Kapitel 18

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„Danke." flüsterte ich leise in Nialls Schulter. Er umarmte mich seit bestimmt 10 Minuten & wollte sich nicht lösen sobald ich es nicht tat.
„Du bist mein bester Freund...das ist selbstverständlich." antwortete Niall ebenso leise. Ich löste mich nun endlich von ihm „Nein Ni das ist es nicht." brummte ich & sah auf den Boden. Niall stupste mich grinsend an „Amilia wird ja wohl eine Woche ohne mich auskommen...so blöd ist sie ja auch wieder nicht."
Ich lachte leise. Er & Amilia waren wirklich ein süßes Paar, aber sie behandelten sich gegenseitig meistens wie Kumpels was ziemlich lustig anzusehen war.

Niall ließ sich auf der Couch fallen. „Ich fand eure Couch immer schon so angenehm zum Schlafen." lachte er. Ich grinste schief & setzte mich neben ihn. Gestern hatte ich Niall erzählt was passiert ist. Dieser komische sehr reale Traum & die Vorfälle. Natürlich hat Niall sofort gewusst wie scheiße es mir damit ging. & deswegen hat er sich einfach mal so dafür entschieden bei mir für eine Woche einzuziehen. Er war der Meinung, dass es mir nicht gut tat so viel allein zu sein. & gerade auch wegen meiner Beurlaubung ich keinen richtigen Alltag mehr habe.

Er hat recht.
Ich weiß garnicht mehr für was ich eigentlich leben sollte. Damals tat ich es für ihn. Danach für meinen Job. & jetzt? Ich hatte nichts worauf ich warten konnte - nichts worauf ich mich freuen konnte. Nach einem langen Arbeitstag freute ich mich auf ihn. Nach dem Unfall auf die Arbeit um auf andere Gedanken zu kommen. Ich hatte nichts.

„Harry!" ich schreckte hoch. Niall sah mich besorgt an „Man..." brummte er & klopfte neben sich. Gleich setzte ich mich zu ihm & schnaufte aus.
„Ich vermisse dich echt H." sagte Niall leise. Fragend sah ich ihn an. Er räusperte sich „Ich will dir auf keinen Fall einen Vorwurf machen..." fing er an zu erklären „Aber...du bist nicht mehr du..."
Seine Worte trafen mich direkt ins Herz. Ich wusste es. Ich war nicht mehr ich selbst seit dem Unfall. Nur hatte es noch nie wer ausgesprochen.

„Bitte nimm es nicht böse auf...ich will dir nicht in den Rücken fallen."

Leicht schüttelte ich den Kopf. „Ich weiß das Niall..." murmelte ich & merkte auch schon wie meine Stimme dünner wurde. „Ich weiß nicht wie ich wieder zu mir finden soll ohne ihn..." bedauerte ich & wimmerte leise auf.
Ich drückte meine Handballen gegen meine Augen. Nicht schon wieder weinen!

„Komm her." Niall zog mich erneut in seine Arme. Sobald ich ihn umarmte konnte ich es nicht mehr zurück halten. Ich schluchzte los. „Ich brauchte ihn Niall!" brummte ich. Der dumme alte Spruch ‚Zeit heilt alle Wunden' war verdammter Bullshit! Mit der Zeit wurde es nur immer noch schlimmer. Jeden Tag erinnerte ich mich daran, dass er nicht mehr da war! & jeden Tag wurde erneut ein ganzer Kilo Salz in die Wunde gestreut!

„Es tut mir so leid Harry." flüsterte Niall nun. Seine Stimme war leise & dünner als sonst. Es war komisch - Niall weinte wirklich selten. Ich sah ihn fragend an. Seine Augen glitzerten verdächtig. Leise atmete er zitternd ein „Es ist alles meine Schuld." brummte er & schüttelte wimmernd den Kopf.
Schnell zog ich meine Augenbrauen zusammen & setzte mich mehr auf „Was redest du da für einen Scheiß?!" noch nie hat er das gesagt. Natürlich nicht, warum auch?

Niall sah mich bedauernd an „Ich hab Liam damals zum trinken überredet...nur deswegen musste Louis uns abholen. Das wäre alles nicht passiert hätte-„ ich unterbrach ihn sofort „Niall stopp!" sagte ich & legte meinen Arm um seine Schultern. „Es ist doch nicht deine Schuld, dass..." ich schluchzte „dieser Idiot betrunken fährt!" stellte ich klar.
Niall lief die erste dicke Träne über die Wange während er die Augen schloss & sagte „Louis hätte uns nicht abholen müssen! Er wäre hier geblieben & er würde noch leben, hätte ich Liam nicht zum trinken überredet." leise schluchzte er auf.

Ich wusste ja nicht mit welchen Schuldgefühlen Niall lebte - absolut unberechtigt!

Ich nahm ihn fest in den Arm „Es ist nicht deine Schuld Niall." versicherte ich ihm. Wir hingen uns weinend in den Armen. Es war schön alles rauszulassen. & es war schön dass ich nicht alleine war. Wir halfen uns gegenseitig - & das ganz unbewusst.

„Ich bin froh dass ich dich hab Ni! Genau wie Liam & Zayn - ohne euch würde ich gar nichts mehr auf die Reihe bekommen...danke." flüsterte ich nach einiger Zeit. Niall brummte „Ich hab dich lieb H. & es tut mir leid..." Ich schüttelte schnell den Kopf & löste mich leicht von ihm.
Meine Tränen trockneten in der Zeit in der wir uns einfach nur anschwiegen. Wir gingen beide unseren eigenen Gedanken nach. Es war okay so - wir waren nicht allein.

„Pizza?" - „Oh ja!"
Ich lachte kurz & stand dann auf „Ich hol mal die Karte...dann können wir bestellen." erklärte ich dann schon gleich & verließ das Wohnzimmer. In der Küche hatten wir eine eigene Lade mit Menükarten für verschiedene Lokale hier in Doncaster. Nur wenige hatten eine eigene Webseite.

In der Küche atmete ich einmal tief durch & lächelte als ich Clifford in seinem Körbchen schlafen sah.
Ich öffnete die Schublade die voll mit einigen Menüs der Stadt waren. Leicht musste ich lächeln als mir er fast jeden Tag ein anderes Menü unter die Nase gehalten hat in der Hoffnung, dass wir etwas bestellen. Meistens aber konnte ich ihn abwimmeln & hab ihn zum kochen verdonnert. Er war nie der größte Koch - & eine gute Hilfe war er auch nicht. Aber er war immer da. Abendessen war er immer da! Er saß meistens auf der Küchenzeile, schnappte sich immer mal wieder einzelne Kostprobe, lenkte mich mit Küssen ab & erzählte mir von seinem Tag. Ich liebte diesen Teil des Tages. Wir waren unsere eigene - wenn auch noch so kleine - Familie. & es war perfekt so.

Mir wurde schlagartig wieder bewusst, dass es nicht mehr so ist & auch nie wieder so sein wird! Es ist vorbei...

Ich seufzte & suchte nach dem kleinen Prospekt meiner Lieblingspizzaria in Doncaster. Eigentlich war er immer ganz oben. Wenn ich etwas bestellte, dann von dort. Nur diesmal schien er verrutscht zu sein. Genervt brummte ich auf & suchte durch die einzelnen Menüs.

„Da ist es." murmelte ich zu mir selbst & nahm das Menü heraus - komischerweise lag es ganz unten. Noch komischer war aber, dass direkt darunter ein Zettel war. Fragend zog ich meine Augenbrauen zusammen. Die Schublade hatte ich erst neu ausgeräumt, da sie vor lauter Prospekten nur so überging. Der Zettel wäre mir doch aufgefallen...

Ich legte das Menü ab & griff nach dem Zettel.
Sofort stockte mein Atem. Seine Handschrift. Ich schluckte & begann zu lesen.

Right here, right here
Spinning out, waiting for you
I'm here, right here
Wishing I could be there for you

Spinning out, waiting for ya to pull me in
I can see you're lonely down there
Don't you know that I am right here?

Was?!

Vergiss mein nicht - LS Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt