36 - Verbotene Bitte

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Wenn die Sehnsucht die Oberhand nimmt, gerät die Innenwelt ins Schwanken.

~demez34




























Vor genau zwei Monaten, traf ich auf Cihan, als ich davon ausging, dass wir uns nie wieder mehr begegnen würden. Eine Wiedervereinigung schien aussichtslos zu sein, wofür ich auch keinen Gedanken verschwendete. Kapitel Cihangir war in Vergessenheit geraten.
Wut und Enttäuschung wirbelten in mir auf, als er im Café vor mir stand und mir in die Augen blickte.
An dem Tag wurde mir bereits klar, dass weitere Begegnungen folgen würden.

Ich fragte mich, wie wir weiterleben konnten, nachdem sich der Kontakt auflöste. Sieben Jahre lang konnte ich so tun, als ob ich Cihan nie gekannt hätte. Aber von nun an, war er Teil meiner Gedankenwelt. Überall war Cihangir Kaplan.
Diese Wiederkehr würde uns ganz gewiss in eine Schlucht führen. Denn ich konnte nicht mehr gefühllos bleiben.

„Cihan?", stieß ich halblaut aus und brachte ihn zum Umdrehen. Überraschung zeichnete seine Miene aus. In den Sekunden, in denen wir schwiegen, blickten wir einander.
Die Schritte fortsetzend, näherte ich mich meinem Gegenüber. Dabei schlug mein Herz erheblich gegen meine Brust. Als ob es meinen Brustkorb zerschmettern könnte.
Ein Lächeln erhellte Cihans Gesicht, das ziemlich charmant wirkte. Er durfte mich nicht länger von sich überzeugen. Verlegen rieb er sich am Nacken und kam räuspernd zur Ernsthaftigkeit zurück.

„Da bist du ja.", ließ Cihan den Blick über mich schweifen und steckte die Hände in die Taschen ein. „Ja, ehm... Ein bedeutsames Lied hast du gesungen.", vergewisserte ich und blieb stehen. Seine Stimme war mir unter die Haut gegangen. Irgendeinen Punkt in der Ferne fixierte Cihan. Meinen Blicken wich er aus.
Tief schluckte er. Trist und verträumt wirkte er.

„Nicht wahr?", stellte Cihan den Blickkontakt wieder her. Trauer widerspiegelten seine Augen. Er wollte sie nicht zeigen. Aber ich entzifferte jede Mimik meines Kindheitsfreundes. Das Lied müsste für uns geschrieben sein. Strophe für Strophe berührte mich sein Gesang.

Manchmal setzte sich Cihan bewusst die Maske eines Draufgängers auf. Aber sobald er tiefgründige Texte wiedergab, verwischte jegliche Spur von Grobheit.
Ohne einem Filter blickte ich auf Cihans Seele.

„Meine Jungs haben Ensars Spur in Hashims Ranch gefunden. Der Cousin von einem soll der Wachposten von Hashim sein.", unterbrach Cihan die Stille. Ach Ensar! Tag und Nacht habe ich nach dir gesucht. Neben diesem Mann warst du gewesen?„Ich bin losgegangen, habe gemacht, was ich sollte. Du kannst beruhigt sein, denn Ensar wird bei mir bleiben.", fuhr er fort.

Cihan hat nicht nur meinen Bruder befreit, sondern nahm ihn auch unter seinen Schutz. Welcher Mensch würde sich heutzutage für einen anderen einsetzen?
„Das musstest du nicht-"
„Bitte Asel.", hob er die Hand hoch und wollte keinen Widerspruch hören.

„Lass mich ausreden Cihan! Du hast so viel für mich getan. Ich weiß nicht einmal, wie ich mich bei dir bedanken soll!", machte sich die Verschuldung spürbar. Tausende Gefühle wirbelten in mir auf.
„Ob Ensar oder Hakan, beide sind gleich in meinen Augen. Deine Familie ist meine."
Mein Herz schmolz regelrecht vor sich hin. Selbst eine Blutrache konnte Cihans Großzügigkeit nicht verändern.

„Du hast so ein großes Herz Cihan! Meinen Bruder hast du gerettet! Aber sag mir bitte nicht, dass du auch Ensars Schulden abgezahlt hast."
Nun enthielt er sich. Triumphierend lächelte er mir entgegen.
Das konnte nur auf ein ja deuten.

„Ich kann das nicht akzeptieren!"
Wortlos blickten wir einander. „Ich verschulde mich immer mehr bei dir."
„Geld ist nichts, wenn's um Familie geht. Neben einen Kriminellen hat Ensar sowieso nichts verloren. Er darf nicht durchmachen, was ich erlebt habe. Okay Asel? Verstehst du mich jetzt?", änderte sich seine Tonlage und wurde ernster.

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