18| Herzklopfen

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Es ist passiert, er hat mich geküsst, geküsst, geküsst, geküsst!!!! Wenn ich könnte, würde ich jetzt durch den Salon hopsen. Kindliche Freude möchte aus mir heraus sprudeln, aber sie passt nicht zu einem erwachsenen Mann und wird unterdrückt. Meine Lippen prickeln noch immer von der zarten Berührung.

Verstohlen sehe ich zu Aiden, der telefoniert. Um ihn nicht verklärt anzustarren beginne ich meinen Platz aufzuräumen. Er hat gesagt er mag mich! Ob ich auch so fühle! Oh, ich fühle so viel, so viel, nur scheint die Chance vertan ihm das zu sagen. Aber was würde ich ihm denn sagen wollen?

Ja ich mag ihn, aber das klingt nicht gut genug. Bei Aiden hörte es sich gerade so einfach an, warum will mir nichts Passendes einfallen? Vorhin hätte ich einfach sagen können ich dich auch und jetzt. Wie fange ich nur an? Du bist mir auch wichtig...nein, das hört sich doch blöd an, oder?

„Tut mir leid, dass wir unterbrochen wurden."

Hilfe hat er mich erschreckt! Ich war so in Gedanken, wie lange steht er schon hinter mir?

„Alles gut", versuche ich mit einem Lächeln meine Aufgewühltheit zu überspielen. „Ist etwas passiert? Ich...meine...nein es geht mich nichts an", stammle ich und drehe mich zu ihm.

Aiden zuckt mit den Schultern. „Ein lieber Freund wollte mich nur auf dem Laufenden halten", erklärt er ruhig und kommt noch ein bisschen näher. „Aber es ist spät geworden, ich denke ich sollte dann mal los."

Nein! Der Abend kann doch nicht so enden, aber die Luft ist auch irgendwie raus. Enttäuschung macht sich in mir breit die ich nicht zeigen möchte. Vielleicht ist es gut so. Aus einem Impuls heraus, strecke ich meine Hand nach seinen Haaren aus und richte sanft eine widerspenstige Strähne. Seine grauen Augen fangen meine ein. Ohne zu denken, streiche ich seine Wange entlang und Aiden legt seine Hand auf meine, küsst zärtlich die Innenseite.

„Ich mag nicht, dass du jetzt gehst... mit dir ist alles voller Lächeln", rutscht es mir raus. Und noch bevor ich über meine Worte nachdenken kann, lege ich meine Stirn an seine. Tauche noch ein letztes Mal in seinen Duft, fühle wie sein Daumen meine Hand streichelt und mein Herz wild schlägt, bevor ich wieder etwas Raum zwischen uns bringe. Seine Berührung fehlt in der Sekunde, in der ich sie unterbreche. Kälte zieht an mir und ich unterdrücke den Drang, meine Arme um mich zu schlingen.

„Ist es ok, wenn ich dich noch ein Stück begleite? Elvis muss noch raus...", beschämt über meine Aufdringlichkeit senke ich den Kopf.

„Na klar, dann verlaufe ich mich nicht", kichert Aiden und verscheucht das beklemmende Gefühl. Allein dafür möchte ich ihn drücken. Wie alt muss man werden, um sich nicht wie ein Idiot zu benehmen, wenn man sein Herz verschenkt?

„Schön, dann lass uns hier raus gehen und dann zeig ich dir was." Schnell stelle ich den Radio ab, nehme die Gläser und lösche das Licht. Im Treppenhaus stelle ich mich an die erste Stufe und sehe mit einem Grinsen über meine Schultern zu Aiden. „Jetzt pass mal auf."

Ich klatsche zweimal in die Hände und wenige Sekunden später, hört man das Tippeln meines vierbeinigen Freundes. Elvis streckt seinen Kopf durch das Geländer, um ich zu sehen. Mit einer kleinen Handbewegung zu meinem Hals bellt er vergnügt, verschwindet, kommt wieder mit wedelndem Schwanz und seiner Leine im Maul.

„Wie hat das denn jetzt funktioniert?", fragt Aiden, als ich Elvis ein Leckerli aus meiner Tasche reiche und die Leine befestige.

„Elvis reagiert auf Handzeichen. Ich muss nicht unbedingt etwas sagen", erwidere ich stolz und wir gehen auf die Straße.

„Das ist aber ungewöhnlich, oder?"

„Wie ich dir gesagt habe, war Elvis schwer zu vermitteln und ich eigentlich nicht der Richtige für ihn, weil ich keinerlei Erfahrungen hatte, mit Hunden. In der Hundeschule hat der Trainer schnell erkannt das ich mich stimmlich nicht durchsetzen kann und Elvis wiederum auf laute oder harsch gesprochene Worte empfindlich reagiert", lache ich. „Wir passen besser zusammen als man denkt. Deshalb hat er uns beide auf Handzeichen eingeschworen, wie bei einem Hirtenhund."

Aiden lacht leise neben mir. „Ihr habt euch wirklich gesucht und gefunden...so wie wir." Mir bleibt bei seinen Worten das Herz stehen und er sieht mich verschmitzt von der Seite an. Zärtlich streichen seine Finger an meiner freien Hand entlang, bis sie diese umschließen. Weil ich nicht weiß, was ich sagen soll, drücke ich sie und nicke viel zu heftig. Wir beide kichern, sehen auf den Boden, während wir weiter gehen.

Schweigend grinsend werfen wir uns verstohlene Blicke zu. Glücklich verbunden durch Finger die sich ineinanderschlingen. Mein ganzer Fokus liegt auf diesem Punkt, der meinen Körper kribbelnd wärme schenkt. Wir Menschen sind im Verhältnis zum Universum nur Ameisen, aber es braucht nur die passende Ameise an deiner Seite, die für dich das Universum bedeutet.

Viel zu schnell sind wir an der Haltestelle. „Würdest du mir bitte schreiben, wenn ihr beiden wieder zu Hause seid?", fragt Aiden in die Stille.

„Ja, aber du machst dasselbe ok?"

„Wie rufe ich Elvis zu mir?", fragt er grinsend und deutet auf den Hund der sich schnüffelnd für eine Straßenlaterne interessiert.

„Wenn du seine Aufmerksamkeit haben möchtest, dann musst du einfach mit der Zunge schnalzen."

„Du verarscht mich?"

„Versuche es doch einfach", grinse ich auffordernd.

Aiden schnalzt mit der Zunge und Elvis sieht zu ihm, bevor er schwanzwedelnd auf ihn zu tänzelt. Er geht in die Knie und krault meinen Vierbeiner mit beiden Händen hinter den Ohren. „Tschüss mein Großer, pass mir schön auf Zac auf, bis ich dich ablösen komme, ok?"

Schmunzelnd und mit hoch gezogener Augenbraue sehe ich den beiden zu. „Kraulst du mich zum Abschied auch?", rutschen meine Gedanken auf die Zunge und ich frage mich, wo der Mut herkommt.

Aiden richtet sich mit einem Funkeln in den Augen auf und tritt vor mich. „Ich könnte es ja mal versuchen." Mit beiden Händen nimmt er mein Gesicht und fast glaube ich, er will es wirklich tun, bis er zum zweiten Mal seine Lippen auf meine legt. Dort bleiben sie liegen, warm, weich, wunderschön. Aiden möchte sich zurückziehen, doch ich drücke ihn fest an mich. Schenke uns beiden eine Letzte Umarmung bevor wir uns leise verabschieden.

Den Weg zurück schwebe ich. Rote Wangen leuchten mich zu Hause im Spiegel an. Augen glänzen und vor lauter Übermut tanze ich zusammen mit Elvis durch die Bude. Das heißt ich tanze und Elvis flitzt aufgeregt um mich herum. Seinen eingesabberten Drachen im Maul, weil er denkt wir spielen.

Am Ende liege ich am Boden, ein 50 Kilo Rüde auf mir drauf, glücklich auf mein Handy starrend, weil Aiden mir eine süße „Gute Nacht" wünscht.


Medicine - RomanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt