwort, die er suchte hier beantwortet werden konnte.
„Abi", erwähnte eine helle Stimme, während sich die Gruppe auflöste. Ein jugendlicher magerer Typ mit Bauchtasche.
Von irgendwo kam er Cihan bekannt vor.

„Wer bist du?", trat er vor.
„Abed"
Der Name verriet die Bekanntheit. Er war ein ehemaliger Drogenkurier der Khabibs. Nachdem er in Eschersheim erwischt wurde, tauschte Cihan einige ernste Worte mit ihm aus, wonach er die schiefe Bahn verließ.

„Was gibt's, Großer?", legte Cihan seine Hand auf seine Schulter.
„Ich habe eine Idee."
Als Abed noch Drogenkurier war, bekam er einmal mit, dass Safiya ein Zweithandy besaß. Sie beauftragte ihn einmal damit Rashid im Auge zu behalten und ihr bescheid zu geben, wenn er aus dem Haus ging.

„Das hier ist die Nummer. Vielleicht finden wir Schwester Safiya.", hielt er sein Display gegen Cihans Gesicht.
Seine Augen erhellten auf einmal.
Wie schön sagt man? Eine Hand wäscht die andere.
„Du bist ein großartiger Mann!", notierte Cihan die Telefonnummer.
„Das kann uns weiterbringen!", keimte eine Hoffnung in Tarek auf.

Ab ging es nach Offenbach.
Cihan war gut vernetzt. Er kannte jemanden, der Safiyas Standort ermitteln konnte.
In einem gewöhnlichen alten Apartment wurde ihnen die Tür geöffnet. Es war dunkel in der Wohnung. Der Mann nickte ihnen einladend zu.

„Das wird bisschen dauern. Es kann teuer werden.", richtete der Hacker aus. Der schlanke Mann setzte sich an den Monitor.
„Das ist jetzt scheiß egal. Sag uns einfach wo sie ist.", raunte Tarek ungeduldig.
Geld war das geringste Problem.

Die Minuten vergingen wie Stunden und zwangen die Jungs auf die Folter. Permanent erwähnte Tarek Safiya in seinen Gebeten.
Das sollte nicht ihr Ende werden.
Es gab noch so viele unausgesprochene Worte. So viele Momente, die erlebt werden sollten.

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