Clara
„Entschuldigung? Sind sie die Fotografin dieser tollen Werke?" höre ich es rechts von mir und wende dem Fragenden den Kopf zu. „Nein nicht von Allen. Nur von Diesem, aber Danke für das Kompliment. Ich hoffe ihnen gefällt die Ausstellung!?"
Der Mann, den ich neben mir stehen sehe, blickt noch immer meine Fotografie an und kratzt sich nachdenklich am Kopf. „Es ist wirklich eindrucksvoll, wie sie das Licht und die Farben einfangen. Haben sie noch mehr davon?" In letzter Zeit häufen sich solche Kommentare, aber ich bin nie hundertprozentig zufrieden mit dem was ich ablichte. „Ich habe zwar noch ein paar ganz Gute, aber die haben es nicht in die Ausstellung geschafft." Gebe ich leise zu.
„Könnten sie sich vorstellen, sie mir trotzdem zu zeigen?" Nun hatte er sich umgedreht und schaute mich fragend an.
„Ähm... Okay, wenn sie das möchten." Erwidere ich zögerlich. „Darf ich fragen, warum sie meine Arbeiten sehen möchten?" schiebe ich ein wenig kleinlaut hinterher.
„Natürlich! Entschuldigen sie, das war auch etwas unhöflich von mir. Ich bin Ben Knight. Im Grunde suche ich schon seit Längerem nach ein paar guten Fotografien für mein Haus und möchte gern eine einheitliche Linie haben. Ihr Werk hier hat mich sofort inspiriert, da es doch schon sehr aus den Anderen heraussticht. Im Grunde ist es genau das, was ich gesucht habe. Was denken sie, wann sie die Zeit finden, damit ich mir noch weitere Sachen von ihnen anzuschauen kann? Sie sollten wissen, dass ich nur ein paar Tage in der Stadt bin und nur begrenzt Zeit habe."
Es scheint ihm wirklich ernst zu sein. Ich bin ein wenig geplättet, da ich mich nie als besonders talentiert angesehen habe. Das Fotografieren war immer nur ein Hobby von mir und schon allein die Tatsache, dass eines meiner "Werke" in einer Ausstellung hängt ist für mich ein großes Wunder. Vor allem, wenn man bedenkt, dass genau Dieses mit meinem Handy aufgenommen wurde.
„Ich bin Clara Carver, freut mich sie kennenzulernen. Und ich hätte heute nach der Ausstellung noch ein bisschen Zeit, wenn ihnen das auch passt Mr. Knight?"
„Ben ist völlig okay. Ich gehöre zu den Menschen, die ungern mit dem Nachnamen angesprochen werden." „In Ordnung Ben. Dann bin ich Clara!"
Wir verabredeten uns für den Abend in einem kleinen Café ganz in der Nähe der Galerie in der die Ausstellung stattfindet und als ich dort ankomme sitzt Ben schon an einem kleinen Tisch in der hinteren Ecke des Raumes. „Ich dachte wir setzen uns hier hin, damit wir nicht gestört werden." Begrüßt er mich und zieht mich direkt in eine Umarmung. Sehr merkwürdig. Etwas steif erwidere ich sie und bin froh, als ich mich endlich auf meinem Stuhl platznehmen kann.
„Hast du denn keine Mappe dabei?" fragt er mich verwirrt, als er sieht, dass ich nichts als meine kleine Umhängetasche auf den Stuhl neben mich lege. „Nein, weil ich gar keine Mappe habe. Dass mein Bild in dieser Ausstellung gelandet ist, war mehr als Zufall. Die Galeristin hat mein Foto auf Instagram entdeckt und mich gefragt, ob ich es nicht ausstellen möchte. Aus diesem Grund ist nur das Eine dort gelandet und es gibt auch keine Mappe." Gebe ich zu und schau ihm entschuldigend entgegen.
Nicht einknicken, Clara.
„Aber ich habe mein Handy hier und da sind ja alle meine Fotografien drauf. Ich hoffe einfach, dass dir das ausreicht!"
„Okay, dann arbeiten wir mit dem was wir haben. Ist ja eigentlich auch 'ne echt coole Geschichte, wenn man so entdeckt wird oder? Wie hoch ist schon die Chance, dass jemand dich unter Millionen auf diesem Weg findet und dir dann noch so eine tolle Chance bietet.
Also lass mal sehen!"
Er schnappt sich sein Handy und schaut fragen zu mir. Verwirrt sehe ich ihn an. „Na, ich sollte deinen Instagram-Namen dann schon wissen." Sagt er und grinst mich an.
Ich entsperre mein Smartphone und öffne die Gallery, um ihm dort meinen Ordner mit den Fotos zu präsentieren. „Schau doch erst einmal hier rein... da sind deutlich mehr Fotos drin und vor allem Welche, die sonst noch kaum jemand zu Gesicht bekommen hat."
Er nimmt es mir aus der Hand und scrollt langsam abwärts. Immer wieder nickt er anerkennend in meine Richtung und ein Lächeln huscht über sein Gesicht.
Eine Weile sitzen wir meistens schweigend am Tisch. Nur ab und zu fragt er wo die Aufnahmen entstanden sind.
„Wie lange machst du das denn schon?"
„Meine erste Kamera habe ich schon als Kind von meiner Mutter geschenkt bekommen. Das war noch eine mit Film und sie war blau... Ich habe sie gehütet wie meinen Augapfel. Später kamen dann eine Digitalkamera und dann eine gebrauchte Bridge von Canon von meinem Opa dazu. Mit der hat eigentlich alles erst so richtig angefangen. Vor ein paar Jahren habe ich mir dann eine Systemkamera von Olymp geholt und die hat mich 'ne ganze Weile überallhin begleitet. In letzter Zeit sind die meisten Fotos aber eher über mein Handy entstanden, weil ich das einfach immer griffbereit habe." Erzähle ich ihm mit einem breiten Lächeln, das gegen Ende ein wenig abflacht.
„Ich habe es schon immer bewundert, wenn Menschen eine Passion haben und du scheinst deine schon vor langer Zeit gefunden zu haben. Warum hast du sie denn nie zu deinem Beruf gemacht?"
„Ich habe es immer nur als Hobby gesehen und meine größte Leidenschaft ist und bleibt einfach mein eigentlicher Beruf." Versuche ich mich zu erklären.
„Dann sollten wir das schnellstens ändern!" zwinkert er mir zu. „Ich habe mich für vier Fotos entscheide, die ich wirklich gerne für mein Haus Los Angeles hätte. Meinst du, dass du sie mir dort hin liefern könntest? Das Format sollte aber mindestens DIN A0 haben, wenn das machbar ist. Selbstverständlich übernehme ich alle Kosten. Du musst dich nur um die Verpackung kümmern und den kompletten Versand überwachen. Wie lange brauchst du denn, um das alles in die Wege zu leiten?"
Die Verwirrung steht mit ins Gesicht geschrieben. Was meint er damit, dass ich den kompletten Versand überwachen soll? „Ähm... Ben, wie soll ich das verstehen? ICH soll dir die Pakete PERSÖHNLICH liefern?" frage ich noch einmal nach, um mich zu vergewissern.
„Wenn das für dich kein Problem darstellt wäre das mein Wunsch. So kann ich davon ausgehen, dass sie auch heil bei mir ankommen werden! Darf ich mich bis dahin doch noch ein bisschen auf deinem Instagram-Profil umschauen?"
Diese Mal konnte ich ihm seinen Wunsch ja schlecht abschlagen.
Ich greife nach seinem Handy, das er schon entsperrt hat und tippe auf den Icon von Instagram, dort gebe ich in die Suchleiste meinen Namen ein und reiche es ihm wieder über den Tisch zurück. „Danke, vielleicht finde ich ja noch das ein oder andere Bild, das mich anspricht. Ist es okay, wenn ich dir die Flüge und so weiter schon buche?"
Dieser Mann ist ganz schön fix mit seiner Planung, aber ich habe das Gefühl, dass ihm eher selten Gegenwind entgegen bläst.
„Zuerst sollte ich das noch mit meiner Arbeitsstelle klären, aber ich gebe dir sofort Bescheid, wenn ich weiß wie schnell ich liefern kann." „In Ordnung, aber schau, dass du es irgendwie in den nächsten drei Wochen hinbekommst, weil ich danach nicht mehr vor Ort sein werde." Ben erhebt sich und reicht mir zum Abschied die Hand. „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit." Kommt es noch von ihm bevor er sich umdreht und das Café verlässt.
Was meint er mit Zusammenarbeit? Ich dachte er möchte nur die Fotografien kaufen...
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She
RomanceSo lange war es nur ein Hobby und plötzlich bekommt Clara den Auftrag ein paar ihrer Fotografien persöhnlich nach Los Angeles zu liefern. Dass ihr Auftraggeber ein bekannter Musikmanager ist wird ihr erst klar, als sie versehentlich in eine Party pl...