Kapitel 33

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»Wie meinst du das?«, wollte ich auf Anhieb wissen und ergriff seine Hand, die irgendwie dünner aussah, als sonst. Er sollte wahrscheinlich selbst mal etwas essen. »Ich werde erst essen, wenn du es auch tust«, sprach ich aus diesem Grund trotzig und ohne Aufforderung holte er sich sogar einen Teller aus dem Schrank. »Sie wird auch in hundert Jahren noch wissen, wie ihre Geburt verlaufen ist und sich auch an... erinnern.« Ich schluckte und ein schwerer Kloß bildete sich in meiner Kehle. Schon ich wollte mich nicht daran erinnern und sie hatte erst recht keine Wahl. Selbstverständlich wurde ich traurig, aber Edan legte prompt seine Finger auf meine und zog meinen Stuhl etwas weiter zu sich. Dann küsste er mich sanft auf den Mund.

Sein Geruch flog auf der Stelle in meine Nase und ich beugte mich weiter zu ihm, sodass ich seinen Kuss intensiver erwidern konnte. »Was ist mit ihm passiert?«, fragte ich kurz darauf eindringlich. Es war, als klopfte die Erinnerung auf einmal in meinem Schädel. Waren wir in Sicherheit, oder schaffte es Daniel doch einen von uns um die Ecke zu bringen? Ich hatte wirklich Angst und spielte mit dem Gedanken diesen Ort zu verlassen; denn was nützte es zu bleiben, wenn man seines Lebens nicht sicher war und vor allem einer sein Baby töten wollte.

Sofort bemerkte Edan natürlich, wie sich meine Stimmung änderte. Ich versuchte in Gedanken zu ihm zu gelangen, aber ich schaffte es nicht. Meine Stirn runzelte sich unvermittelt. Komisch. »Versuch es gar nicht erst. Es wird dir nicht gelingen.« Auch wenn wir uns nicht in unseren Köpfen unterhielten, wusste er sofort, was ich meinte. Er kannte mich auch so. »Du hast zu viel Blut von Alexej in deinem Körper. Es wird ein wenig dauern, bis wir wieder dieselbe Verbindung wie vorher haben werden.« Das erschreckte mich irgendwie, aber es war besser so, als zu sterben und das sah Edan nicht anders. »Ich verdanke ihm, dass du noch lebst. Er wird immer in meiner Schuld stehen. Genau wie Eric, der das Baby aus Daniels Armen holte.«

Zitternd erinnerte ich mich wieder an den Vorfall. Eher ungewollt und der Blick von Edan... Kurzerhand sah ich ihm verzweifelt in die Augen. »Lara, ich kann dir nicht sagen, was ich fühle. Nur, dass ich ein weiteres Mal erwacht bin. Ohne dich, hätte ich es nicht verkraftet. Als du da so langst... Und er unsere Tochter... Das kann keiner nachvollziehen. So etwas kann man nicht beschreiben, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Ich wünsche es nicht einmal meinem ärgsten Feind.« Bevor ich etwas darauf jedoch sagen konnte, schüttelte er schon mit dem Kopf. »Und Daniel. Ja. Da ist noch was.« Mein Atem beschleunigte sich und meine Narbe von meinem Unterbauch begann plötzlich zu pochen. Was kam denn noch?

Natürlich schob sich erneut die Panik in mein Innerstes. »Bleib ruhig!«, gab er zurück. »Es geht nur darum...« Edan holte kurz Luft und sprach dann weiter: »Daniel ist immer noch bei Alexej. Er lässt ihn bewachen. Ich kann dir nicht sagen, in was für einen Zustand er genau ist, aber es wird nicht gerade berauschend sein.« Wollte er nun mit mir über dieses Schwein reden? Es war mir egal, wie er sich fühlte. »Das hoffe ich«, murmelte ich und trank mein Glas Milch aus. Bis vor kurzem hatte ich noch einen Bärenhunger, aber nun war es mir erst einmal vergangen. Die Wirklichkeit holte mich schneller ein wie gedacht, doch es war klar, dass wir dieses Gespräch führen mussten. Zumindest waren wir soweit in Sicherheit und er... irgendwo, wo er uns nicht mehr wehtun konnte. Hoffentlich.

»Er quält ihn, das weißt du doch, oder?« und ich nickte. »Das ist gut so. Soll er es auch noch eine Weile tun.« Denn ich empfand keine Reue dafür, dass er Schmerzen erlitt; nicht nachdem er mir das antat. »Er tut dir nicht leid?«, fragte Edan leicht verwirrt und beugte sich nach hinten. Dabei verschränkte er die Arme vor der Brust. Zwar war ich immer eine Person, die nicht wollte, dass jemand sinnlos Leid angetan wurde, aber da war die Sachlage ganz anders. »Nein. Empfinde ich nicht. Er hat uns zu viel angetan. Er und sein bescheuerter Bruder. Er verdient es nicht anders.«

Erst in dem Moment bemerkte ich, dass ich aufgesprungen war und mich an der Lehne des Stuhles festhielt. Es knirschte und dauerte nicht lang und ich hielt Holz in der Hand. »Bleib ruhig. Ich frage dich ja nur.« Edan kam auf der Stelle langsam auf mich zu, nahm mir das Stück aus der Hand und legte es auf den Tisch. Da brauchte Henry wohl einen Neuen. »Du fragst mich doch nicht ohne Grund, oder?«, wollte ich zögerlich wissen. Sein Blick wurde kalt und er schüttelte mit dem Kopf. »Nein. Natürlich nicht.« Selbstverständlich wollte ich sofort den Grund wissen. »Und?«, fragte ich. »Er wird früher oder später sterben.« Innerlich verdrehte ich die Augen. Er musste sterben. Edan brauchte mich nicht wie ein rohes Ei behandeln.

Someday III - Lost in youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt