Ich wurde in der Nacht immer wieder munter, weil meine Brüste so extrem schmerzten und dabei hatte ich kaum ein Auge zugetan. Ich fühlte mich gerädert und extrem müde, aber dennoch nicht so kaputt, dass ich in einen traumlosen Schlaf glitt. Mein Kopf drehte sich und ich schaute etwas nach unten. Edan neben mir atmete ruhig und sah aus, als wäre er in einer glücklichen Welt gefangen. Für diesen Augenblick. Ich hingegen wurde unruhiger und eine nervende Frustration machte sich in mir breit, weil es mir nicht möglich war gänzlich zur Ruhe zu kommen. Deswegen konnte ich mich selbst nicht mehr lange im Bett halten und tapste genervt nach nebenan ins Badezimmer.
Unsere Tochter schlief ebenso friedlich. Ihr kleines Herz pochte stark und fest. Schade, dass ich selbst nicht in diesen Genuss kam. Langsam war ich echt am Verzweifeln. Mein kompletter Körper gehorchte mir nicht mehr; war nicht bloß enorm sensibel, sondern brachte mich schier um den Verstand. Unzufrieden riss ich mir im Anschluss mein Shirt vom Kopf, schnappte mir einen Waschlappen und machte ihn mit kaltem Wasser nass. »Oh mein Gott«, schnaufte ich und tippte ganz leicht mit dem Zeigefinger gegen die Haut meiner rechten Brust. Nicht, dass sie aussahen, als wären sie verdammt prall, fühlten sie sich so schwer an, als ließen sie mich jeden Moment nach vorn kippen. Auch meine Nippel fühlten sich ziemlich gereizt an und schmerzten.
Ich wusste, dass nach einer Schwangerschaft nicht alles gänzlich vorbei war, doch dass sich mein Körper noch einmal so veränderte, hätte ich nicht gedacht. Immerhin war ich kein Mensch mehr. Ich konnte Schmerzen und Qualen anders verkraften. Dennoch, obwohl man mehr aushielt, hieß das nicht, dass es besser war. Ganz im Gegenteil. Somit konnte man noch mehr Leid erfahren. Und das hier war definitiv ziemlich unschön. Automatisch hob ich den feuchten, aber kalten Lappen an, und fächerte diesen auf meinen Oberkörper. Das beruhigte zumindest etwas. Es tat mehr als gut. Trotz dessen kam ich mir vor, als platzte ich jeden Moment. Außerdem war ich ziemlich überreizt. Innerlich.
»Kannst du nicht schlafen?«, erschreckte mich Edan augenblicklich und als ich in den Spiegel sah, stand er hinter mir. Er wirkte nicht einmal verschlafen; als wäre er gemeißelt worden, trotz seiner Haare, die nicht immer an Ort und Stelle perfekt saßen. Sanft strich er meine Haare über die Schulter. Ich wusste, er wollte mich aufmuntern, indem er meine Schultern leicht begann zu massieren, doch ziemlich schnell wurde mir erneut bewusst, dass ich nun ein Baby hatte. »Ich glaub, dass es Zeit wird Nellina zu stillen«, murmelte ich und ohne es eigentlich wissen zu können, spürte ich regelrecht in meinem Herzen, dass sie einen Moment später auch schon genau das verlangte. Außerdem hoffte ich auf Erleichterung. Edan nickte anbei und antwortete: »Das sehe ich.«
Genau das wollte er auch. So viel Normalität wie möglich und dass ich genau das machte, was die meisten Mütter bei Säuglingen taten. Zugleich spürte ich seiner Finger, die meine Hand schnappten und im Anschluss zig er mich ins Kinderzimmer. Mit einem Blick in das Bettchen fiel sofort auf, dass das Baby gar nicht mehr schlief. Sie blickte mich freudestrahlend an, als ich meinen Kopf weiter über das hübsche verzierte Holz schaute. Sofort nahm ich sie natürlich heraus. Ihre Augen ruhten dabei auf mir und am liebsten hätte ich sie fest an mich gedrückt und niemals wieder losgelassen.
Selbstverständlich hatte ich nicht so viel Ahnung von Kindern, auch keinerlei Erfahrungen. Ich wusste auch nicht, ob ein Mensch anders reagierte, als ein Vampir. Doch instinktiv wusste ich genau, was ich zu tun hatte. Da ich mein Shirt zuvor nicht wieder anzog, war sie ziemlich schnell mit dem Gesicht dort, wo sie hin musste. Sie war so verdammt leicht und erneut staunte ich, wie man so wunderschön sein konnte. Ihre kleinen Finger streckte sie nebenbei zu meiner Brust, als wüsste sie genau, was sie haben wollte und als ich sie etwas weiter mit dem Köpfchen nach oben hob, öffnete sie ihren Mund und klammerte sich damit regelrecht an mich fest. Diese Kraft, wie sie unverhofft an mir saugte, ließ mich zusammenzucken.
Erschrocken riss ich die Augen auf und ein kurzes Quieken drang durch meine Lippen hindurch. Nicht nur, dass sie schon in diesem Moment enorme Kraft besaß, sondern ich mich an dieses befremdliche Gefühl erst einmal gewöhnen musste. Natürlich schmerzte es genauso, wie im Badezimmer, als ich mich selbst berührte, aber es wirkte andererseits beruhigend, aber auch erleichternd für mich. Es fühlte sich an, als hätte genau das mein Körper gebraucht. Gerade auch durch den Vorfall mit Daniel, schien es nach alledem das Beste zu sein, wenn alles wieder in geregelten Bahnen verlief und ich Mutter sein konnte. Wenn das so weiter klappte, war ich echt froh darüber.
Zaghaft streichelte ich ihr dabei über die rosa Wangen und wischte ihr ein paar dunkle Strähnen aus der Stirn. Ihre Hände berührten mich ebenfalls, als wolle sie mich beruhigen und meine Lippen formten sich sofort zu einem Grinsen, was es noch breiter werden ließ, als schmatzende Geräusche durch den Raum hallten. Da Edan erst etwas auf Abstand blieb und uns beiden den Moment allein geben wollte, konnte er dennoch nicht wegbleiben und trat etwas weiter ins Zimmer hinein. »Es ist schön das zu sehen. Du glaubst nicht wie froh ich darüber bin«, flüsterte er erleichtert. Seine Schritte waren kaum zu hören, als er weiter zu mir kam. »Vielleicht solltest du dich hinsetzen, dann wird es einfacher für dich.«
Da stimmte ich ihm zu und antwortet: »Das Bett wäre genau richtig« und wir liefen gemeinsam in unser Schlafzimmer. Eigentlich wollte ich sie lieber bei mir wissen. Immerhin war es für mich sicherer, wenn sie nicht allein in ihrem Kinderzimmer blieb. Nellina ließ sich von meinen Bewegungen in ihrem Tun nicht ablenken. Sie saugte weiterhin, auch noch als ich selbst in meinem Bett saß und mich gegen die Kopfstütze lehnte. Edan grinste die ganze Zeit ununterbrochen und seine Augen strahlten so viel Freude aus, dass mir ganz warm ums Herz wurde und auf der Stelle musste ich mir Tränen verdrücken. Irgendwie war ich immer noch ziemlich sentimental.
Erneut streifte ich über die Wange unserer Tochter und es war so wunderbar sie so nahe bei mir zu wissen. Dunkle Strähnen standen ihr vom Kopf ab. Schon zu diesem Zeitpunkt beschloss ich, dass sie langes Haar haben würde. Deswegen kam Abschneiden nicht in Frage. Dasselbe wie Edan. Die hohen Wangenknochen waren ebenso seine. Die Augen wie meine und der Rest von jedem etwas. Perfekt. »Ob sie sich noch verändern wird?«, fragte ich ihn leise. Keine Ahnung ob Edan das wusste, denn dieses Baby war kein Mensch und es war anders als alles andere. Unsere Tochter. »Nein. Sie wird ihr Aussehen behalten. Zumindest die Farbe der Haare, die Augen und die Gesichtszüge. Das ist nicht wie bei einem Menschen. Sie wird nur irgendwann das kindliche verlieren, aber so wie sie im Moment ist, wird sie auch später bleiben.«
Nun zeigte sich erneut, dass ich eigentlich überhaupt nichts wusste. Zumindest wenn es um diese Art ging, die ich nun war. Zwar ein Teil, aber was das betraf, war ich komplett unwissend. »Was ist mit Blut?«, fragte ich neugierig. Was, wenn sie jemanden anderen brauchte? Was, wenn sie nicht das bekam, was nötig war? Immerhin waren wir zwar unsere Eltern, aber waren wir wirklich dazu bestimmt sie zu nähren? Was, wenn es nicht reichte? Panik stieg auf der Stelle in mir auf, was auch sofort Edan bemerkte, der ganz selbstverständlich seine Hand auf meinen Schenkel legte.
»Mache dir keine Gedanken darum. Sie wird am Anfang nur geringe Mengen Blut benötigen und das wird sie von uns bekommen. Allerdings sollte sie, wenn sie ausgewachsen ist und das heißt mit achtzehn Jahren, einen Partner haben, oder wir finden jemanden der sie nährt. Zumindest wäre es das Beste. Allerdings ist das kein Muss. Auch unseres würde reichen«, sprach er mir beruhigend zu. Dennoch war ich nicht blöd. Ich wusste, dass es schwer war nicht nur einem Vampir zu nähren. Es zehrte auf Dauer. »Darüber brauchst du dir aber noch keine Gedanken machen. Es ist ja noch Zeit bis dahin«, versuchte Edan meine Aufregung mit diesen Worten zu verscheuchen. Es stimmte. Wir hatten ja Zeit. Zumindest eine Weile, um jemanden zu suchen, der sich ihr irgendwann annahm, obwohl ich sie bei dem Gedanken sie wegzugeben, gar nicht ertrug. Allerdings kam das irgendwann, doch noch nicht jetzt.
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Someday III - Lost in you
Vampire3. Band (Trilogie) Dieser Teil schließt komplett am 2. Band an; d.h. die anderen müssen vorher gelesen werden. Lara und Edan sind endlich wieder vereint, doch es hat sich viel nach ihrer Entführung verändert. Stephan ist zwar tot, aber doch nicht ve...